Zum Begriff Demokratie

Volkskorrespondenz zum Wochenede
Heinz Ahlreip – 13. Januar 2024

Heinz Ahlreip

Gegen die bürgerliche Herrschaft sind schon 1871 in der Pariser Kommune Räte aufgestanden. Dann 1905 in der russischen Revolution, der historische Durchbruch gelang ihnen in der Oktoberrevolution, also erst im zweiten Demokratieschub der neueren Zeit. Zwei Demokratieschübe sind zu verzeichnen: In der bürgerlichen Revolution gegen den Feudalismus lag der Schwerpunkt in parlamentarischen Ausgestaltungen der bürgerlichen Demokratie, die gewählten Abgeordneten konnten frei die Interessen des Kapitals durchsetzen, ohne den Wählern rechenschaftspflichtig zu sein, es war eine falsche Demokratie, die wirkliche Regierungsarbeit wurde hinter den Kulissen in den Stäben verrichtet. Der zweite große Demokratieschub ergab sich aus dem Kampf des Sozialismus gegen den Kapitalismus und in diesem lag der Schwerpunkt auf den Räten als Vertretern der Massen qualitativ ein Sprung nach vorne, denn die mit allgemeinem Stimmrecht, auch dem der Frauen, das sich aus der Französischen Revolution noch nicht ergeben hatte, bezirksmäßig gewählten Räte waren jederzeit rechenschaftspflichtig und absetzbar. Ihre Mehrheit bestand selbstredend aus Arbeitern; Bauern und Soldaten oder anerkannten Vertretern der Arbeiter, Bauern und Soldaten. Im Verlauf der Oktoberrevolution stellte sich nun heraus, dass der Renegat Kautsky die bürgerliche Demokratie argumentativ gegen die proletarische kehren wollte. Durch das Parlament werden die Arbeiter aber zertreten, sie können sich nur befreien durch ihre Räte. Es ist von allerhöchster politischer Wichtigkeit, dass Lenin die Räte als Keimformen des Absterbens jedes Staates bezeichnete. Das Hinwirken auf eine Rätedemokratie, die die Herrschaft der Produzenten über die Industriefabrik und den Ackerbau zur Voraussetzung hat, liegt uns natürlich gefühlsmäßig näher, und die zur Bedingung hat die Ersetzung des stehenden Heeres und der Polizei durch die allgemeine Volksbewaffnung. So lautete dann auch das erste Dekret der Pariser Commune. Das muss in den Köpfen revolutionärer Arbeiterinnen und Arbeiter sitzen: ERSETZUNG DES STEHENDEN HEERES UND DER POLZEI DURCH DIE ALLGEMEINE VOLKSBEWAFFNUNG. Aber dabei können wir nicht stehen bleiben oder gar das Hinwirken auf eine Rätedemokratie als ein Vermächtnis der Klassiker ausgeben. Marx, Engels, Lenin und Stalin waren Kommunisten, keine Demokraten, denn: Demokratie ist eine der Formen des Staates, Staat bedeutet aber Sklaverei. “Demokratie ist nicht identisch mit der Unterordnung der Minderheit unter die Mehrheit. Demokratie ist ein die Unterordnung der Minderheit unter die Mehrheit anerkennender Staat, d. h. eine Organisation zur systematischen Gewaltanwendung einer Klasse gegen die andere, eines Teils der Bevölkerung gegen den anderen“. (Lenin, Staat und Revolution, Werke, Band 25, Dietz Verlag, Berlin, 1960, Seite 469). Wenn der Kommunismus unvereinbar ist mit jeder Demokratie, so gehört Demokratie zu den Fetischbegriffen der Entfremdung. Unbewusst wird es reichlich ausgenutzt, im politischen Getriebe unserer Zeit muss man Demokrat sein, jeder Reaktionär, jeder Nationalist, jeder Spießer muss sich heute akzeptabel als Demokrat ausgeben. So ist Demokratie zu einem der großen Täuschungswörter unserer Zeit geworden, im Imperialismus sowieso mit seiner Tendenz zur politischen Reaktion. Die Demokratie hat historisch ihre Zeit mit durchaus progressivem Gehalt gehabt, wer sich heute aber als Demokrat ausgibt, ohne zu bedenken, dass die Demokratie nur ein Moment der Geschichte sein kann, ist reaktionär. SPD, CDU, FDP … auf Parteien dieser Art trifft das zu.

Erstveröffentlichung »Der Weg zur Partei« 13. Januar 2024. Eine Weiterveröffentlichung des Textes ist gemäß einer Creative Commons 4.0 International Lizenz ausdrücklich erwünscht. (Unter gleichen Bedingungen: unkommerziell, Nennung der verlinkten Quelle (»Der Weg zur Partei«) mit Erscheinungsdatum).
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Über den Autor:

Heinz Ahlreip, geb. am 28. Februar 1952 in Hildesheim. Von 1975 bis 1983 Studium in den Fächern Philosophie und Politik an der Leibniz Universität Hannover, Magisterabschluss mit der Arbeit »Die Dialektik der absoluten Freiheit in Hegels Phänomenologie des Geistes«. Forschungschwerpunkte: Französische Aufklärung, Jakobinismus, Französische Revolution, die politische Philosophie Kants und Hegels, Befreiungskriege gegen Napoleon, Marxismus-Leninismus, Oktoberrevolution, die Kontroverse Stalin – Trotzki über den Aufbau des Sozialismus in der UdSSR, die Epoche Stalins, insbesondere Stachanowbewegung und Moskauer Prozesse. Ahlreip arbeitete als Lagerarbeiter u. a. bei Continental in Hannover und bis zum Rentenbeginn als Gärtner für Museumsstätten und Friedhöfe.

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