»Gendern« bis zum Umfallen und kein Schritt weiter«

Erklärung der Redaktion – 9. Juni 2022

Begonnen hat alles in den 1960er-Jahren mit dem Schrägstrich: Feministen verwendeten ihn, um Frauen in der Sprache besonders sichtbar zu machen. Aus den Lehrern wurden nun Lehrer/innen. Das generische Maskulinum war der frühen kleinbürgerlichen Frauenbewegung ein Dorn im Auge. Die Frau sollte mehr als ein Anhang sein.

Später, in den 1970er-Jahren boomte die Feministische Linguistik und das sog. „Konzept der geschlechtergerechten Sprache“. Es folgten verschiedene Richtlinien von diversen Ämtern und Institutionen. Sogar die UNO beschäftigte sich mit diesem Thema. Die geschlechtergerechte Sprache war und ist auch heute überwiegend in universitären Kreisen beliebt und auch linksorientierte Schreiber benutzen sie mit Vorliebe, um nicht in Verdacht zu geraten Frauenargumente denen der Männer vorzuziehen.

Das Gendern entwickelte sich weiter und ist heute auch in der Werbung und bei Stellenausschreibungen sehr beliebt, um eine angeblich positive Betrachtungsweise der Geschlechterrollen vorzugaukeln. Von der „MieterIn“, über die „Chef*in“, „Verkäufer:in“ bis hin zu den (schwäbischen?) „Kolleg/innen“: das Genderunwesen hat viele Gesichter – und stößt nicht nur unter Marxisten-Leninisten mit ihrer dialektischen Denkweise auf Widerstand. Hinzu sind die vielfältigen Formen der Abkürzungen zum »Gendern« eine Verballhornung der deutschen Sprache und verkomplizieren viele Sätze bis hin zur Unverständlichkeit.

Das in Mode gekommene »Gendern« mit seiner Sexualisierung der Sprache widerspricht der marxistischen Erkenntnistheorie, in der immer das Sein das Bewusstsein prägt und nicht das Geschlecht. Ich kann 1000mal „Bauarbeiter*innen“ hören – doch in den Köpfen sehe ich fast 100 % Bauarbeiter und umgekehrt kann ich 1000mal Apotheker hören – in meinem Kopf sehe ich 80% Frauen.

Das heißt, dass die Sprache einen sehr geringen Einfluss auf das Denken hat, sondern die materialistische Zusammensetzung der Gesellschaft bestimmend ist. In der traditionellen deutschen Sprache steht nicht das Geschlecht im Vordergrund, sondern der Mensch. Bürger, Einwohner das sind Menschen, die beim Einwohneramt gemeldet sind – mit einem leichten Frauenüberschuss wegen der längeren Lebenserwartung der Frauen. Fußgänger sind alle Menschen, die zu Fuß gehen, also 50 % Männer und 50 % Frauen.

Wir Marxisten-Leninisten kämpfen für die Befreiung der Menschheit gegen die Klassenherrschaft. Wir sind gegen Patriarchat und Matriarchat und gegen alle Spaltungsmanöver der Herrschenden, mögen sie auch, wie in diesem Fall unter progressiver Maske daherkommen.

In der traditionellen deutschen Sprache steht nicht das Geschlecht im Vordergrund, sondern der Mensch. Wir betrachten das »Gendern« als Ausdruck der Klassenohnmacht kleinbürgerlicher Schichten, elementare Veränderungen an der kapitalistischen- Wirtschaft und -Gesellschaftsordnung vornehmen zu können. Der Widerspruch existiert nicht zwischen Frau und Mann, sondern zwischen Lohnarbeit und Kapital. Das sog. »Gendern« fördert die Spaltung von Mann und Frau. Nicht der Mann ist der Feind der Frau, sondern die Bourgeoisie ist der Feind aller werktätigen Männer und Frauen!

Die Frage der Gleichstellung der Frau ist weder eine Geschlechterfrage noch eine Frage der Sprache, sondern eine Klassenfrage. Eine Gleichstellung kann es im Kapitalismus, dessen Staat leugnet, dass er ein Klassenstaat ist, nicht geben. Erst im Sozialismus, dessen Staat sich ganz entschieden als Klassenstaat gegen die alten Ausbeuter versteht, kann es die völlige Gleichheit zwischen Mann und Frau geben, ökonomisch und politisch.

Deshalb »Gendern« wir in unseren Texten nicht. Bei Gastbeiträgen und Volkskorrespondenzen verändern wir an der Schreibweise des Autors nichts. Eine Bevormundung in dieser Sache würde von der Hauptaussage der Schrift ablenken und den solidarischen Charakter schwächen.
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Rdaktionen »Roter Morgen« und »Der Weg zur Partei«.

Im Juni 2022

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6 Kommentare

  1. Sehr gut geschrieben. Ich sehe das Gendern ja auch eher als einen Versuch der Verbesserung des bestehenden Systems, des kapitalistischen Systems. Die Grünen gehen diesen Weg und denen passt das Gendern auch gut in den Kram. Zum Teil finde ich die Theorie dazu sogar regressiv. In den 70er Jahren entdeckte man im öffentlichen Bewusstsein, dass Frauen und Männer beide einen feministischen und einen maskulinen Teil haben, und beide Teile in Individuen unterschiedlich stark ausgeprägt und entwickelt sind. Die Konzepte der Cisfrauen und Cismänner nimmt dieses Konzept garnicht mehr wahr und negiert das schon wieder. Cis bedeutet diesseits des Spektrums und Trans jenseits des Spektrums. Im praktischen Diskurs wird Cis aber mit dem einem Ende des Spektrums gleichgesetzt, also klassischen Rollenbildern.

  2. Guter Artikel, Gendern ist doch nur eine Ablenkung vom eigentlichem Problem – spalte und herrsche. (Auf die Spitze getrieben wäre “der Mensch – die Mensch*in“ sogar eine neue Spaltung.) Männer und Frauen brauchen gleichen Lohn und kein ‚* / oder en‘ Anhang an eine Berufsbezeichnung. Mit solidarischen Grüßen Werner

  3. Ich gender nicht. Auch im OnlineMagazin DerRevolutionär wird nicht geändert (mit Ausnahme von Gastartikeln). Da haben sich einige kleinbürgerliche Intellektuelle etwas einfallen lassen, weil sie mit ihrer Zeit nichts besseres anfangen konnten. An der Emanzipation für Frauen hat sich gar nicht geändert, das ist auch mit der Änderung von Worten alleine nicht möglich. Meine Vorredner haben das schon richtig mit der Klassenfrage in Verbindung gestellt. Das Ganze ist ein Schauspiel zur Ablenkung, und die Pseudolinken springen willig auf. Im Übrigen habe ich noch nirgendwo erlebt, dass Arbeiter im Umgang mit anderen Gesprächspartnern, gendern.

    Heinrich

  4. Die imperialistische Identitätspolitik, das Übertragen der Marktgesetze (vor allem der unbegrenzten Konkurrenz) diente vor allem der Spaltung der Gesellschaft, in jung und alt, Frau und Mann – in beliebige, „frei bestimmbare“ Gruppe, wie es die Oligarchen gerade benötigen. So wurde auch Rassismus zu jeder Zeit nach belieben umdefinert und von jedem Klassenzusammenhang „befreit“. Dann ist es ein leichtes, Streits innerhalb der Klasse um Arbeitsplätze oder Wohnungen, als Rassismus zu taggen.

    Gendern kam nicht zufällig, wie eine x-beliebiges „bürgerliche Idee“ dahergeflogen, sondern entsprang der zugrunde liegenden Ökonomie der neoliberalen Ideologen, die nicht nur die Klassenfrage aus dem Fokus bringen wollten, sondern auch die des Staates, der Nation, der Gesellschaft und des Humanismus selbst. Der Neo-Liberalimus war nicht nur eine Reihe ökonomischer Maßnahmen, sondern auch ideologischer Ansichten, die mit der ursprünglichen Mont Pèlerin Society 1947, nach dem Scheitern ihres WK2 gegen die UdSSR, entwicklet wurden, sich aber erst in der Zeit der Krise (~1970) durchzusetzen begann, die Zeit also, zu den „Parasitismus und Fäulnis“ (Lenin) wieder zum mehr bestimmenden Moment wurden.

    Besonders hervorgetan zur Fälschungen zu Ansichten der Gesellschaft und des Individuums eineseits und der der Wissenschaften andererseits hatte sich in dem Lager der Kolonialist Karl Popper.

    Eine der Vorsprecher des neo-liberalen Lagers sagte deshalb über „unsere Zukunft“, sie sei „bunt, jung, weiblich und europäisch“. Deutlicher kann man die tatsächlich gezüchteten Spaltungslinien kaum benannt finden.

    Doch die imperialistische Agenda dahinter verschwindet im Beitrag des Roten Morgens, wie bei allen Fälschern zur Imperialismustheorie. Hinzu kommt nämlich, das diese Spaltung tatsächlich auch zur Zerstörung der Gesellschaft als solcher dient und nicht nur zur Klassenfrage, denn die Ökonomie (die Tatsache von „Parasitismus und Fäulnis“) die der gigantisch erhöhten Produktivität gegenübersteht, macht Milliarden von Arbeitsplätzen überflüssig. Nicht zufällig hat der WEF einen Schwenk von „4.Industrielle Revolution“ auf „Great Reset“ gemacht, sondern weil die Frage der „überflüssigen Menschen“ aus dem Fokus gerückt wird.

    Die von ihnen seit 1970 unterwanderte Wissenschaft, die beim erwzungenen Rückzug des Staates, die „private Investion für privates Ergebnis“ wurde und spätestens mit der Agenda2010 zu reliösen Elfenbeintürmen entwickelt wurde, hat eben nicht zu wissenschaftlichen Ergebnis geführt sondern zu Fälschungen, die Wissenschaft wurde zur Waffe in der Standortkonkurrenz und der gesellschaftlichen Auseinandersetzung. Die nun heiligen Predigten aus den gemachten(!) „Elfenbeintürmen der einzigen Wahrheit“ für Todesspritzen und die Fälschung des Konzepts der Natur, des „Geschlechts“ gehen einher mit der Klima-Behauptung (eines der großen Anliegen der NATO, ihres militärischen Armes) mit den „grünen“ Ideologien des Mathus’ianismus und der Eugenik.

    Wie man sieht, findet man die Verflachung des Marxismus auch beim Roten Morgen, spätestens wenn man sich auch daran erinnert, das der „Leninismus der Marxismus der ‚Epoche der Herrschaft des Finanzkapitals‘ ist“ ist. Wie bei „Frankfurter Schülern“ ist Kapitalismus gleich Kapitalismus, alle sind gleich (und böse dazu). Der Unterschied zwischen Kapitalimus zum Imperialismus wird so aufgelöst.

    Revisionismus und verkürzte Kapitalismuskritik – die Stützen der Herrschaft des Imperialismus.
    „Der Leninismus ist der Marxismus in der Epoche des Imperialismus und der proletarischen Revolution.
    Genauer: der Leninismus ist die Theorie und Taktik der proletarischen Revolution im allgemeinen, die Theorie und Taktik der Diktatur des Proletariats im besonderen.“

    J. W. Stalin: Zu den Fragen des Leninismus
    (Kapitel 1, Die Definition des Leninismus)

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