Von Wismar bis Bremerhaven: 2.200 Schiffsbauer/innen auf die Straße gesetzt!


Redaktion Betrieb+Gewerkschaft – 12. Januar 2022

Auf Grund gelaufen sind die Eigner der Unternehmensgruppe »MV-Werften«, die zum Unternehmen Genting Hongkong gehört. Deren Insolvenz könnte uns schnuppe sein, wenn nicht 2.200 Kollegen/-innen und ihre Familien der MV-Werften an der Ostsee und bei Lloyd, in Bremerhaven, davon betroffen sein würden.
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Meisterleistung der Wismaer Kollegen/innen: Nur zu drei Vierteln fertig: Das Kreuzfahrtschiff Global 1. Bild: Sven Jochimsen

Die Geschäftsführung beantragte Insolvenz,  nachdem  Finanzierungsge-
spräche mit Bund und Land wiederholt, ergebnislos verlaufen sind. Wie hoch die Außenstände bei den Zulieferern der MV-Werften sind, kann Jörg Mutschler noch nicht beziffern. Er ist der Geschäftsführer der »Arbeitsgruppe der maritimen Zulieferindustrie im Maschinenbauverband VDMA«. „Eigent-
lich haben unsere Mitgliedsfirmen darauf geachtet, keine großen Außenstände zu halten. Schließlich habe die Industrie bereits länger die Probleme der Schiffsbaubetriebe an der Ostsee kommen gesehen.“ Aber nun ist es offenbar zu spät. Die MV-Werften mit 1.900 Jobs und die Bremerhavener Lloyd-Werft mit 300 Jobs, haben Insolvenz angemeldet. Der Grund: Der Eigentümer, der Hongkonger Mischkonzern Genting, steckt in Schwierigkeiten. Gentings Kreuzfahrtsparte war wegen Corona in eine Schieflage geraten.

Der weltweite Markt für Kreuzfahrtschiffe wird von der Meyer Werft im niedersächsischen Papenburg, Fincantieri in Italien und der französischen Chantiers de l’Atlantique beherrscht. Von Anfang an heikel war auch, dass Eigentümer Genting nicht nur Erbauer, sondern auch Abnehmer der klimatechnischen Alptraumschiffe sein sollte. Mit der Lieferung der 183 Meter langen Megayacht „Crystal Endeavour“ wurde dann unter Beweis gestellt, dass die Werften die Fertigkeiten dafür hatten.
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Kollegen/-innen werden auf die Straße gesetzt!

Bereits am vergangenen Freitag hatte die Geschäftsführung angekündigt, die Gehälter für Dezember nicht auszahlen zu können. Gründe seien nicht genannt worden, erklärte Stefan Schad, Geschäftsführer der IG Metall (IGM) Rostock-Schwerin. »Ich fühle mich im Stich gelassen vom Bund«, kommentierte ein Beschäftigter der MV-Werften am Montag gegenüber »jungeWelt» die vorangegangenen Gespräche von Bund, Land und Werfteigentümern. Denn von Genting wurden höhere Sicherheiten gefordert, als das Unternehmen liefern konnte: Die Finanzierung des Kreuzfahrtschiffs »Global 1« mit Geldern des Wirtschaftsstabilisierungsfonds war daher seit Erreichen des letzten Bauzwischenstands blockiert. Die maritime Koordinatorin der Bundesregierung, Claudia Müller (Bündnis 90/Die Grünen) hatte das Angebot zur Unterstützung der MV-Werften laut NDR am Sonntagabend unterstrichen, vorausgesetzt, dass Genting Hongkong »einen angemessenen Eigenbeitrag« leiste – für die Kollegen/-innen bedeutet das weitere Ungewissheit und Existenzangst.
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Mutti Merkel in Stralsund

21. August 2018: Merkel hält Beschichtigungsreden bei der MV Werften (früher Volkswerft Stralsund), in Stralsund. Bild: YouTube

Zur Kiellegung im August 2018 reisten Exbundeskanzlerin Angela Merkel und Meck-Poms Ministerpräsidentin Manuela Schwesig nach Stralsund und machten gute Laune zum bösen Spiel. Doch davon können sich die Kollegen/innen nichts kaufen. Es folgte im Juni 2021 ein Geschenk von 300 Millionen Euro des Wirtschaftsstabilisierungsfonds an die Hongkonger Bosse. Doch damit konnten nur deren Profite gesichert werden und nicht die Arbeitsplätze. Nun wollten die Schmarotzer noch einmal 600 Millionen Euro als weiteres „Hilfspaket“ von Bund und Länder, doch die drehten den Hahn zu.

Mit der erneut geforderten Staatsknete sollte das weltgrößte Kreuzfahrtschiff „Global 1“ fertiggestellt werden. Doch Genting konnte nicht mal einen Eigenbeitrag von 60 Millionen Euro leisten und lief auf Grund.
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»Corona“ ist Schuld!

Wieder einmal ist nicht die grenzenlose Profitgier und das kapitalistische System Schuld, sondern der derzeitige Sündenbock namens Corona. Der Handel mit Genting-Aktien an der Börse in Hongkong ist seit Freitag ausgesetzt. Die Haltung der Verantwortlichen bei Bund und Land hält VSM-Geschäftsführer Reinhard Lüken für „nachvollziehbar“. Na fein – eine kluge Erkenntnis …

Wichtigste Aufgabe in Mecklenburg-Vorpommern sei es nun, für die Beschäftigten möglichst schnell die ausstehenden Löhne für Dezember zu organisieren, sagt IG Metall-Bezirksleiter Daniel Friedrich. Auch in der Insolvenz müsse es wohl möglich sein, die „Global 1“ auf der Werft in Wismar fertigzustellen, hofft Friedrich.
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Neue Konzepte …

„Jetzt die Chancen nutzen“, will der Schiffbauverband VSM. Dazu bedarf es seiner Meinung nach, neue Konzepte. Fast die gesamte weltweite Handelsflotte mit rund 100.000 Seeschiffen fährt heute mit Schweröl. „Die Flotte auf Klimaneutralität umzustellen, wird eine gewaltige Aufgabe“, sagt VSM-Chef Lüken. Dazu komme der geplante Ausbau der Offshore-Windenergie. Außerdem entstehen neue Märkte für den Import erneuerbarer Kraftstoffe sowie „Carbon Caputure und Storrage“, um CO²-Emissionen einzufangen.

Neue Konzepte brauchen wir, die Arbeiterklasse! Warum verwalten wir unsere Betriebe nicht selber und jagen die profitgierigen Bosse zum Teufel? Sie brauchen uns – aber wir brauchen sie nicht!

Erich Weinert schieb im »Lied von der Rationalisierung«:

(…)
Kollegen, das ist euer tägliches Los,
Es fragt sich, wie lange ihr mitmacht.
Das Gesindel braucht euch so lange bloß,
So lange ihr ihm den Profit macht.

Ihr habt ihnen doch die Maschinen gebaut,
Womit sie Millionen verdienen.
Dafür habt ihr trockenes Brot gekaut –
Sie gehören euch, die Maschinen!
(…)
Dann fliegen die Fettsäcke auf die Straße,
Genossen, dann kehren wir um den Spieß.
Dann wird gemessen mit gleichem Maße.
Heute warst du’s, und morgen sind die’s.

Dann heißt’s: „Meine Herren, jetzt bestimmen wir!
Mit der Ausbeuterei ist für immer aus.
Und nun machen Sie, dass Sie rauskommen hier –
Raus!“

(ANHÖREN)

RoterMorgen steht hinter den Kollegen/-innen der Werften und bleibt am Ball.

 

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1 Kommentar

  1. Werftenkrise ?
    Um was geht es? Es geht nicht um die Arbeitsplätze der Kollegen. Es geht um die Profite und Einlagen der Bosse. Nur deshalb soll der Superkreuzliner fertiggebaut werden. Wieder ein Grund mehr die Werften wieder in Volkseigentum zu überführen.

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