Volksarmist und rote Landmiliz

Heinz Ahlreip – 8. Februar 2022

Heinz Ahlreip
In dem neuesten Revolutionären Weg Nr. 37 der MLPD, datiert vom Januar 2022, geht die MLPD auf den Seiten 187 und 188 unter der Kapitelüberschrift ‘Ablehnung der strategischen Etappen im Klassenkampf‘ kontrovers auf die Gruppe ‘Kommunistischer Aufbau‘ ein, die seit 2014 im Kölner Raum operiert. Den Anspruch der Kölner, eine illegale bolschewistische Kaderpartei aufzubauen, bezeichnet der RW polemisch als ‘grandios‘. Der Aufbau einer illegalen Partei wäre allerdings eine grandiose Sache, wenn er Banküberfälle zur Finanzierung der proletarischen Revolution einschließe, so wie Stalin 1907 in Tiflis auf Anweisung Lenins die Zentralbank überfiel und bis auf den letzten Heller ausraubte. Die MLPD wurde am 20. Juli 1982 in Bochum gegründet, hetzt aber seit 40 Jahren ihre Soldatinnen und Soldaten mit dem Klingelbeutel auf die Ärmsten der Armen los. Das ist gewiss kontrovers. Und gewissenlos.
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Aus dem auszugsweisen Schriftgut, das der Gruppe ‘Kommunistischer Aufbau‘ (RW) von den Kölnern abdruckt, geht hervor, dass sie die revolutionäre bolschewistische Lage in der BRD als einfach und klar bestimmen. Das Gegenteil ist der Fall. Lenin wies wiederholt darauf hin, dass es in Russland verglichen mit den westlichen Industrieländern leicht gewesen war, die Revolution einzuleiten, aber schwieriger als im Westen, sie zu Ende zu führen. In der BRD ist es also umgekehrt, es ist sehr schwierig, dieses Land im proletarisch-bäuerlichen Sinn zu revolutionieren, wird dann aber umso schneller in der Lag sein, den Sozialismus aufzubauen. Nach der derzeitigen Lage der Dinge werden wir wahrscheinlich um eine Neue Ökonomische Politik-Periode (NEP) herumkommen.

Wir brauchen doch nur auf die Ergebnisse der letzten bürgerlichen Wahlen zu schauen, die nach Engels keinen Gramm Demokratie bringen, sondern für uns nur als Gradmesser der Reife des Proletariats fungieren können, um zu erkennen, dass die Massen auch nur ansatzweise in eine kommunistische Richtung tendieren. Die Geduld der Armen ist angesagt, nicht die Wunschträume von Intellektuellen nach historischer Größe. Lenin wies auf die schlichte Tatsache hin, dass man Revolutionen nicht machen kann, Revolutionen müssen reifen. Man kann höchstens für die Revolution arbeiten. Um diesen bitteren Weg ist noch keine proletarisch-bäuerliche Revolution herumgekommen. Der Weg bis zum Sieg der Oktoberrevolution ist mit Leiden erkauft worden. Kleine und schwache revolutionäre Parteien müssen sich bis zu einem gewissen Grad mit den Volksmassen verbinden, was auch für große und starke Parteien nach der Revolution gilt. Die Loslösung von den Massen ist sogar ein Kardinalfehler, der die sozialistische Revolution in ein sehr gefährliches Fahrwasser bringen kann, so dass der Untergangsstrudel nicht mehr weit ist.

Auf Seite 188 verkündet die MLPD, worin nach ihrem Gutdünken die wesentliche Aufgabe ihrer Revolutionär/innen besteht: “… die entscheidende Mehrheit des internationalen Industrieproletariats in Deutschland für den echten Sozialismus zu gewinnen und die breiten Massen in den Kampf gegen die Regierung einzubeziehen“ (Stefan Engel, Die Krise der bürgerlichen Ideologie und des Opportunismus, Verlag Neuer Weg, Essen, 2022,188). Aus einer derartig seichten Revolutionsauffassung kann sich kein Sozialismus auf wissenschaftlicher Grundlage einstellen.

Das erste Dekret der Pariser Commune lautete bekanntlich: Ersetzung des stehenden Heeres und der Polizei durch die allgemeine Volksbewaffnung. Der Wegfall der allgemeinen Wehrpflicht in der BRD am 24. März 2011 hat die bolschewistische Sache in Deutschland zurückgeworfen. Das macht die Aufgabe, aus dem Hass der Masse der Soldaten gegen die Offiziere, der sich im Kasernenleben einer Klassengesellschaft fast automatisch ergibt, heraus die Gewehre gegen diese Offiziere umzudrehen, erheblich schwieriger.

Des weiteren läuft die Lehre von der Diktatur des Proletariats ins Leere, wird nur eine Worthülse, wenn man sie nur urban begreift und nicht als Diktatur des Proletariats, der armen Bauern und des Landproletariats. Die MLPD-Ideologen haben bisher 488 Seiten zur Krise der bürgerlichen Ideologie abgeliefert (RW 36 und RW 37), einen Volksarmisten und einen bewaffneten roten Bauer haben die Leser und Leserinnen bis jetzt noch nicht ausmachen können.

Dieser Artikel als pdf zum ausfrucken >>>> https://rotermorgen.eu/wp-content/uploads/2022/02/Volksarmist-und-rote-Landmiliz.pdf
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Über den Autor:

Heinz Ahlreip, geb. am 28.2.1952 in Hildesheim. Studium in den Fächern Philosophie und Politik an der Leibniz Universität Hannover von 1975 bis 1983, Magisterabschluß mit der Arbeit „Die Dialektik der absoluten Freiheit in Hegels Phänomenologie des Geistes“. Schwerpunkte der Forschung: Französische Aufklärung, Jakobinismus, französische Revolution, Politische Philosophie Kants und Hegels, Befreiungskriege gegen Napoleon, Marxismus Leninismus, Oktoberrevolution, die Kontroverse Stalin – Trotzki über den Aufbau des Sozialismus in der UdSSR, die Epoche Stalins, insbesondere Stachanowbewegung und Moskauer Prozesse.
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Lest dazu bitte auch:

Zur Frage der revolutionären Gewalt

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16 Kommentare

  1. Hallo, das was hier über den RW 37 gesagt wird entspricht nicht der Wahrheit ich habe die Seiten 186 bis 188 gelesen und da distanziert sich die MLPD eindeutig von dieser Kölner Gruppe weil das ist anarchistisch und hat mit dem Marxismus-Leninismus überhaupt nichts zu tun wer solche Fake News über der MLPD verbreitet der gehört nicht in die Gruppe.

    • Ich lese im Artikel: „Den Anspruch der Kölner, eine illegale bolschewistische Kaderpartei aufzubauen, bezeichnet der RW polemisch als ‘grandios‘.“ Das sagt doch aus das die MLPD mit dem KA nichts am Hut hat und haben will.
      Oder wie verstehst Du den Satz?

    • hallo Bob Baumeister
      in dem Text steht doch, dass das Verhältnis zwischen der MLPD und den Kölnern kontrovers ist, auch das Wort >polemisch< deutet nicht gerade auf Allianzabsichten hin.
      rote Grüße
      Heinz

      • Meine Meinung ist das eine polnische wichtige Partei die in erster Linie sich das Ziel setzt eigenständig zu handeln ohne den Rückhalt in den Massen zu haben ist sektiererisch genau das was man der MLPD vorwirft. Der Banküberfälle als Mittel zum Zweck propagiert der hat den demokratischen Zentralismus der MLPD nicht verstanden. Er trägt nur dazu bei das freie christliche Rechte weiter eingeschränkt werden und spaltet die Massen. In der Bundesrepublik gab es in der Vergangenheit viele sogenannte revolutionäre Organisation wie die RAF die am Ende die Massen gegen die Ziele aufgebracht haben. Daraus muss und sollte man lernen.

        • Ja, da bin ich auch Deiner Meinung, Aber bitte verwechsele nicht die drei Kampfformen:
          „legal“
          „illegal“
          „So legal wie möglich, so illegal wie nötig“
          Für jede gelten andere Regeln.
          Und bitte verwechsele nicht Gewalt mit revolutionärer Gewalt und individueller Gewalt (RAF).

    • Nein, das wollen wir nicht, wenn wir hier Lenin zitieren. Bitte unterscheide immer zwischen Gewalt, um sich zu bereichern und revolutionärer Gewalt.
      Letztere haben wir in diesem Artikel benannt:
      https://rotermorgen.eu/zur-frage-der-revolutionaeren…/
      Und wenn ich Deinen Einwand „jeden“ lese, muss ich unweigerlich daran denken das heute eine Armee, die die Interessen des Kapitals vertreten muss, von den Herrschenden befähigt, der unbewaffneten Arbeiterschaft gegenübersteht. Das ist eine viel größere Gefahr als die, dass ein bewaffneter Prolet die Waffe einsetzt um … ja wen eigentlich sein Hab und Gut zu nehmen … Uns reichen Werktätigen, die im Überfluss leben?

      • Die Meinung teile ich definitiv nicht.
        Der bewaffnete „Prolet“ würde dann seine Partner/in erschießen, wenn sie nicht willig ist.
        Mein „geht’s noch“ lasse ich stehen. Für mich ist das inakzeptabel.

        • Gehe einmal davon aus Ralf, das, wenn es zu einer gut geplanten proletarischen Revolution kommt, die von einer starken und akzeptierten marxistisch-leninistischen Partei geführt wird, nur die Besten der besten Waffen führen. Aus Fehlern der Vergangenheit wird man lernen, ich bin da sehr zuversichtlich.
          Diese Situation haben wir heute nicht, aber dennoch viel Arbeit und von der sollten wir uns nicht durch solche Meinungsverschiedenheiten abhalten lassen. Lass und also zusammen den Tageskampf führen und dabei das Endziel nicht aus den Augen verlieren.

    • Nein, das wollen wir nicht, wenn wir hier Lenin zitieren. Bitte unterscheide immer zwischen Gewalt, um sich zu bereichern und revolutionärer Gewalt.
      Letztere haben wir in diesem Artikel benannt:
      https://rotermorgen.eu/zur-frage-der-revolutionaeren…/
      Und wenn ich Deinen Einwand „jeden“ lese, muss ich unweigerlich daran denken das heute eine Armee, die die Interessen des Kapitals vertreten muss, von den Herrschenden befähigt, der unbewaffneten Arbeiterschaft gegenübersteht. Das ist eine viel größere Gefahr als die, dass ein bewaffneter Prolet die Waffe einsetzt um … ja wen eigentlich sein Hab und Gut zu nehmen … Uns reichen Werktätigen, die im Überfluss leben?

      • Die Meinung teile ich definitiv nicht.
        Der bewaffnete „Prolet“ würde dann seinE PartnerIn erschießen, wenn sie nicht willig ist.
        Mein geht’s noch lasse ich stehen. Für mich ist das inakzeptabel

        • Gehe einmal davon aus Ralf, das, wenn es zu einer gut geplanten proletarischen Revolution kommt, die von einer starken und akzeptierten marxistisch-leninistischen Partei geführt wird, nur die Besten der besten Waffen führen. Aus Fehlern der Vergangenheit wird man lernen, ich bin da sehr zuversichtlich.
          Diese Situation haben wir heute nicht, aber dennoch viel Arbeit und von der sollten wir uns nicht durch solche Meinungsverschiedenheiten abhalten lassen. Lass und also zusammen den Tageskampf führen und dabei das Endziel nicht aus den Augen verlieren.

    • hallo Ralf Möller
      Nicht jedem, wie das Wort >Volksarmee>`< schon sagt, Volksfeinden, hohe alten Beamten, Großkapitalisten, Bankiers, Pfaffen, Offizieren und Polizeibeamten werden gerade entwaffnet
      rote Grüße
      Heinz

  2. Guter Artikel – wobei natürlich Banküberfälle zur Finanzierung der proletarischen Revolution, so wie Stalin 1907 in Tiflis auf Anweisung Lenins, heute nicht mehr die erwünschte Menge Bargeld bringen würde. Eine Finanzierung durch Hacking nach Bitcoins wäre wohl heute das Mittel der Wahl.

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