SPD: Der Arzt am Krankenbett des Kapitalismus

Redaktion – 13. September 2023

Sozialdemokratie – einst fortschrittlich, jetzt schon über 100 Jahre konterrevolutionär

Schon 1755 hatte der bürgerliche Philosoph Jean-J. Rousseau in seiner zweiten, in hoher Auflage erschienenen Schrift über die Entstehung der Ungleichheit unter den Menschen den sozialen Sündenfall der Menschheit markant und wortgewandt notiert. Diese habe zugelassen, dass ein Subjekt sich auf ein Stück Land stellte und dreist behauptete, dies sei seins. Die Menschheit geriet unter Zerstörung jeglicher Harmonie in den stinkenden, blutroten Sumpf von Kriegen und Streitigkeiten aller Art.

1795 erreicht die klassische bürgerliche Revolution in Frankreich ihren sozialen Höhepunkt durch die Gründung eines frühkommunistischen Geheimbundes, der vorhatte, in Frankreich durch den Sturz des Direktoriums eine agrarkommunistische Gesellschaft der Gleichheit zu errichten. Folgerichtig nannte sich der Bund auch ‘Gemeinschaft der Gleichen‘. Am 27. Februar 1796 wurde auf Anweisung des Direktoriums ihr Clubhaus durch den jungen General Napoleon geschlossen, die Anführer um Cajus Gracchus Babeuf wurden Ende Mai 1797 guillotiniert. Sie waren die ersten Blutopfer des noch rohen Kommunismus. Zu erwähnen ist auch der ‘Cercle social‘, ein Kreis der demokratischen Intelligenz unter dem Ideologen Fauchet, der die gleichmäßige Bodenaufteilung, die Beschränkung des großen Eigentums sowie Arbeit für alle forderte. Marx und Engels betonen, dass bereits in der agrarbürgerlichen Revolution von 1789 immerhin die kommunistische Idee eines neuen Weltzustandes hervorgetrieben worden ist (Vergleiche Karl Marx, Friedrich Engels: Die Heilige Familie , Werke, Band 2, Dietz Verlag Berlin, 1960, Seite 126).

François Noël Babeuf der sich Cajus Gracchus Babeuf nannte

Frankreich war 1789 noch ein Agrarland und folgerichtig konnten die Verschwörer der Gleichheit unter Babeuf auch nur einen Bauernsozialismus anstreben. Rousseau, Babeuf, Fauchet – immer geht es um den Grund und Boden. 1789 war eine durch eine Bauernrevolution bedingte Durchsetzung des Kapitalismus gegenüber dem Feudalismus. Die Bauern bekämpften die Feinde ihrer Feinde. Wenn es Massen gab, dann nur bäuerliche. Selbst in Paris gab es keine industriellen Großbetriebe und noch keine relativ festgebundenen politischen Parteien. Von diesen konnte man erst in der 48er Revolution sprechen, in der Schrift ‘Der 18. Brumaire des Louis Bonaparte‘, in der sich Karl Marx tief und brillant mit dieser Revolution auseinandersetzt, spricht dieser in einer Passage von der proletarischen Partei, der Sozialdemokratie. Ohne diese wären wir auch heute noch nicht in der Lage, das konterrevolutionäre Wesen des Sozialdemokratismus zu erfassen. Wir haben es in der Tat mit einer Schlüsselpassage zu tun, auf die jetzt näher einzugehen ist.
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Die Entstehung der SPD

In dieser Passage (Vergleiche Karl Marx, Der 18. Brumaire des Louis Bonaparte, in: Marx Engels, Ausgewählte Werk, Band II, Dietz Verlag Berlin, 1960, Seite 339f.) finden wir die Aussage: “So entstand die SozialDemokratie“ (a.a.O.,339). Wie also ist die Sozialdemokratie denn entstanden? In der 48er Revolution finden wir in Frankreich Koalitionen von Klassen und bereits von ihnen entsprechenden politischen Parteien. Sowohl die große Bourgeoisie als auch das Proletariat koalieren, letzteres mit dem Kleinbürgertum, woraus die “sogenannte sozial-demokratische Partei“ (a.a.O.) entstand. Ihre revolutionsbedingte unsichere soziale Lage führte das politisch durch die Montagne repräsentierte Kleinbürgertum dem Proletariat zu. Die Montagne und die sozialistischen Führer des Proletariats hatten im Februar 1849 eine Allianz geschlossen. Es folgt dann ein Satz, der die Grundlage jeder kritischen Auseinandersetzung mit dem Sozialdemokratismus bildet, es muss leider festgestellt werden, dass man ihn nicht mehr oft in Parteianalysen besonders von sozialdemokratischer Seite selbst findet: “Den sozialen Forderungen des Proletariats ward die revolutionäre Pointe abgebrochen und eine demokratische Wendung gegeben, den demokratischen Ansprüchen des Kleinbürgertums die bloß politische Form abgestreift und ihre sozialistische Pointe herausgekehrt. So entstand die Sozial-Demokratie“ (a.a.O.). Die Forderungen dieses politischen Amalgams waren keineswegs direkt revolutionär, demokratisch-republikanische Institutionen wurden als Mittel verlangt, um eine Umänderung der Gesellschaft im Stil des Kleinbürgertums zu vertreten, das meint, immer die Interessen der gesamten bürgerlichen Gesellschaft unter Vermeidung von Klassenkämpfen zu vertreten. So schwankte die Montagne, der Berg, zwischen Straße und Parlament, die Stärke des linken Proletariats liegt auf der Straße, die des rechten Kleinbürgertums im Parlament. Dazwischen ist die SPD zerrissen, fällt der Würfel auf die Straße, kann dieses Amalgam fortschrittlich sein, fällt er ins Parlament, ist sie eine Stütze der Reaktion.
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Das Bekenntnis zur Revolution

August Bebel, 1814 bis 1930

Das ist in kurzen Strichen die Physiognomie der Sozialdemokratie in der Mitte des 19. Jahrhunderts, die Bourgeoisie befand sich in aufsteigender Linie bei relativ rasch zunehmender Industrialisierung, was zur Folge hatte, dass sich das Proletariat immer mehr in Fabrikstädten konzentrierte und seine Partei mehr und mehr zu einer der urbanen Massen wurde. Von allen sozialistischen Parteien kam die disziplinierte deutsche Sozialdemokratie der Partei am nächsten, die das Proletariat braucht, um siegen zu können. Lenin wünschte sich 1905 in seiner Parteikampfschrift ‘Was tun?‘, dass die russische Arbeiterbewegung viele, viele Bebels hervorbringen werde. Dieser hatte sich ja auf dem Parteitag 1903 in Dresden eindeutig zur sozialistischen Revolution bekannt: “Ich will der Todfeind dieser bürgerlichen Gesellschaft und Staatsordnung bleiben, um sie in ihren Existenzbedingungen zu untergraben, und sie, wenn ich kann, beseitigen.“ Das kann als die höchste Blüte des deutschen Sozialdemokratismus bezeichnet werden. Hier war nicht mehr die Rede von einer Harmonie zwischen Arbeiterklasse und Kleinbürgertum.
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Vom Sockel der Revolution direkt in die Arme der Konterrevolution

Hetzplakat der SPD, 1920

Aber bekanntlich bekam der Kapitalismus um die Jahrhundertwende 1900 ein neues, noch hässlicheres Gesicht, ein menschliches Antlitz hat er auf Grund seiner ihm immanenten Aussaugung menschlicher Arbeitskraft nie besessen. Gegenüber der Bourgeoisie kann der Sozialismus kein humanes Antlitz tragen, nur Volksfeinde, die die Dialektik von Revolution und Konterrevolution verunglimpfen, können so unwissenschaftlich labernd daherkommen, einen Sozialismus mit einem generellen menschlichen Antlitz zu fordern. Der klassische Konkurrenzkapitalismus mutierte um die Jahrhundertwende zum Monopolkapitalismus, was Konzentration der Produktion, Herrschaft des Finanzkapitals und politische Reaktion auf der ganzen Linie bedeutete. Und die SPD zog mit von der Straße ins Parlament, vom Übergewicht des proletarischen Elements zu dem des kleinbürgerlichen. Die Bourgeoisie befand sich jetzt bereits in absteigender Linie. Entscheidend wurde jedoch nicht die politische Großwetterlage, sondern die Tatsache, dass eine imperialistische Bourgeoisie finanzielle Mittel besitzt, die politischen Spitzen der Arbeiterklasse zu korrumpieren. Bebel starb 1913, er konnte, fast möchte man schreiben gottlob!, nicht mehr den 4. August 1914 miterleben, den Tag, an dem sich die innere Geschichte der SPD umdrehte. Der innere Umschwung des Kapitalismus vom klassischen zum imperialistischen geht einher mit dem inneren Umschwung der SPD von einer fortschrittlichen zu einer reaktionären Partei. Durch die Bewilligung der Kriegskredite für das deutsche Kaiserreich, für einen kriminellen imperialistischen Raubkrieg war schon alles beschlossene Sache. Die SPD wurde aus einem Todfeind der bürgerlichen Gesellschaft zu dem der internationalen Arbeiterbewegung, sie fiel vom Sockel der Revolution direkt in die Arme der Konterrevolution. Seit dem 4. August sitzt ein gierig-gefräßiger kleinbürgerlicher Wurm in dieser Partei, der immer dicker wird, weil er auch die Leichen von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht in seinem Balg trägt. Gustav Landauer hatte unbedingt Recht: “In der ganzen Naturgeschichte kenne ich kein ekelhafteres Lebewesen als die Sozialdemokratische Partei“. Richtige und sehr passende Worte für eine gegen die internationale Arbeiterbewegung kämpfende Partei.

Diese Bewegung hatte das große Glück, einen Lenin in ihren Reihen gehabt zu haben, der die Gründe und die Physiognomie für den widerwärtigen Sieg des Opportunismus tief analysieren und umfassend erklären konnte. 1959 versuchte sich die SPD in Bad Godesberg als Volkspartei in die Arbeiterklasse, die eine militante Partei des Klassenkrieges braucht, einzuschmeicheln. Die SPD ist heute der Arzt am Krankenbett des Kapitalismus, ein Kurpfuscher, der diesen entgegen allen zentralen Erkenntnissen der Gesellschaftswissenschaften über die Zeit bringen will und die Arbeiter um den Sozialismus, um die Früchte ihrer Arbeit. Zustimmung zur Finanzierung eines verbrecherischen Raubkrieges, das wird man nur schwer wieder los. Die SPD hat es nach über 100 Jahren nicht geschafft und die eine Milliarde Sondervermögen für die Bundeswehr zeigen an, dass sie es niemals schaffen wird. Also muss die Arbeiterklasse diesen ekelhaften Wurm zertreten. Der Tod dieses Wurmes bedeutet die Erlösung der Menschheit von den kapitalistischen Qualen weltweit. Der Wurm kriecht noch und unser politisches Leben hat noch einen Sinn.

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