Gegen die Polizeirechtsverschärfung in Schleswig-Holstein

Redaktion – 6. November 2020

In den letzten Wochen nahmen die Proteste gegen das neue Polizeigesetz für Schleswig-Holstein, stetig an Fahrt auf. Unter dem Motto »Überall Polizei – Nirgendwo Gerechtigkeit! Nein zum neuen Polizeigesetz in Schleswig-Holstein!« haben sich diverse zivilgesellschaftliche Organisationen, Gruppen und Sportverbände zum Bündnis NoPolgSH zusammen geschlossen, um sich gegen die, vom Kabinett schon gebilligte, Novellierung des Polizeigesetzes zu stellen. Sie protestieren schon seit Wochen auf verschiedene Weise gegen die Pläne der Landesregierung.

Auftakt der Demo am 24. Oktober auf dem Kieler »Platz der Roten Matrosen« (Bahngofsvorplatz). Bild:
NoPolgSH
Aktion am 4. November vor dem Landeshaus in Kiel. Bild: NoPolgSH

Am 4. November ging es mit den Protesten weiter, denn im Landtag tagte der Innen- und Rechtsausschuss zum neuen Landesverwaltungsgesetz (LVwG) – draußen demonstrierte das Bündnis. Für Stellungnahmen wurden dabei ausschließlich Befürworter des neuen Polizeigesetzes wie bspw. Vertreter der sog. Polizeigewerkschaft eingeladen. Aufgrund von Anticoronamaßnahmen wurde dieses Mal keine große Menschenmenge mobilisiert, sondern nur mit knapp zwei Dutzend Menschen, die vor Ort die Abgeordneten direkt mit ihrer Kritik zu konfrontierten.

Worum geht’s genau?

Elektronische Fußfessel wie sie in NRW für verurteilte Menschen benutzt wird. Bild: YouTube

In Schleswig-Holstein soll die Rechtsgrundlage der Polizeiarbeit neu geregelt werden. Der Gesetzesentwurf wurde bereits vom Kabinett gebilligt. Nun fand die nächste mündliche Anhörung im Landtag statt. Der bisherige Gesetzesentwurf weitet die Befugnisse der Polizei aus und schränkt die Freiheitsrechte der Bürger massiv ein. Zukünftig soll es Polizeibeamten unter anderem erlaubt sein, die Bewegungsfreiheit von Personen, ohne richterlichen Beschluss, einzuschränken, den Aufenthalt von Personen präventiv mit einer elektronischen Fußfessel zu überwachen, Schusswaffen in Menschenmengen und gegen Minderjährige zu gebrauchen, sowie anlasslose Kontrollen an Einrichtungen des internationalen Verkehrs durchzuführen. Durch Letzteres wird eine Ausweitung von Racial Profiling befürchtet.

Laut Lisa Klingel, Pressesprecherin des Zusammenschlusses, sei dieser Gesetzesentwurf keine angemessene Antwort auf reale Entwicklungen, weil die Kriminalität in Schleswig-Holstein gesunken sei oder stagniert habe. Sie meint: „Mit Kriminalitätsprävention oder realen Bedrohungsszenarien haben diese Änderungen des Polizeigesetzes ganz offensichtlich nichts mehr zu tun. Eher geht es der Jamaika-Koalition darum, die gesellschaftliche Akzeptanz für polizeiliche Gewaltausübung zu steigern.“ Aus Sicht von Klingel bedeute „die Ausweitung polizeilicher Befugnisse weit ins Vorfeld eventueller Straftaten einen massiven Verlust an Freiheitsrechten für einen nur scheinbaren Gewinn an Sicherheit.“

Rund die Hälfte der deutschen Bundesländer haben in den vergangenen Jahren neue Polizeigesetze geschaffen, wobei die Befugnisse der Polizei stets stark ausgeweitet wurden. In Bayern darf die Polizei seither sogar Handgranaten verwenden und noch nicht verurteilten Personen elektronische Fußfesseln anlegen. Solche Pläne haben in einigen Bundesländern zu großen Demonstrationen geführt, die oft eine Entschärfung der ursprünglichen Pläne, durchsetzen konnten. ROTER MORGEN wir weiter darüber informieren.

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