Erklärung des Eurasischen Büros des Weltgewerkschaftsbundes zur Unterstützung der Arbeiterklasse Kasachstans


World Federation of trde Unions – 8. Januar 2022

Die freien von Arbeitgebern und Machthabern unabhängigen Gewerkschaftskräfte Russlands und der zentralasiatischen Staaten, welche Teil des Weltgewerkschaftsbunds (WGB) sind, bringen ihren ausdrücklichen Protest gegen die gewaltsame Abrechnung mit den Arbeitern Kasachstans und den Versuchen das empört auftretende Volk als vandalierende und extremistische Kräfte darzustellen zum Ausdruck.

Die Ursache für die Empörung der Menschen ist die lange und allen überdrüssige Führung des Nasarbajew-Klans [Ex-Präsident, Anm.d.Übers.] und seiner Handlanger, welche zu einer gigantischen sozialen Spaltung und zur erbärmlichen und rechtlosen Lage der arbeitenden Massen geführt hat. Dabei haben die Herrschenden mit härtesten Mitteln beliebige Proteste niedergeschlagen. Erinnert sei nur an die Erschießung der Arbeiter Schangaösens im Jahre 2011. Gleichzeitig wurden alle Möglichkeiten des Äußerns von Protest und anderer Ansichten, als die des Regimes, erdrosselt. Die Mehrzahl der unabhängigen Gewerkschaften wurde liquidiert, die Mitgliedschaft in nichtregistrierten Gewerkschaften wird, entgegen der Konvention Nr. 87 der ILO (Internationale Arbeitsorganisation), mit einem administrativen Gesetzesbruch gleichgesetzt! Durch Gerichtsbeschluss ist die Kommunistische Partei Kasachstans verboten und man verweigert die Zulassung der Sozialistischen Bewegung Kasachstans. Die Anzahl der politischen Gefangenen wächst, in erster Linie, die der Gewerkschaftsaktivisten. All dies geschieht vor dem Hintergrund des wachsenden Luxus der herrschenden Kreise und des immer stärker werdenden Einflusses ausländischen Kapitals.

Somit ist der Grund für die Empörung klar. Es sind nicht irgendwelche äußeren terroristischen Kräfte, sondern die eigene volksfeindliche Politik und die plötzliche Erhöhung der Gaspreise (auf einmal verdoppelt) diente nur als Zünder für die Explosion des Volkszorns. Dies hat auch der amtierende Präsident Kasachstans Tokajew indirekt anerkannt, welcher die Regierung zurücktreten ließ, versprach die Preiserhöhungen rückgängig zu machen und die Funktion des Vorsitzendes des Sicherheitsrates von Nasarbajew an sich genommen hat.

Wir drücken unsere Solidarität mit dem gerechten Protest der Arbeiter Kasachstans aus und halten die Vermischung ihres Kampfes mit den hemmungslosen Aktionen verschiedener Provokateure, Islamisten und nationalistischer Kräfte für nicht zulässig.

Diese Methode – Organisation von Pogromen und Ausschreitungen – wird von der Bourgeoisie in vielen Ländern der Welt zur Diskreditierung der Arbeiterbewegung eingesetzt.

Der Einsatz der OVKS-Kräfte [Organisation des Vertrags über Kollektive Sicherheit, Anm.d.Übers.], darunter auch russischer Militärs, wird nur zum Anwachsen der antirussischen Tendenzen in der Republik führen und gewiss von den nationalistischen Kräften ausgenutzt werden.

Die Gewerkschaften des WGB fordern, Repressionen im Zusammenhang mit den gerechten Manifestationen der Arbeiterklasse Kasachstans nicht zuzulassen!Wir fordern die Wiederherstellung der Freiheit gewerkschaftlicher Aktivität in der Republik!
Wir treten gegen den Einsatz der OVKS-Kräfte in ihrer faktischen Rolle als Gendarmen ein!

Wir drücken unsere Solidarität mit dem Kampf der Arbeiter Kasachstans aus!

E. A. Kulikow
Direktor des Eurasischen Büros des Weltgewerkschaftsbundes

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1 Kommentar

  1. Aspekte zum Klassenkampf um Kasachstan.

    Von Reinhold Schramm

    »Die nächste Farbrevolution? Der kasachische Präsident spricht von einem Angriff aus dem Ausland. In Kasachstan eskalieren Unruhen, der Präsident spricht von einem Angriff aus dem Ausland und bittet seine militärischen Verbündeten, darunter Russland, um Hilfe. Ein Beitrag von Thomas Röper und Druschba FM.«

    Vgl. auf apolut.*

    Info-Kommentar

    Das kleptokratische System, eine Selbstbereicherungs-Bonanza.

    Aspekte der wirtschaftlichen Aufteilung und Plünderung Kasachstans.

    Neben Öl und Gas – wo Russland und Kasachstan um Märkte rivalisieren – geht es vor allem um Uran. Die Förderung des Kernbrennstoffs in Kasachstan gilt als vergleichsweise einfach und billig, daher ist das Land auch Marktführer auf dem Gebiet. 2020 belief sich die Uranproduktion auf mehr als 19.000 Tonnen, das entspricht 41 Prozent der weltweiten Förderung.
    Der staatliche russische Atomkonzern Rosatom ist an einer Reihe von kasachischen Projekten beteiligt und fördert etwa 60 Prozent seiner insgesamt 7100 Tonnen in kasachischen Minen – zusammen mit der staatlichen Kazatomprom. Darüber hinaus laufen Gespräche über die Aufstellung russischer Atommeiler im Land.

    USA sind der zweitgrößte Investor in Kasachstan.

    Doch nicht nur Russland ist mit Kasachstan verzahnt: Die US-Energiekonzerne Chevron und Exxon kooperieren mit dem kasachischen Staatsölkonzern Kazmunaigaz beim sechstgrößten Ölfeld der Welt, Tengiz, nahe dem Kaspischen Meer. Bis Mitte 2024 soll die Ölförderung mit Investitionen in Höhe von 45 Milliarden Dollar ausgebaut werden.
    Laut dem US-Handelsministerium sind die USA der zweitgrößte ausländische Investor in Kasachstan hinter den Niederlanden.
    Nach dem Zerfall der Sowjetunion erkannten die USA 1991 als erstes Land die Unabhängigkeit Kasachstans an.

    Kasachstan ist für China einer der wichtigsten Verbündeten.

    Die Volksrepublik bezieht aus dem Land viele Rohstoffe, vor allem Gas und Öl. Von Kasachstan führt eine Ölpipeline direkt in die westchinesische Provinz Xinjiang. 2020 war zudem eine Vereinbarung für eine Pipeline zur Lieferung von Flüssiggas getroffen worden.
    Zudem importiert China immer mehr Kohle aus Kasachstan. Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt ist in weiten Teilen abhängig von der Ressource – mehr als die Hälfte des Stroms in China wird aus Kohle gewonnen.
    Staats- und Parteichef Xi Jinping hatte in dem Nachbarland der Volksrepublik vor rund neun Jahren sein geopolitisches Prestigeprojet der Neuen Seidenstraße erstmals vorgestellt, seitdem laufen unter dem Namen zahlreiche Investitionen mit chinesischem Geld.

    Der internationale Kampf um die wirtschaftliche Aufteilung Kasachstans.

    Mit der erfolgreichen Liquidierung der Sowjetunion und der Formierung autokratischer Regime, so setzte auch verstärkt das internationale Kapital auf seine wirtschaftspolitische Einflussnahme für den gesicherten Zugriff auf billige Arbeitskräfte und preiswerte Rohstoffe.

    Nahm ein Großteil der Bevölkerung, auch in Erwartung eines westlichen sozialstaatlichen Konsumparadieses, noch relativ widerstandslos die Plünderung ihres Reichtums durch Familienclans hin, so schlägt jetzt zunehmend die jahrzehntelange Teilnahmslosigkeit und Zuschauerrolle, in gewaltsame Einforderung des ihnen zustehenden Reichtums um.

    ►Natürlich mischen sich auch westliche, nahöstliche und fernöstliche Staaten politisch und wirtschaftlich verstärkt bei der Aufteilung und profitablen Plünderung der vorhandenen Rohstoffe und Bodenschätze ein. Das entspricht nun einmal dem inneren Wesen und der irrationalen Natur des Kapitalismus und Imperialismus. Es handelt sich ausnahmslos bei allen beteiligten Staaten, um geopolitisch, wirtschafts- und militärpolitisch konkurrierende und vor allem auf der Basis von Privateigentum an gesellschaftlichen Produktionsmitteln basierende kapitalistisch-imperialistische Gesellschaftssysteme. Das gilt so nicht nur für China, Japan und die USA, sondern auch für EU-Europa, insbesondere für Frankreich und Deutschland.

    ►Das «System Nasarbajew»: Wie der Clan des Langzeitherrschers Kasachstan plünderte.
    Der Personenkult war eine wichtige Ingredienz des Regimes.

    Unter Nursultan Nasarbajew entstand in Kasachstan ein umfassendes System der Vetternwirtschaft. Es brachte dem Clan des Langzeitherrschers Milliarden ein – und es ist der Grund für die Wut, die die Menschen nun auf die Straßen treibt.

    «Kasachstan ist ein Privatunternehmen Nasarbajews geworden», sagte eine Demonstrantin in der kasachischen Wirtschaftsmetropole Almaty. «Das Einzige, was hier blüht, ist die Korruption!» Diese Sicht teilen viele Kasachinnen und Kasachen, die in den letzten Tagen auf die Straße gingen.
    Zwischen 1995 und 2005 wurden Gelder in Höhe von über einem Viertel der kasachischen Wirtschaftsleistung ins Ausland geschleust. Für einige wenige Kasachen wurden die Jahre um die Jahrtausendwende zur beispiellosen Selbstbereicherungs-Bonanza. **

    * Vgl. auf apolut.net: Die nächste Farbrevolution? Der kasachische Präsident spricht von einem Angriff aus dem Ausland – apolut.net – https://apolut.net/die-naechste-farbrevolution-der-kasachische-praesident-spricht-von-einem-angriff-aus-dem-ausland/

    ** Siehe auch Neue Zürcher Zeitung:
    https://www.nzz.ch/international/kasachstan-wie-der-nasarbajew-clan-das-land-pluenderte-ld.1663590

    10.01.2022, Reinhold Schramm (Zusammenfassung)

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