Einige Machenschaften von Volksfeinden in der Periode des sich anbahnenden dritten Weltkrieges

Diese Karikatur aus dem Jahr 1848 trägt den Titel „Zwischen mir und mein Volk soll sich kein Blatt Papier drängen“, ein Zitat König Friedrich Wilhelms IV. aus seiner Eröffnungsrede zum ersten Vereinigten Landtag in Preußen. Dort hatte er deutlich gemacht, dass er nicht beabsichtigte, seine durch das Gottesgnadentum legitimierte Herrschaft durch ein „Blatt Papier“, nämlich eine Verfassung, schmälern zu lassen. | „Satyrische Zeitbilder No. 28 bei B.S. Berendsohn in Hamburg”, Lithografie, koloriert, 1848. | Quelle: bpk
Redaktion – 5. Februar 2025

In einer Welt, in der wirtschaftliche Interessen und Machtstreben die Gesellschaft bestimmen, rücken ideologische Auseinandersetzungen in den Hintergrund. Der folgende Text beleuchtet die Entwicklung des Kapitalismus um 1900 und seine ideologischen Begleiterscheinungen, insbesondere die Rolle von Philosophen wie Nietzsche und Rousseau. Dabei wird der Einfluss der Bourgeoisie auf gesellschaftliche Strukturen sowie der ideologische Kampf um die Deutungshoheit kritisch hinterfragt.

Um das Jahr 1900 vollzieht sich in der Wirtschaftsordnung Europas und der USA ein Wandel. Der Kapitalismus, der sich zuvor durch freie Konkurrenz und Warenexport auszeichnete, geht in eine neue Phase über: den Monopolkapitalismus. Während die Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft durch die Aneignung von Mehrwert bestehen bleibt, verlagert sich der Fokus nach innen auf eine zunehmende Vergesellschaftung der Arbeit und nach außen auf den Kapitalexport. Diese Veränderung spiegelt sich auch im ideologischen Überbau wider.

Auffällig ist, dass um 1900 bürgerliche Zeitungen und Zeitschriften vermehrt gegen Rousseau, das Symbol der klassischen bürgerlichen Revolution ab 1789, hetzen. Zugleich stirbt Nietzsche am 25. August 1900 in geistiger Umnachtung, nachdem er zahlreiche Schriften hinterlassen hat, die zur ideologischen Legitimierung faschistischer Herrschaftsformen beitragen. Bereits zu diesem Zeitpunkt zeigt sich, dass das dominierende Finanzkapital nicht auf Freiheit, sondern auf Herrschaft abzielt.

Die imperialistische Bourgeoisie verwirft die klassische Vertragstheorie, nach der die Herrscher dem Volk dienen und nicht umgekehrt. Stattdessen bedienen sie sich faschistischer Propaganda und berufen sich auf Nietzsche, der die natürliche Existenz von Herren und Sklaven proklamiert. Bereits Aristoteles vertrat eine ähnliche Ansicht, doch im 19. Jahrhundert wird sie von Nietzsche wiederbelebt und als Rechtfertigung für imperialistische Herrschaft missbraucht. Gleichzeitig verwirft die Bourgeoisie Rousseaus Vorstellung, dass eine Gesellschaft ohne Mitleid nicht bestehen kann. Rousseau argumentierte, dass Mitgefühl eine natürliche Eigenschaft des Menschen sei und Gleichheit die Grundlage jeder gerechten Gesellschaft bilde. Kant selbst sagte einst: „Ich verachtete den Pöbel, der von nichts weiß, Rousseau hat mich zurechtgebracht.“ Doch Nietzsche verhöhnt diese humanistischen Ideale und preist stattdessen Militarismus und Krieg als Mittel der Staatserhaltung.

Der Imperialismus fördert die Verherrlichung von Mitleidslosigkeit und Brutalität, was sich auch in den gesellschaftlichen Beziehungen widerspiegelt. Während die Asyldebatte die öffentliche Aufmerksamkeit bindet, wird übersehen, dass die eigentliche faschistische Barbarei täglich in den kapitalistischen Produktionsstätten stattfindet. Hier treffen Millionen lohnabhängiger „Untermenschen“ auf eine kleine Elite von kapitalistischen „Herrenmenschen“, die durch Gesetze und Polizei geschützt sind. Zunächst fließt hier das Blut im übertragenen Sinne, doch letztlich entlädt sich die aufgestaute Gewalt auf den Schlachtfeldern imperialistischer Kriege, in denen vor allem das Proletariat sein Leben lässt.

Nietzsche verachtet jegliche Moral und spricht damit den Herrschenden aus der Seele. Kein Rousseau kann heute die imperialistischen Machthaber vereinen. Der jüdische Philosoph Karl Löwith bezeichnet Nietzsche treffend als einen „umgekehrten Rousseau“. Nietzsche wettert gegen die Ideale von 1789, während der bürgerliche Philosoph Max Horkheimer 1969 ernsthaft die Frage aufwirft, ob Nietzsche nicht ein größerer Denker als Karl Marx gewesen sei. Dabei war Horkheimer Professor für Sozialphilosophie und ein führendes Mitglied der Frankfurter Schule.

Rousseau hingegen entwarf Visionen für das soziale und politische Glück der Menschheit. Er glaubte, dass ein gut regiertes Volk keine Regierung brauche und dass echte Demokratie entsteht, wenn das gesamte Volk gemeinsam entscheidet. Während der Französischen Revolution wurden seine Ideen von den Jakobinern, insbesondere Marat, aufgenommen, der Passagen aus „Der Gesellschaftsvertrag“ auf den Pariser Plätzen vorlesen ließ. Und Nietzsche? „Wollt ihr einen Namen für diese Welt? Eine Lösung für all ihre Rätsel? … Diese Welt ist der Wille zur Macht – und nichts außerdem.“1 Dies ist sein Credo. Heute betreiben sämtliche bürgerlichen Parteien einen großen Volksbetrug, indem sie dem Volk versprechen, dass es selbst „der Wille zur Macht“ sei, während sie in Wahrheit gegen die humanistischen Wurzeln ihrer eigenen Revolution kämpfen. Vergleicht man ihr Handeln mit den Idealen von 1789 – Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit –, wird ihr wahres Wesen deutlich. Würde Robespierre heute sehen, was aus der Bourgeoisie geworden ist, er würde sie verachten.

Die zentrale Frage bleibt: Wer wird siegen? Die Arbeiterklasse, die einzige gesellschaftliche Kraft mit dem Potenzial zur weltgeschichtlichen Tat? Oder die dekadente, im Niedergang befindliche Bourgeoisie? Diktatur des Proletariats oder Diktatur der Bourgeoisie? Klar ist: Unter der ersteren müssten alle bürgerlichen Parteien als kriminelle Vereinigungen liquidiert werden. Die Völker haben nach den faschistischen Verbrechen des 20. Jahrhunderts, nach Korea, Vietnam und Gaza, genug vom „Willen zur Macht“. Tod dem Philosophen der „blonden Bestie“, dem „Philosophen des Kapitalismus“, wie Franz Mehring ihn nannte2.

Heute spielt der kulturelle Sektor eine bedeutende Rolle in den Vorbereitungen auf einen neuen imperialistischen Weltkrieg. Die Zerstörung der Vernunft und die gezielte Infantilisierung der Gesellschaft durch seichte Unterhaltung und sinnlose Quizsendungen schwächen das kritische Denken. Die Medien zerteilen das Leben in bedeutungslose Episoden und fördern einen Nihilismus, der alle Ideale auslöscht. Gleichzeitig wird die Gesellschaftswissenschaft abgewertet. Menschen mit gescheiterten Lebenswegen bilden den Nährboden für imperialistische Armeen. Die herrschende Klasse interessiert sich nur für technologische Entwicklung, künstliche Intelligenz und Körperkult zur Kriegsführung. Der theoretische Geist, der einst die deutsche Bourgeoisie auszeichnete, ist verschwunden. Ein Wiener Fabrikant erkannte bereits während des Deutsch-Französischen Krieges, dass dieser Geist nur noch in der Arbeiterklasse weiterlebt3. Heute ist allein das Proletariat in der Lage, eine fortschrittliche Kultur zu tragen.

  1. Vergleiche Hasso Hofmann: Nietzsche, in: Klassiker des politischen Denkens, Beck Verlag, München,1987, Seite 286).
  2. Vergleiche Franz Mehring: Kapital und Presse, Berlin, 1981, in: Aufsätze zur Geschichte der Philosophie, Frankfurt am Main, 1975, Seite 188).
  3. Karl Marx: Das Kapital, Nachwort zur zweiten Auflage Werke, Band 23, Dietz Verlag Berlin, 1960, Seite 19).

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Dieser Text basiert auf einer Diskussionsvorlage von Heinz Ahlreip. Die Redaktion RoterMorgen hat ihn an den aktuellen Sprachgebrauch angepasst sowie flüssig, gegliedert und gut lesbar überarbeitet. Es wurden Verlinkungen einzelner Begriffe vorgenommen und Bilder hinzugefügt.
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