Die revisionistische „Juche“-Ideologie – ein Angriff auf den Marxismus-Leninismus

Die Symbole der Partei täuschen über die realen Machtverhältnisse. In der DVRK hat die Arbeiterklasse zu kuschen und nichts zu sagen! | Bild: Jondor sin.

»Der Weg zur Partei« – 14. August 2022

Ein Hammer, eine Sense und ein Pinsel – so die Selbstinszenierung der „Partei der Arbeit Koreas“ in Form eines Riesendenkmals. Das Regime versteht sich als sozialistisch, doch seit den 1990er Jahren sind alle Bilder von Marx und Lenin aus der Öffentlichkeit verschwunden.

Der Staatsgründer Kim Il-Sung, Großvater des aktuellen Herrschers Kim Jung-Un, überholte den Marxismus-Leninismus mit einer eigenen Ideologie. »Juche« bedeutet so etwas wie „Eigenständigkeit“ und schreibt vor, dass der bergige Norden der koreanischen Halbinsel wirtschaftlich autark sein müsse.

Sein Sohn, Kim Jong-Il, erweiterte die Theorie um die „Sungun“-Idee: In allem stehe die Armee an erster Stelle. In den zehn Prinzipien, nach denen alle Bürger leben sollten, gibt es kein einziges, das nicht von Gehorsam gegenüber der Staatsführung handelt.
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Sozialismus Fehlansage

Vom Sozialismus im Sinne von Marx und Engels – also der Selbstbefreiung der Arbeiter, ist die Demokratische Volksrepublik Korea (DVRK) fast so weit entfernt wie von der Steinzeit.

Die DVRK ist ein staatsmonopolistischer Kapitalismus, der unter dem Deckmantel des Sozialismus firmiert. Die meisten Menschen arbeiten für den Staat, und ein Großteil der Produkte wird nicht auf dem Markt getauscht, sondern über staatliche Stellen verteilt. Diese Planung ermöglichte das „koreanische Wirtschaftswunder“. Dennoch läuft die wirtschaftliche Planung nicht, wie Marx und Engels vorgesehen haben, nämlich durch die demokratische Entscheidung der Produzenten. „Kim Jung-Un Looking At Things“ lautet der Titel einer populären Website mit Bildern des jungen Herrschers, der pausenlos wie schon sein Vater und sein Großvater Fabriken und Baustellen besucht. Ein Kim kann einen Befehl erteilen, der die Produktion sofort umkrempelt. Dabei ist Widerspruch nicht vorgesehen. Wenn Kim Jung-un zum Beispiel entscheidet, dass die Hauptstadt einen erstklassigen Wasserpark benötigt, wird erstmal die Kraft der gesamten Wirtschaft darauf gerichtet.

Die allherrschende Juche-Philosophie enthält den philosophischen Grundsatz, dass der Mensch Herr über alles ist und alles entscheidet. Diese Auffassung widerspricht grundlegend der Auffassung von Friedrich Engels, der von ‚Beherrschung der Naturgesetze‘ sprach.1 Er sprach aber nicht davon, dass der Mensch Herr über alles ist und alles entscheidet. Diese dialektische Wechselbeziehung zwischen Mensch und Natur wird hier völlig missachtet. In der sozialistischen Sowjetunion gab es darüber eine grundlegende Auseinandersetzung. Es wurde die „Gigantomanie“ bei Projekten kritisiert. Es gab u. a. Bestrebungen, ganze Flüsse umzuleiten.

Stalin schrieb dazu 1952: „Bedeutet das, dass die Menschen damit die Gesetze der Natur, die Gesetze der Wissenschaft aufgehoben, dass sie neue Gesetze der Natur, neue Gesetze der Wissenschaft geschaffen haben? Nein, das bedeutet es nicht. Im Gegenteil. Diese ganze Prozedur wird auf der exakten Grundlage der Gesetze der Natur, der Gesetze der Wissenschaft vollzogen, denn jeder Verstoß gegen die Naturgesetze, auch der kleinste, würde nur dazu führen, dass das Ganze gestört, dass die Prozedur vereitelt, wird“.2

Warum stellt die Juche Ideologie die Grundfrage die Stellung des Menschen in der Welt neu? Dafür besteht überhaupt keine Notwendigkeit, hier die weltanschauliche Grundfrage, also die Grundlinie von Marx und Engels zu verlassen?

Alleinherrscher Kim Jong-un lässt sich von Funktionären, Gesundheitsbeamte und Wissenschaftler für die erfolgreiche „Corona-Politik“ beklatschen. | Bocld: YouTube

Natürlich ist die Rolle des Bewusstseins und wie dieses unter heutige Bedingungen entsteht für den sozialistischen Aufbau entscheidend. Überheblich wird bezüglich der Juche Ideen behauptet: „Anhand des Grundsatzes der marxistischen materialistischen Geschichtsauffassung kann man keine eindeutige Antwort auf die Frage der Revolution nach der Errichtung der sozialistischen Ordnung geben.“3

Weitere Dogmen der Juche-Ideologie lauten „Die Ideen des Führers sind die einheitliche Leitideologie“ und „die einheitliche Führung des Führers über die Revolution und den Aufbau wird durch die revolutionären Streitkräfte zuverlässig gewährleistet und verkörpert.“ Auch hier werden Grundprinzipien des sozialistischen Aufbaus, wie der Demokratische Zentralismus außer Kraft gesetzt: Führerprinzip statt Demokratischer Zentralismus, Militärdiktatur statt Diktatur des Proletariats.
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Die neue Bourgeoisie

Der „Marschall“ lebt zweifelsohne gemütlich, aber nicht nur er genießt materielle Vorteile und Ptrivilegien. „Bei der Ankunft am Flughafen hat man noch ein Beispiel vor sich“ schrieb ein Tourist: „Viele der nordkoreanischen Parteibonzen, die aus dem Ausland kommen, holen ihre Golfschläger vom Gepäckband ab“. Soziale Ungleichheit ist in der DVTRK lange nicht so gravierend wie bei uns im Kapitalismus, und dennoch können die Parteifunktionäre und ihre Familien Auto fahren und Restaurants besuchen, was für die gro0e Mehrheit des Volkes, das in großer Armut lebt, unvorstellbar wäre.

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Kapitalismus für Devisen

Der Tourismus soll Devisen ins Land bringen – wobei der Andrang sich im Vergleich zu den karibischen Stränden in Grenzen hält. Der jüngste Kim hat 2014 ein großes Skihotel eröffnet und träumt von zwei Millionen ausländischer Touristen im Jahr.

Wie in China seit den 90er Jahren gibt es auch sog. Sonderwirtschaftszonen (SWZ), in denen ausländische Unternehmen mit Nord-Koreanischen Arbeitern produzieren können. Die Löhne gehen an den Staat, der einen kleinen Teil an die Kollegen weitergibt. Eine SWZ gibt es in Rason an der Grenze zu Russland, eine andere in Kaesong nahe der demilitarisierten Zone zu Südkorea. Touristen  können die Anlagen in Rason unter einer Bedingung besuchen: keine Fotos der Marken! Verschiedene multinationale Unternehmen würden ungern zugeben, dass ihre Textilien in der DVRK genäht werden. Genauso sendet der Kim-Staat jährlich über 50.000 Arbeitssklaven nach China, Russland und sogar Katar, die dort für einen Minimallohn und in jämmerlichen Behausungen lebend, täglich für die neue Bourgeoisie schuften müssen.

1 Dialektik der Natur, ME-Werke, Band. 20, Seite 453.
2 Ökonomische Problem des Sozialismus in der UdSSR‘, Stalin Werke, Band 15, Seite 295).“
3 Rede von Kim Jong IL vor verantwortlichen Funktionären, Seite 6

Erstveröffentlichung am 14.08.2022 auf »Der Weg zur Partei«.
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(Unter gleichen Bedingungen: Unkommerziell, Nennung der verlinkten Quelle (»Der Weg zur Partei«) mit Erscheinungsdatum).

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3 Kommentare

  1. Ich bekam vor Jahren ein Buch aus der DVRK, mit dem Titel „Kurze Geschichte der revolutionären Tätigkeit des Genossen Kim Il Sun“[*], ein offizielles Dokument der Partei der Arbeit Koreas, in die Hände.

    Die ersten Seiten ging es darum, dass dieser oder jene Vorfahren Kims bereits große Revolutionäre waren. Ich war mit positiven Erwartungen an die Lektüre herangegangen; ich war deshalb nur etwas amüsiert und irritiert über die eigenartige Art der Verehrung – mehr erstmal nicht.

    Dann aber kam der springende Punkt: Da wurde geschrieben, in Korea seien schon lange die objektiven Bedingungen zur proletarischen Revolution reif gewesen, nicht aber die subjektiven. Nun ja, dachte ich mir, das wird ja stimmen. Aber dann definierten die Autoren, was unter den subjektiven Bedingungen zu verstehen sei: Sie behaupteten, mit der Geburt Kim Il Suns seien auch die subjektiven Bedingen reif geworden. Ich rieb mir die Augen.

    Bisher hatte ich unter objektiven Bedingungen immer die Gesellschaftsordnung – hier staatsmonopolistischer Kapitalismus – mit denen typischen Widersprüchen verstanden: Gesellschaftliche Produktion vs. private Aneignung, mit dem antagonistischen Klassenwiderspruch Bourgeoisie und Proletariat.

    Subjektive Bedingungen definierte Marx mit dem Satz: „Die Idee wird zur materiellen Gewalt, wenn sie die Massen ergreift.“ Also der Grad des Klassenbewusstseins und die Organisiertheit des Proletariats.

    Wenn das geschehen ist, sind die subjektiven Bedingungen zur Revolution da und nicht, wenn ein Säugling, eine Art Messias, aus dem später ein mehr oder weniger wichtiger Mann wird, in einer Wiege liegt.

    Ich mag das nicht Vulgarisierung des Marxismus-Bolschewismus nennen, es ist schlichtweg eine Verfälschung. Soweit dazu.

    Kim Il Sun aber war unbestritten der Führer des Befreiungskampfes in Korea, er führte sein Land im Koreakrieg gegen die US-imperialistische Aggression – allerdings mit Hilfe von 100000 Freiwilligen aus der Sowjetunion und VR-China.

    Das machte ihn zum Führer seiner Partei und seines Landes. Seine Theorien sind aber trotzdem eher zweifelhaft.

    Korea war bis zum Ende des 2. Weltkrieges japanische Kolonie. Die japanischen Imperialisten raubten das Land gnadenlos aus – die Masse der Bevölkerung aber machten sie zu Sklaven – zu Arbeitssklaven für die Industrie oder bei Frauen, die sie dazu geeignet hielten, zu Sexsklaven in Bordellen der japanischen Armee.

    Der größte Teil der Koreaner waren Analphabeten. Eines der ersten Maßnahmen der DVRK war die Einführung des Bildungssystems für alle und die Alphabetisierung der Volksmassen Koreas.

    Nach dem Sieg über Japan wurde Korea unabhängig, es entstand die DVRK. Die US-Imperialisten sahen aber in der koreanischen Halbinsel einen wichtigen strategischen Punkt gegen die sozialistische UdSSR. Ab 1950 wütete der Koreakrieg, wobei die Luftwaffe der USA systematisch die Industrie der DVRK zerstörte. Als der Koreakrieg 1953 endete, waren drei Millionen Leben unter der Zivilbevölkerung zu beklagen. Die US-AirForce warf 450000 Tonnen Bomben auf Industrieanlagen, Städte und Dörfer der DVRK ab.

    An der Spitze der Partei und Staatsführung stand Kim Il Sun, er war unbestritten der Führer des Kampfes gegen den US-Imperialismus. Das war sein Verdienst.

    Wie aber ist es mit Kim Jong il bzw. seinen Sohn Kin Jong Un? Sie sind der Sohn und der Enkel von Kim Il Sun. Welche Revolution bzw. Befreiungskampf hat Kim Jong Il siegreich geführt? Welche wichtige Schlacht gewonnen? Mir ist nichts bekannt, warum er zum „geliebten Führer“ wurde – außer eben der Tatsache, dass er der Sohn des großen Führers Kim Il Sun ist.

    Er führte eine Strategie und Taktik gegen den USA-Imperialismus – zugegeben. Das macht in Kurdistan das unterdrückte Volk auch und die lassen sich nicht als den geliebten Führer feiern. Was also macht Kim Jong Il höher als die kurdischen Volksmassen? Dass Kim Jong Il Kommunist ist? Dann aber muss er sich an den herausragenden Führern der kommunistischen Weltbewegung messen lassen. Und hier muss ich leider feststellen: Gewogen und zu leicht befunden. Kim Jong Il und Kim Jong Un haben nur einen herausragenden Verdienst: Sie waren der Sohn und der Enkel eines großen Mannes. Das aber zählt bekanntlich für Kommunisten nicht viel. Die Marx-Töchter erhoben nie den Anspruch, auch materialistisch-ideologisch die Nachfolgerschaft ihres Vaters geerbt zu haben. Auch die Kinder Stalins waren keine Generalsekretäre der KPdSU und im deutschen Staat forderte die Tochter Ernst Thälmanns nie, an der Spitze der KPD zu stehen.

    Zwar gab es zur Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert Vater und Sohn Liebknecht an der Spitze der revolutionären Arbeiter- und Bauernweltbewegung, aber das, weil Karl Liebknecht diese Stellung ganz unabhängig von seinem Vater Wilhelm erreicht hatte.

    Der kommunistischen Szene widerspricht es, wenn allein oder vor allem die Abstammung als Kriterium gewertet wird. Das dann auch noch als dem Marxismus-Bolschewismus überlegendem Kriterium zu werten, ist verwegen.

    Ob die Propaganda der Imperialisten stimmt, in DVRK herrsche Hunger, vermag ich nicht einzuschätzen, war noch nie dort. Aber mit was war denn die DVRK dann erpressbar von den Imperialisten? Aus reiner Völkerfreundlichkeit liefern die kein Kilo Nahrungsmittel?

    Fragen über Fragen.

    (*) Kurze Geschichte der revolutionären Tätigkeit des Genossen Kim Il Sen“ Institut für Parteigeschichte beim Zentralkomitee der Partei der Arbeit Koreas:, Pjöngjang: Verlag für fremdsprachige Literatur 1970

  2. Die „Juche“-Ideologie – ein Angriff auf den Marxismus-Leninismus!

    Antikommunismus, Feudalismus, Kapitalismus und Imperialismus überwinden und beseitigen.

    Den fortgesetzten Antikommunismus mit wissenschaftlicher Aufklärung über die gesellschaftliche Wirklichkeit überwinden.

    Marxisten-Leninisten praktizieren keinen dynastischen, Erbschafts- und feudal-religiösen Personenkult. Dogmatismus, Familienmonarchien und Sektierertum sind dem Marxismus wesensfremd. Kommunisten bleiben stets der Aneignung der gesellschaftlichen Wirklichkeit und Aufklärung verpflichtet.

    ►Zweifelsfrei ein Verdienst im Befreiungskampf:

    »An der Spitze der Partei und Staatsführung stand Kim Il Sun, er war unbestritten der Führer des Kampfes gegen den US-Imperialismus. Das war sein Verdienst.
    Wie aber ist es mit Kim Jong il bzw. seinen Sohn Kin Jong Un? Sie sind der Sohn und der Enkel von Kim Il Sun. Welche Revolution bzw. Befreiungskampf hat Kim Jong Il siegreich geführt? Welche wichtige Schlacht gewonnen? Mir ist nichts bekannt, warum er zum „geliebten Führer“ wurde – außer eben der Tatsache, dass er der Sohn des großen Führers Kim Il Sun ist.«◄

    Die Praxis des Paternalismus, der Vormundschaft über das Volk, der tiefenpsychologischen Manipulation und massenwirksamen Infantilität, entspringen einem pseudowissenschaftlichen Verständnis des Sozialismus-Kommunismus. Sie haben nichts mit dem Marxismus-Leninismus gemeinsam.

    PS: Dabei handelt es sich um blanken Antikommunismus. Damit wird die bürgerliche und kapitalfaschistische Herrschaftsideologie der US-Administration über ein Schreckgespenst bedient. Letztlich, die bürgerliche Demagogie über die vorgeblich desaströse sozialistische Gesellschaftsordnung im Massenbewusstsein demagogisch-manipulatorisch verankert.

    17.08.2022, R.S.

  3. Ob die Propaganda der Imperialisten stimmt, in DVRK herrsche Hunger, vermag ich nicht einzuschätzen, war noch nie dort.
    Selbst wenn, glaubst da kriegst was von den tatsächlichen Verhältnissen zu sehen? War schon bei Stalin so. Da wurden Intellektuelle in die Ukraine zur Zeit der Hungersnot, eingeladen und einer sagte, er habe noch nie so gut gegessen. Wie man Propaganda macht, wissen sie auch in Nord Korea.

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