Coronakrise: Auch die Werktätigen in Portugal zahlen die Zeche!

Redaktion – 20. Juni 2020

In unserem Artikel „Massenarbeitslosigkeit, Inflation und umfangreiche Steuererhöhungen“ der am 15. Juni erschienen ist, bezifferten wir rund 7,3 Millionen Kollegen, die in Deutschland von Kurzarbeit betroffen sind. Wie die Lasten aus der sog. Corona-Krise die Kollegen in Portugal treffen können, schilderte Rui Gutschmidt kürzlich in einem Beitrag für die Onlinezeitung Info-Welt.

Er schildert das Portugal die Pandemie, mit Ausnahme vom Großraum Lissabon, größtenteils überstanden hat und das scheinbar langsam wieder die „Normalität zurückkehrt. Dem entgegenstehen Unternehmern die sich die Not der Menschen zu Nutzen machen, um Werktätige zusätzlich auszubeuten und sogar zu erpressen.

Dazu führt Gutschmidt ein Beispiel aus der Gastronomie an und schreibt:

„Das Gastgewerbe in Portugal ist seit eh und je vielseitig vertreten. Traditionell sind Cafés und Restaurants ein Ort des sozialen Lebens. Ob „Tasca“, also Taberne, Café oder Bar, ob Restaurant oder Diskothek, der Portugiese geht beinahe täglich seinen Espresso oder sein Bier trinken, geht in der Mittagspause mit den Kollegen in einem der zahlreichen Cafés oder Restaurants um ein Billigmenü für fünf oder sechs Euro zu oder trifft sich nach Feierabend auf ein Bier mit Freunden. Die Preise sind selbst für Leute mit niedrigen Löhnen, unter 700 Euro, erschwinglich und somit als Teil der kulturellen Identität der Portugiesen erhalten geblieben.

Der Tourismus profitiert ebenfalls davon, da Ausländer mit höherem Lohnniveau als die Portugisen sich im Urlaub vieles leisten können, worauf sie in ihrer Heimat verzichten müssen. (…) Was die niedrigen Preise ermöglicht, sind die geringen Lohnkosten. Oft arbeitet die ganze Familie in ihrem Café, ihrer Kneipe, ihrem Restaurant. Angestellte verdienen selten mehr als den gesetzlichen Mindestlohn von 635 Euro/Monat. Dafür arbeiten sie mehr als die Kollegen in anderen Berufen und ihre Jobs gehören zu den unsichersten Arbeitsplätzen im Land.“

Die Pandemie hat gerade diesen Sektor der portugiesischen Wirtschaft schwer getroffen. Die Regierung auch Hilfsmaßnahmen für die vielen kleinen Unternehmen mit einer Handvoll Angestellter bereitgestellt, wobei die Bürokratie für manche ein Problem darstellt. Denn die Tavernen und Cafés in den Dörfern und kleinen Städten, vor allem im dünner besiedelten Bergland, gehören oft älteren Menschen, die weniger Bildung haben und die sich zwar mit ihrem Geschäft auskennen aber nicht mit den bürokratischen Hürden, die von irgendwelchen Anwaltskanzleien mit ihren Beraterverträgen aufgestellt wurden.

An diesen Menschen, die meistens die humansten Arbeitgeber (nicht selten arbeiten ganze Familien zusammen) sind, gehen die Hilfsmaßnahmen schlichtweg vorbei. Doch nicht nur an diesen Unternehmern und nicht nur der Bürokratie wegen. Keiner weiß so recht, woran er ist. EU, EZB und die einzelnen Staaten, Länder, Verwaltungsregionen und Gemeinden pumpen Unsummen in die Wirtschaft und versuchen so den Kreislauf des Geldes wieder in Schwung zu bringen. Doch was kommt am Ende dabei heraus? Was kommt bei den kleinen Leuten an?

Gutschmidt schreibt weiter:

„Die portogiesischen Gastwirte, die ums Überleben kämpfen und bemüht sicherlich sind ihre Angestellten zu halten, haben es in den letzten drei Monaten nicht leicht gehabt. Das aber rechtfertigt nicht die Taten einiger Unternehmern, die sich die Situation zu Nutzen machen. (…)

Beispielsweise das Restaurant bei dem ein Freund von mir bis vor Kurzem arbeitete. Der Laden hat ihn, einem Ausländer, von einem anderem Restaurant abgeworben und statt einem Ruhetag und Mindestlohn, 1½ Ruhetage und gut 150 € mehr geboten. Doch die Unterzeichnung eines Arbeitsvertrags wurde auf die lange Bank geschoben. Dann kam Covid-19 und der bekanannte Ausnahmezustand. Kellner waren nicht mehr nötig und Lay-Off (mit 2/3 vom Lohn nach Hause geschickt, wobei der Staat einen Teil davon übernimmt) ist nur für Leute mit Vertrag. Den hatte der Kollege aber immer noch nicht.

So drückte seine Chefin ihm 300 Euro in die Hand und meinte, er solle sich besser was neues suchen. Dabei wäre das noch nicht mal so falsch. Aber die Lage, mitten im Ausnahmezustand, war (und ist) nicht gerade förderlich für die Jobsuche. Überall wurden prekere Jobs gestrichen. Vor allem Ausländer oder Leute mit Gelegenheitsjobs, Schwarzarbeiter, Rentner mit Nebeneinkünften, wie den Verkauf von Obst und Gemüse aus dem eigenem Garten, und auch dieenigen die auf Flohmärkten Geschäfte machen, verloren von einem Tag auf den anderen ihr Einkommen ganz oder teilweise.“
Nach der Wiedereröffnung des Restaurants vor einigen Tagen, wurde mein Freund wieder eingestellt – nur ohne Ruhetag und für einen Lohn von weniger als 400 € im Monat. Da er, wie wir alle, auf ein Einkommen angewiesen ist, hat er den Job unter den Bedingungen angenommen und pocht nicht auf sein Recht. (…).

Die weitverbreitete Unwissenheit, insbesondere unter den ausländischen Arbeitnehmern, ist ebenfalls ein Schwachpunkt im System, den sich skrupellose Unternehmer zu nutzen machen. Viele kennen ihre Rechte nicht und die ausländischen Kollegen wissen oft nicht, dass ihre Anträge auf Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigung im Zuge der Coronakrise automatisch angenommen wurden. Da die zuständigen Behörden aber meist überfordert sind und die Aufenthaltsbescheinigungen nur schleppend verschickten, sind Brasilianer, Angolaner, Ukrainer, Moldaven, Chinesen, Inder und all die anderen Kollegen verunsichert und so das letzte Rad im Getriebe der kapitalistischen Ausbeutungsmaschenerie.“

„Ich habe Angst! Angst um meine Zukunft, um die Zukunft meiner Freunde, meiner Familie…“ Diejenigen, die sich der Angst und Unsicherheit anderer bedienen, um Menschen zu unterdrücken und auszubeuten, haben ihre Menschlichkeit vergessen, ihre Seele verkauft, haben keine Moral! Aber sie werden eines Tages dafür bestraft. Nichts bleibt ohne Konsequenzen!“ schreibt, Rui Gutschmidt zuletzt. Und das soll uns auch anspornen gemeinsam und konsequent für unsere Rechte ein zu treten egal an welchem Ort dieser Erde wir unsere Arbeitskraft verkaufen müssen. Letztlich gibt es keine Unterschieden zwischen einem Kellner in Portugal, München, Rio oder Liverpool. Wir gehören alle zur gleichen Klasse und haben die gleichen Interessen!
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Massenarbeitslosigkeit, Inflation und umfangreiche Steuererhöhungen

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