Jana aus Kassel – ein Mädel wie Du und ich?

Volkskorrespondent Nico Diener – 23. November 2020

Wenn es nicht so lächerlich wäre, könnte man es zu den Akten legen. Aber weil immer wieder von verschiedenen Seiten behauptet wird, das die Querdenker-Demonstranten zum allergrößten Teil besorgte Bürger wären und rechte Organisationen eine Nebenrolle spielen, ist es angebracht, den abstoßenden Vorfall in Hannover näher zu betrachten.

Am Samstag bei der Querdenker-Kundgebung „Hannover steht auf“ verglich sich eine Rednerin mit der Widerstandskämpferin Sophie Scholl.

Ein Ordner hatte die Faxen dicke und sagte: „Für so einen Schwachsinn mache ich kein Ordner mehr“ und „Du verharmlost hier den Holocaust“. Er gab unter Protest seine Warnweste zurück und Polizei begleitete ihn von der Bühne. Daraufhin hatte auch die Rednerin, die sich mit Jana aus Kassel vorstellt, die Faxen dicke und stampfte weinend von der Bühne.

Schaut Euch erst einmal den Klamauk an, bevor ich Euch von meinen weiteren Recherchen berichte.

Sophie Scholl gehörte zum inneren Kreis der Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ gegen die Diktatur der Nationalsozialisten. Gemeinsam mit ihrem Bruder Hans und Dutzenden Unterstützerinnen und Unterstützern trat sie der Nazi-Unrechtsherrschaft mutig unter Einsatz ihres Lebens entgegen, unter anderem durch das Verfassen und Verteilen von Flugblättern in München und anderen Großstädten in den Jahren 1942 und 1943. Sie wurde im Februar 1943 von den Nazi-Faschisten hingerichtet.

Ein Mädel aus Kassel, blond, besorgt und engagiert?

Nein, denn die Dame trat schon auf mehren Veranstaltungen als Rednerin „aus dem Volk“ auf. Das Bild rechts zeigt sie auf einer Querdenker-Kundgebung am 5. Sept. in Kassel. Auffallend ist das T-Shirt, das sie trägt. Beim näheren Hinsehen erkennt man das Motiv des rechtsextremen Bloggers Heiko Schrang. Dieser rechtsextreme Autor, Verleger, Publizist, Webvideoproduzent und ehemaliger Immobilienhändler organisierte schon 2014 die sogenannten Mahnwachen für den Frieden, bei denen es laut Kritikern antiamerikanische, antisemitische, rechtsextreme und verschwörungs- ideologische Tendenzen gibt. Im selben Jahr startete er den YouTube-Kanal SchrangTV.

Die Hintergründe der Kombination aus Rechtsextremismus und Esoterik erläutert ein Beitrag von Mio Liebentritt im Deutschland Funk aus dem August 2019, den ich Euch zum Studium empfehlen möchte.

Rechtsesotheriker Heiko Schrang (rechts) und sein Werbepartner, der Sänger Xavier Naidoo.
Bedeutung des Symbols: Punkt mit Kreis – auch Sonnenzeichen genannt. Es steht für das Göttliche und für die Seelenkraft. Das Symbol strahlt aus der Mitte heraus nach außen und ist damit ein kraftvolles Verstärkungszeichen der positiven Energien in alle Richtungen.

Es ist nicht das erste Mal, dass im Umfeld der „Querdenker“-Bewegung die Maßstäbe vollkommen verloren gehen und geht so mancher Corona-Vergleich übelst daneben. Mehrfach schon fielen Corona-Leugner auf, die sich abgewandelte „Judensterne“ mit der Aufschrift „Ungeimpft“ an die Kleidung geheftet und so die Opfer des Holocaust für sich vereinnahmt hatten. Als seien die Maßnahmen zum Infektionsschutz auch nur ansatzweise vergleichbar mit dem größten Zivilisationsbruch in unserer Geschichte.
..Mit dem „Judenstern“ an der Kleidung mussten sich unter dem nationalsozialistischen Regime Menschen kennzeichnen, die nach der NS-Ideologie und -Gesetzgebung als Jüdinnen oder Juden galten – die Markierung erleichterte den NS-Schergen unter anderem die Deportationen der Menschen und den millionenfachen Mord an ihnen.

Geschmacklose Gleichsetzung: Bürger mit „Judenstern“ im Ghetto von Lodz 1941 und Infektionsschutzgegner mit abgewandelter Kennzeichnung mit dem Wort „ungeimpft“ auf einer Demonstrantion in Frankfurt am Main 2020
© Prisma / Picture Alliance, Boris Roessler / DPA. Quelle: YouTube
Bei Corona-Demos werden auch immer wieder Kinder instrumentalisiert (Symbolbild)

In Karlsruhe hat eine Elfjährige verkündet, das sie Angst gehabt hat, dass die Nachbarn ihre geheime Geburtstagsfeier „verpetzen“. Sie habe sich wie das jüdische Mädchen Anne Frank im Hinterhaus gefühlt. Keine Ahnung, wer einer Elfjährigen solch ein Mist eintrichtert.
..Anne Frank, die sich in einem Amsterdamer Hinterhaus versteckt hatte, verstarb schwer erkrankt 1945 im Konzentrationslager Bergen-Belsen.

 

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7 Kommentare

  1. Was mich persönlich am meisten erschüttert, ist die Tatsache, dass unter den Schwubblern auch Akademiker sind. Hier in unserer Kleinstadt, eine mir persönlich bekannte Sozialpädagogin, die früher links war. Gestern sah ich ein Interview mit einer Studentin, AfD-Mitglied, libertär und Waffennärrin. Die dumme Grütze, die diese von sich gab, klang in meinen Ohren zynisch und menschenverachtend. Carolin Matthie nennt sie sich und waram Mittwoch, auch auf der Demo in Berlin.😡

  2. Ich habe vor vierzehn Tagen bei uns versucht, zwei Stunden lang mit Leuten in’s Gespräch zu kommen…
    So die U40- Typen. Mich interessierte, warum da Langhaarige mit dabei sind…
    No Chance… Wie die Zeugen Mitropas… ein krude zusammengemischte Quarkspeise aus Buddhismus, Hinduismus und schlechtem Afghanen…
    Gruselig wird es, wenn man bedenkt, daß diese Figuren- samt den »erlebnisorientierten« Rentnern- nächstes Jahr ohne Begleitung Erwachsener Wahlkabinen betreten darf…
    Als ob das ganze Faschistengesockse nicht schon reicht!
    Interessant sind aus soziologischer Sicht die fließenden Übergänge…

    • Ich tippe auf Dummheit, Ignoranz, Bequemlichkeit und vorauseilenden Gehorsam. Auf der einen Seite, hat man sich nie mit Politik befasst, von Geschichte wollte man auch nichts hören („irgendwann muss ja mal gut sein“), und eigentlich geht es uns, im Vergleich zur Mehrheit der Weltbevölkerung, sehr gut. Man hat es sich im System relativ bequem eingerichtet. Nun fing es nicht nur an zu bröckeln, es kam auch noch eine Pandemie dazu, die uns Einschränkungen auferlegte. Ich denke, da kommt Angst dazu, das zu verlieren, was man hat und durch das fehlende Verständnis für Politik und Geschichte, ist man dann auch offen für die einfachste Lösung. Und die einfachste Lösung ist immer ein Feindbild, in diesem Falle die Regierung (Nicht, dass ich etwas von denen halten würde.) und eine starke Macht, die für uns die Kartoffeln aus dem Feuer holt. Faschisten bieten einfache Lösungen für komplexe Probleme und haben die Gewaltbereitschaft als Vorteil auf ihrer Seite, denn sie übernehmen ja auch noch die Beschützerrolle für diese fehlgeleiteten armen Irren.

  3. Die heilpraktikerszene muss aich reglementiert werden. Diese jana ist heilpraktikerin in Psychotherapie und könnte auch noch als Therapeutin auf kranke Menschen losgelassen werden! Nirgends in Europa sind die Standards so niedrig wie hier, Menschen therapieren und behandeln zu dürfen und das scheint mittlerweile ein Betätigungsfeld für rechte Esoteriker und Quacksalber zu sein. Deutschland muss mal europäische Standards einhalten und therapieberufe und medizinische Tätigkeiten nur professionalisiertrn Personen überlassen. In Deutschland darf anscheinend jeder Depp unkontrolliert Menschen therapieren oder Religionssunterricht anbieten. In manchen Bereichen muss stärker reglementiert werden.

  4. Es ist unfassbar.. Diese Coronaleugner-Demos sind ein Sammelbecken für .. ich würde sagen, Rechtsextreme aller Schattierungen, und Idioten. Es fällt oft auf, dass viele irre Sichtweisen zum Thema Corona und auch Politik dabei sind. Bei manchen denke ich, dass die auch psychisch krank sind. Aber so viele Verrückte habe ich früher noch nie gesehen..Seit aber diese Corona-Seuche da ist, sieht man sie. Jede Menge Irre, die eigentlich einen guten Psychiater bräuchten. Es ist erschreckend, welche Abgründe da sich auftun. Auch gibt es Eltern, die ihre Kinder auf diesen Demos mitschleppen, und sie dafür missbrauchen. Ich bin da einfach erschüttert. Solche Demos gehören wirklich verboten, nicht weil sie demonstrieren, sondern weil sie da ganz offen den Holocaust verharmlosen und leugnen. Das Recht zu demonstrieren, das ist wichtig. Aber es für so etwas zu missbrauchen – nein. Das muss Konsequenzen haben, rasch, klar und schnell.

  5. Danke für diesen Beitrag!
    Ich habe von dieser Leugnerei und Verharmlosung der Corona-Krise langsam die Nase voll.
    Einen Faktor allerdings lässt der ansonsten klasse Beitrag leider außen vor: Dass der Zulauf vielfach nicht mal zwingend rechts motiviert ist, sondern vielfach auch aus Frust erfolgt.
    So bei einem Freund von mir, der infolge der Corona-Krise seinen Job verloren hatte und wieder ins ALG II fiel (nachdem er vorher froh war, aus dem ALG II heraus gekommen zu sein). Dinge wie Hautfarbe spielen für ihn keine Rolle, doch Sorgen mache ich (und nicht nur ich) mir um ihn dennoch. Er leugnet den Ernst zwar nicht, neigt aber (durch den Einfluss der „Berufs“schwurbler) zum Verharmlosen. Da er durch Erkrankungen (u.a. Diabetes) zur Risikogruppe gehört, findet er so schnell auch keinen neuen Job. Bekäme er nicht durch u.a. mich entsprechend Aufklärung, würde er in seinem Frust über die Politik wohl komplett abdriften. Zumal er auch, wenn er Geschwurbel teilt, entsprechend Kontra bekommt, im Stil von „Diese Berufsschwurbler wie der Schrang, der „Ex“-Neonazi Jahn und dergleichen sollten es mal mit richtiger Arbeit versuchen, statt durch YT einen recht angenehmen Lebensstandard zu genießen, zu dem du beiträgst, indem du diesem Völkchen auch noch eine Plattform gibst…“.
    Klar, er fühlt sich machtlos, wie viele andere auch. Das kann ich verstehen. Daher versuche ich ihn dazu zu animieren, dass er wieder mehr auf seine Gesundheit achtet und auch mehr Bewegung in seinen Alltag integriert (z.B. Radfahren) – Denn das ist etwas, worüber er selbst noch immer die Macht hat und (durch sein ursprüngliches Ziel abzunehmen) auch mit der Zeit Erfolgserlebnisse bemerken kann. Er fragt schon nach Rezepten, das ist ein Fortschritt 🙂
    Aber wir kommen nicht darum herum, dass der Staat bzw. die Politik hieran auch eine Mitschuld trägt. Denn es wurde versäumt, durch die Krise gebeutelte Leute aufzufangen (außer bei Großkonzernen!), was es v.a. den rechten (und treibenden) Kräften innerhalb der Querdenker-Szene leicht macht, Zulauf zu bekommen.
    Ich hätte da so ’ne Idee, aber dafür müssten Politik und Staat ordentlich Geld in die Hand nehmen:
    Zweiter Arbeitsmarkt, bei kommunalen Betrieben, für ein Jahr (bei kranken Menschen mit optionaler Verlängerung) und bei guten Leistungen eine Übernahme zum TVöD. Da gäbe es viele Bereiche, gerade auch für Arbeiten im Freien (wo die Infektionsgefahr geringer ist als in geschlossenen Räumen). Es wäre eine Chance, wieder auf die Beine zu kommen – Und auch, um den Rechten den politischen Nährboden zu entziehen.

  6. Bevor Sophie Scholl in den Widerstand ging, war sie überzeugte Nationalsozialistin, ja sogar Aktivistin. Sie trat 1934 in den Bund deutscher Mädel ein und wurde dort Scharführerin. In den Widerstand ging sie 1943, von früheren Widerstandsaktivitäten ist nichts bekannt. So ungefähr ab dem Jahr 1938, ein Jahr nach ihrer ersten Verhaftung durch die Gestapo, wurden ihr die ersten Widersprüche im dritten Reich bewusst.

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