Genosse Gökhan Güneş in der Türkei entführt!

Eral Eren* für RoterMorgen – 25. Februar 2021

Die türkische Polizei hat den Elektriker, den Genossen Gökhan Güneş am 20. Januar in Istanbul entführt! Der Arbeiter und sozialistische Aktivist verhaftet und ist seitdem verschwunden. Seine Familie berichtet von Bedrohungen durch die Polizei und spricht von einer politisch motivierten Entführung.

Als der Genosse Gökhan am 20. Januar in Istanbul vor seiner Arbeitsstelle aus dem Bus stieg, umzingelten ihn vier bis fünf Personen und zwangen ihn, in ein Auto einzusteigen. Diese Szenen wurden durch Videos einer Überwachungskamera festgehalten. Seitdem fehlt von em Arbeiter jede Spur.

Genosse Gökhan Güneş, Archivbild

Die Familie und die Anwälte von Gökhan Güneş beantragten bei der Staatsanwaltschaft und bei der Polizei in Istanbul, Auskunft über seinen Aufenthaltsort, seinen Gesundheitszustand und die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zu bekommen, aber sie bekamen keine Antwort. Die Familie und die Anwälte wurden ohne jegliche Auskunft oder Begründung weggeschickt. Die Polizei weigerte sich zudem, irgendwelche Maßnahmen zu ergreifen, um den Aufenthaltsort von Gökhan Güneş herauszufinden.

Als die Videos von seiner Entführung veröffentlicht wurden, rief der Gendarmerie-Geheimdienst den Onkel von Gökhan Güneş an, um ihn zu fragen, ob Gökhan Güneş bei ihm sei, um den Eindruck zu erwecken, dass er nicht bei der Polizei und frei sei. Die Familie hält dies für einen billigen Trick der staatlichen Behörden.

Gökhans Schwester, Nurhayat, betont in diesem Zusammenhang, dass die Polizei bereits schon einmal versucht habee, ihren Bruder zu entführen: „Vor zwei Jahren wurde er verhaftet und wir wurden erst einen Tag später darüber informiert. Es gab bereits Bedrohungen, Belästigungen und er wurde verfolgt. Man hat bereits vorher versucht, ihn zu entführen“, erklärte sie ebenfalls.

Gökhan ist Mitglied der „Sozialistischen Partei der Unterdrückten“ (ESP), deren Mitglieder in den vergangenen Monaten Ziel zahlreicher Hausdurchsuchungen und Festnahmen geworden ist. In der Nacht vom 13. auf den 14. Januar begann – hauptsächlich in den drei Städten Istanbul, Izmir und Diyarbakir – eine groß angelegte Polizeioperation gegen mehrere sozialistische Organisationen in der Türkei. Betroffen sind die „Sozialistische Partei der Unterdrückten“ (ESP), die „Sozialistische Föderation der Jugendvereine“ (SGDF), sowie Kulturvereine, die Nachrichtenagentur ETHA (Etkin Haber Ajansı) und die Zeitung Atılım.

Sami Elvan ist der Onkel von Gökhan und in der Öffentlichkeit bekannt, weil er immer noch für Gerechtigkeit für seinen ermordeten Sohn Berkin Elvan kämpft. Der 14-Jährige war 2013 während des Gezi-Aufstands durch eine von der Polizei abgefeuerte Gaskartusche schwer verletzt worden und starb nach monatelangem Koma. Sami macht den türkischen Innenminister für die Entführung verantwortlich.

Gökhans Schwester ergänzte: „Er hatte bereits vorher politische Akten. Dies ist eine Politik der Unterdrückung, sie wollen uns einschüchtern.“ Sie erinnerte damit daran, dass ihr anderer Bruder, Sinan, am 29. April 2020 in Kars bei einem Luftangriff der türkischen Armee ermordet wurde. Sinan war Mitglied der „Bewaffneten Kräfte der Armen und Unterdrückten“ (FESK) der Marxistischen Leninistischen Kommunistischen Partei Türkei/Kurdistan (MLKP).
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Aktuell:

Soeben hat die Redaktion erfahren das am vergangenen Sonnabend in Istanbul zwölf Personen bei einer Kundgebung für Gökhan Güneş festgenommen worden, darunter auch mehrere seiner Angehörigen.

In Istanbul sind zwölf Personen festgenommen worden, die bei einer Kundgebung nach dem Verbleib von Gökhan Güneş gefragt haben. Der linke Aktivist wurde am vergangenen Mittwoch auf offener Straße verschleppt, doch die Polizei bleibt weiter untätig. Die Familie des 27-Jährigen sieht sich deshalb in ihrer Annahme bestätigt, dass Angehörige des Sicherheitsap-parats hinter der Entführung stecken.
Die von den Angehörigen Gökhan Güneşs und einem Freundeskreis organisierte Kundgebung begann vor dem alevitischen Cemhaus im Istanbuler Bezirk Ikitelli. Von dort zog die Gruppe zur nahegelegenen Polizeiwache Şehit Zeki Kaya, immer wieder wurde lautstark gerufen: „Wo ist Gökhan Güneş?“ Vor dem Revier gab Nurhayat Güneş, eine Schwester des vermissten Aktivisten, eine Stellungnahme ab. Güneş erklärte, dass die Sicherheitsbehörden auch drei Tage nach der Entführung ihres Bruders ein „deutliches Desinteresse” an der Aufklärung an den Tag legten. Außer einem Anruf bei ihrem in der knapp 800 Kilometer von Istanbul entfernten Stadt Tokat lebenden Onkel, der von der Militärpolizei mit der Frage erfolgt sei, ob Gökhan sich möglicherweise dort aufhalte, wurde kein einziger Schritt von den Behörden für das Wiederauffinden des Vermissten unternommen.

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Wir fordern:

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Freiheit für alle politisch Gefangenen!

Die sofortige Freilassung von Gökhan Güneş, seinen Familienangehörigen und Mitstreiter/innen!

Macht keinen Urlaub in der faschistischen Türkei!

Hoch die internationale Solidarität!

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* = Unsere Unterstützer/innen und Informanten aus der faschistischen Türkei müssen täglich mit Repressalien, Haft und Folter rechnen, wenn sie kritisch über die aktuellen Zustände in ihrem Land informieren. Aus diesem Grunde nennen wir stellvertretend statt ihre Namen den Namen unseres Genossen Erdal Eren der am 13. Dez. 1980, im Alter von 17 Jahren von der türkischen Militärjunta ermordet wurde. Wir werden Erdal nie vergessen und kämpfen in seinem Sinne weiter!

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