Für ein würdevolles Gedenken an Halim Dener!

Heinz Ahlreip – 19. Juni 2022

Heinz Ahlreip

Vor 28 Jahren wurde Halim Dener von einem deutschen Polizisten in Hannover hinterrücks in den Rücken geschossen. Die gesellschaftlichen und politischen Fragen von Krieg, Flucht, staatlicher Repression und Polizeigewalt, die zum Tod des 16-jährigen Kurden geführt haben, sind nach wie vor ungelöst.
Auch darum gedenken wir Halim und fordern eine Aufhebung des PKK-Verbots sowie einen würdevollen Umgang mit dem Gedenken an ihn.

Kommt zur Gedenk-Demonstration:

Zur Einnerung
In der Nacht vom 30. Juni 1994 wird der kurdische Jugendliche Halim Dener von einem deutschen Polizisten in Hannover erschossen. Halim war als minderjähriger, unbegleiteter Flüchtling vor dem Krieg in Kurdistan geflüchtet – er selbst war von der türkischen Polizei inhaftiert und gefoltert worden, sein Dorf wurde vom Militär zerstört. In der BRD wurde Anfang der 90er Jahre eine regelrechte rassistische Hetze gegen Migrant*innen betrieben. 1993 war das Grundrecht auf Asyl faktisch abgeschafft, das PKK-Verbot erlassen worden. Indem Halim ein Plakat für eine PKK-nahe Organisation klebte, beging er in den Augen des Staates quasi einen terroristischen Akt. Die Umstände des Todes konnten aufgrund des Handelns von Polizei und Justiz nie aufgeklärt werden; der Polizist, der geschossen hatte, wurde freigesprochen. Der damalige Oberbürgermeister Schmalstieg kommentierte auf einer Podiumsdiskussion seinen ersten Satz: Man müsse auch Verständnis für den deutschen Polizisten haben.
Fest steht: Halim starb nach Folter, Flucht und Verbot im Alter von 16 Jahren durch eine deutsche Polizeikugel.
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Lest dazu bitte auch:
Halim Dener – Gefoltert. Geflüchtet. Verboten. Erschossen

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Halim Dener
Broschur, 200×200 mm
226 Seiten, 10,00 Euro
ISBN 3-9809970-0-6
Neuerscheinung Juli 2020
Verlag Gegen den Strom.
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Nachtrag:

Rede von Heinz Ahlreip zum 28. Jahrestag der Ermordung Halim Deners in Hannover

War Halim Dener den Todesschwadronen in der Türkei entkommen, rechnete er nicht mit dem Hass deutscher Beamter, denen er nicht entkam. Halim Dener starb in der Nacht auf den 1. Juli 1994, in den Rücken geschossen von einem SEK Beamten in Zivil.

Erschossen.

Er wollte mit Plakaten gegen das Verbot der PKK protestieren. Durch das Verbot wurde eine allenfalls Ordnungswidrigkeit zu einem quasi “terroristischen“ Delikt.

Verboten. Er war aus der Türkei geflüchtet als unbegleiteter Minderjähriger.

Geflüchtet. Dort war er wie so viele von der Polizei verhaftet und gefoltert worden.

Gefoltert. Gefoltert – geflüchtet – verboten – erschossen.

Unter dieser Losung bildete eine Demonstration 2014 in Gedenken an Halim Dener und alle anderen durch Polizeigewalt Umgekommenen den Auftakt für die Kampagne für ein würdiges Gedenken an Halim Dener.

Von Anfang an hatte die Kampagne offensiv auf gut kalkulierten zivilen Ungehorsam gesetzt und versucht, die Stadt in eine politische Auseinandersetzung um ein Gedenken an Halim Dener zu zwingen – einem Ort des Gedenkens an Halim Dener einen prominenten Platz zu geben.

In Gedenken an den 1994 erschossenen Kurden Halim Dener zog ein Protestzug durch die Innenstadt von Hannover. | >Archivbild<

Im Folgenden ließ die Staatsschutzabteilung nichts unversucht, um zu einer Kriminalisierung der Kampagne Halim Dener zu kommen. Das bedeutete: es gab Verfahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz, es gab Verfahren wegen des Verstoßes gegen das Vereinsgesetz, es gab den Versuch der Anklage wegen Unterstützung der PKK mit einer tatsächlich komischen und erheiternden Justizposse. Es gab die Observation des UJZ Korn ohne richterlichen Beschluss, es gab eine Razzia und sogar Luftballons wurden verfolgt – als angebliche Symbole terroristischer Vereinigungen.

Beeindrucken ließ sich niemand davon, im Gegenteil: Die Solidarität wuchs stetig. Ein Wandbild entstand, öffentliche Diskussionsveranstaltungen wurden gemacht, T-Shirts wurden gefertigt, eine Initiative für einen Halim-Dener-Platz entstand, jedes Jahr gab es nun Kundgebungen, Demonstrationen und Aktionen, ein Gedenkstein wurde verlegt, eine Plakette angebracht, ein Buch wurde herausgegeben.

Der Zusammenhalt der deutschen Linken und der kurdischen Bewegung konnte nicht mehr zerstört werden. Mittlerweile kannten wir uns gut.

Gerade auch der Verlauf der Repression in Hannover aber zeigt, dass die Jurisdiktion wie die Exekutive kein Vorwurf zu absurd erscheint, wenn es nur gegen diesen Zusammenhalt geht. Er zeigt aber auch, wie Solidarität organisiert werden kann – auf verschiedenen Ebenen – und wie sie erfolgreich sein kann.

Dich wir müssen weiterhin davon ausgehen, dass die Verfolgungsbehörden, geht es gegen Linke – ob Migranten oder deutsche – ihrer alten Richtung treu bleiben werden: legal – illegal – scheißegal, und alles versuchen werden, was ihnen gerade so einfällt, um die “linksradikalen Umtriebe“ zu stören.

Das vor allem, wenn es um beide zusammen geht, denn “eine Zusammenarbeit von linken Migranten und Deutschen ist der Alptraum der Sicherheitsbehörden“ – so sinngemäß – formulierte ein hoher Polizist das mal.

Nun lasst uns denn gemeinsam zum Alptraum dieser Behörden werden.

Für einen Ort des individuellen Gedenkens an Halim Dener.
Für eine umfassende Aufklärung aller Fälle von Polizeigewalt.
Für die Aufhebung des Verbots der PKK.
Für die Freiheit von Abdullah Öcalan und alle anderen politischen Gefangenen.
Für den Kampf gegen Waffenlieferungen und für den Kampf gegen die Rüstungsindustrie: Rheinmetall entwaffnen!
Für Bleiberecht für Alle.
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HOCH DIE INTERNATIONALE SOLIDARITÄT!
(Rote Hilfe Hannover, 29.6.2022)


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