EU: Auseinandersetzungen um grüne Energie

 PERSPEKTIVE online – 2. Januar 2022

Machtkampf um den europäischen Energiesektor

Weil Deutschland 2011 beschlossen hat, aus der Atomenergie auszusteigen und parallel auch die Kohleenergie zurückfährt, bleiben – zumindest für eine Übergangszeit – vor allem Gaskraftwerke als Alternative. Bei der Stromerzeugung aus Gas fällt deutlich weniger CO2 an als bei der Kohleenergie. Deshalb hat Deutschland sich unter der vorherigen Bundesregierung dafür eingesetzt, die Gasenergie übergangsweise als „grün“ zu labeln – und damit Investionen in Gaskraftwerke anzuregen. Frankreich ist dagegen daran interessiert, dass zukünftige Investitionen in die Atomenergie als nachhaltig eingestuft werden.

Deutschland wiederum ist strikt gegen die Etikettierung der Atomenergie als „nachhaltig“. Der Grund hierfür dürfte vor allem sein, dass hierdurch die Rolle von Frankreichs Energieindustrie bei der europäischen Stromproduktion weiter gestärkt wird. Frankreich ist heute auch für Deutschland der wichtigste Stromlieferant, während die jährlichen Strom-Exportüberschüsse von Deutschland mit dem sinkenden Anteil von Kohle- und Kernenergie immer weiter zurückgehen.

Das heißt: Über das Jahr gerechnet kann Deutschland zwar Strom-Überschüsse in seine Nachbarländer exportieren, weil es mit Sonne und Wind an bestimmten Tagen viel mehr Energie produziert, als es selbst verbraucht. An Tagen ohne Sonne und Wind muss es jedoch Atomstrom aus Frankreich importieren, um die Stromversorgung aufrechtzuerhalten.

Der technologische Ausweg aus dieser Lage dürfte aus deutscher Sicht vor allem in der Produktion von Wasserstoff aus Stromüberschüssen liegen. Dieser kann dann wiederum für die Stromproduktion genutzt werden, also als chemischer Speicher für Energie dienen. Über die Frage, ob auch Wasserstoff in der EU als „grün“ verkauft werden darf, wenn er aus Atomenergieüberschüssen erzeugt wurde, tobte bereits im letzten Jahr eine heftige Auseinandersetzung zwischen Deutschland und Frankreich.
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Verhandlungen gehen weiter

Das deutsch-französische Geschacher um die europäische Energie der Zukunft ist durch den neuen Vorschlag der EU-Kommission nicht beigelegt. Der deutsche Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) kritisierte den Plan der EU-Kommission unmittelbar nach dessen Bekanntwerden heftig: „Ausgerechnet Atomenergie als nachhaltig zu etikettieren, ist bei dieser Hochrisikotechnologie falsch.“

Eine Zustimmung der Bundesregierung zu den Vorschlägen der EU-Kommission sehe er nicht. Seine Kritik der geplanten Aufnahme von fossilem Gas in die Taxonomie fiel deutlich zurückhaltender aus und dürfte vor allem an die eigene Wählerschaft gerichtet sein: „Immerhin macht die EU-Kommission hier aber sehr klar, dass Gas aus fossilen Brennstoffen nur ein Übergang ist und es durch grünen Wasserstoff ersetzt werden muss.“

Österreich wiederum drohte bereits mit einer Klage, sollten die beiden Energiequellen Atom und Gas in die Taxonomie der EU aufgenommen werden. Die Auseinandersetzungen über den europöischen Energiesektor dürften also noch einige Zeit weitergehen.
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Erstveröffentlichung am 2. Januar 2022 auf »perspektive«. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers. Bilder und Bilduntertexte wurden ganz oder zum Teil von der Redaktion »RoterMorgen« hinzugefügt.

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1 Kommentar

  1. Atomenergie vernichtet die globale Gesundheit.

    Von Reinhold Schramm

    »Mehr europäische Atomkraftwerke täten dem Klima gut – wenn sie denn wirklich kämen. Europas Grüne sind entsetzt über die EU-Kommission, die auch Atomkraftwerke als nachhaltige Investitionen zulassen will. Statt nostalgische Schlachten zu schlagen, würden die Grünen besser die Prioritäten für den Klimaschutz richtig setzen.«

    Vgl. Neue Zürcher Zeitung *

    Info-Kommentar

    Atomenergie und Radioaktivität vernichtet das natürliche Klima.

    Es gibt weltweit keine sicheren Atomkraftwerke und damit auch keine sichere Atomenergie für das Klima und für die globale Gesundheit der Menschheit.

    ►Die demagogischen Befürworter und Profiteure der Atomenergie lenken in ihrer grenzenlosen Verantwortungslosigkeit doch nur davon ab, von den tödlichen Folgen für die ganze Menschheit, Tierwelt, Pflanzenwelt: Umwelt und Natur.

    Wenn die fortgesetzte Anwendung der Atomenergie und die damit freigesetzte Radioaktivität die Menschheit schädigt und teils vernichtet, dann braucht es auch keine Besorgnis mehr um das Klima.

    Entgegen allen Behauptungen der Lobbyisten und Aktionäre der Konzerne der Atomenergie, es gibt weltweit keine Lösung für die dauerhafte Entsorgung der nuklear-radioaktiven Abfälle. Keine Entsorgung in den Vereinigten Staaten von Amerika, nicht in Frankreich und auch nicht in Großbritannien, nicht in Russland und nicht in China und auch weiterhin nicht in Japan, Pakistan, Korea, Israel, Südafrika. Eben, weltweit keine Sicherheit vor den drohenden und unausweichlichen Folgen für die jeweilige Bevölkerung und darüber hinaus für Umwelt und Natur.

    »Im April 1986 ereignete sich im Atomkraftwerk Tschernobyl der bisher größte und folgenschwerste Unfall in der Geschichte der sogenannten friedlichen Nutzung der Atomenergie. In den Wochen danach ließ der Staat die Bevölkerung im Stich. Fehlinformationen, Leugnung von Gesundheitsgefahren und unzureichende Handlungsempfehlungen durch die Behörden waren an der Tagesordnung.« –
    Siehe: Atomenergie und Radioaktivität | Umweltinstitut München

    * Vgl. https://www.nzz.ch/meinung/eu-taxonomie-mehr-atomkraftwerke-taeten-dem-klima-gut-ld.1662942

    04.01.2022, R.S.

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