Wolfgang Geisler – Redaktion RoterMorgen – 1. März 2023
Berlin erlebte am vergangenen Sonnabend eine eindrucksvolle Massenkundgebung gegen den Krieg um die Ukraine und für einen sofortigen Waffenstillstandund und die Aufnahme von Friedensverhandlungen. Die gelungene Kundgebung unter dem Motto „Aufstand für Frieden“ ist ein großer Erfolg für die deutsche Friedensbewegung, denn sie stellte sich auf keine Seite der beiden kriegsführenden imperialistischen Staaten, ihren Hintermännern und Machtblöcken. Auch die Kriegspolitik der Bundesregierung wurde in den Reden und mit Plakaten und Spruchbändern massiv entlarvt und verurteilt.
Indess posaunt die rechte Hetze aus alles Rohren. Sogar das sonst eher fortschrittliche Satiremagazin „Der Irrsinn der Woche“ mit Christian Ehring verdrehte die Tatsachen und zog das Anliegen der Friedenskämpfer ins Lächerliche.
Die politischen Aussagen von der Bühne, als auch die der Teilnehmenden, war sehr gleichlautend. Zudem zeigen mehrere Kundgebungen am Rande der Großkundgebungen das die Friedensfrage doch heiß umkämpft ist. Ich habe allerdings keine offenen Nazis oder Reichsbürger gesehen. Allerdings überwog eine pazifistische Grundstimmung. Viele selbst gemalte Schilder. Leider nur vereinzelt in Richtung “Imperialismus = Krieg — Sozialismus = Frieden“. Genossen von Perspektive haben sich vor Ort umgehört und berichteten u. a.:
“Für einen sofortigen Waffenstillstand“ – das war die inhaltliche Klammer der allermeisten Demonstrierenden am Samstag auf der Kundgebung „Aufstand für den Frieden“ vor dem Brandenburger Tor. Doch danach hörte es meist schon auf mit den Gemeinsamkeiten.
Während eine Person Verhandlungen durch „Neutrale“ – wie etwa den türkischen Präsidenten Erdogan – forderte, findet eine andere Teilnehmende, dass endlich die „professionellen Diplomaten“ der beteiligten Regierungen ihren Job machen sollten, „wofür sie bezahlt“ würden. Während die einen die Invasion Russlands in der Ukraine als „Verbrechen“ bezeichnen, meinen die anderen, „was hätte Putin denn machen sollen?“. Eine dritte Person findet, der Donbass habe doch auch das „Recht auf Selbstbestimmung“.
Während es eine Teilnehmende nicht schlimm findet, dass die Nazi-Partei „Die Freien Sachsen“ zur Kundgebung aufgerufen haben („wem tun die denn was?“) ist ein anderer Teilnehmer sehr unzufrieden, dass man sich zu wenig gegen Rechts abgegrenzt habe: „Mit Faschisten kann es keinen Kampf gegen den Militarismus geben.“ Er sei dennoch gekommen, da es das erste sichtbare Zeichen gegen die Kriegspolitik sei. Vor allem, da es nun das „Korrektiv“ DDR nicht mehr gebe, brauche es gegen die Regierung Streiks und Aktionen in den Betrieben.
Kurz darauf drängt eine Gruppe von Linkspartei-Anhänger den neurechten Jürgen Elsässer, Herausgeber des faschistischen „Compact“-Magazins, und eine kleine Gruppe seiner Anhänger von der Demonstration ab.
Relativ einig wird aber eine „Hetze“ gegen die Demonstration durch breite Teile der Medien beklagt: Man müsse auch alternative Medien konsumieren und sich ein eigenes Bild machen. Ein Protestierender meint, der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk sei „in den letzten drei Jahren“ immer schlimmer geworden – offenbar meinte er damit die gleichgeschaltete Berichterstattung über den Ukrainekrieg und die Corona-Pandemie. Ein Hinweis, dass neben Friedensfreunden und Umweltschützern auch Teilnehmer der Corona-Proteste zu der Kundgebung gekommen waren.
“Interessengeleiteter strategischer Akteur”
Nicht weniger diffus, aber vor allem bürgerlich sind die Positionen, die von der Bühne schallen: Der ehemalige Militär-Berater von Merkel, Erich Vad, rief in seiner Rede, Europa müsse nun endlich ein „interessengeleiteter strategischer Akteur“ werden. Ganz so, als ob das größte Problem in diesem Krieg sei, dass Europa selbst nicht genug als Großmacht agiere.
Gleich danach spricht Wagenknecht und erklärt, dass man nun auch anfange, „sich zu organisieren“, und seit wann es eigentlich „rechts“ sei, gegen Krieg zu sein? Ansonsten gibt es vor allem viele bekannte rhetorische Aussagen von Wagenknecht, man wolle z.B. die Stimme „so laut erheben, dass sie nicht mehr übergangen werden kann.“
Tatsächlich ist die „Stimme“, die im Zusammenhang mit dieser Demonstration steht, nicht leise. Mittlerweile haben rund 660.000 Menschen das „Manifest für Frieden“ unterschrieben. Zur Demonstration kamen nach Polizeiangaben 13.000 Menschen, die Veranstalter sprachen von 50.000. (…)
Anti-Kriegs-Protest am Rande der Kundgebung
(…) Hinter dem Brandenburger Tor versammeln sich wiederum mehrere sozialistisch orientierte Kräfte. An einem Stand der MLPD heißt es, man habe sich zuerst kritisch der Demonstration anschließen wollen, doch dann habe Wagenkecht „das Tor für die Faschisten geöffnet“, und man habe sich für eine eigene Kundgebung entschieden. Auch Kräfte der “Föderation Klassenkämpferischer Organisationen” (FKO) hatten zu Beginn des Protests mit Flugblättern auf sich aufmerksam gemacht und im Anschluss an die Kundgebung noch eine eigene Aktion abgehalten, bei der viele Passant:innen stehenblieben und lauschten.
Gegen Ende der Kundgebung scheint es den rund 1.400 eingesetzten Beamten doch zu “langweilig” geworden zu sein: Ein leicht angetrunkener Passant beschwert sich, dass er nun schon an der dritten Absperrung abgewiesen werde und einfach nur nach Hause wolle, woraufhin die Polizei ihn laut Aussage einer Passantin schroff zurückweist. Er bewegt sich weg und ruft dabei “Scheiß Nazis”. Nach einem kurzen Nicken des Einsatzführers stürzen sich daraufhin mehrere Polizisten auf ihn und reißen ihn zu Boden. Dort wird ihm ins Gesicht geschlagen … (…)“
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Rache und immer wieder Rache! Keinem vernünftigen Menschen wird es einfallen, Tintenflecken mit Tinte, Ölflecken mit Öl wegwaschen zu wollen. Nur Blut, das soll immer wieder mit Blut ausgewaschen werden.
Bertha von Suttner (1843 – 1914)
Anhang:
Szenen die für sich selber sprechen
Sahra Wagenknecht distanziert sich im Namen der Veranstalter
eindeutig von der Teilnahme rechter Organisationen
und Personen an der Kundgebung (3:20)
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Polizei misshandelt einen angeblich angetrunkenen Passanten
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Anhang
So bereiten Panzer-Kanzler und Bomben-Baerbock die deutsche Gesellschaft auf einen großen Krieg vor
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