Redaktion Betrieb und Gewerkschaft – 3. Mai 2023
Was heute in der Welt geschieht, ist geprägt vom Krieg in der Ukraine, von der enormen Teuerung speziell bei Lebensmitteln, Energie und Mieten – von der kapitalistischen Krise und daraus resultierend von Rationalisierung, Stellenabbau und Entlassungen. Diese Erscheinungen, die für das kapitalistische System charakteristisch sind, bestätigt einmal mehr, dass dieses System den Arbeitern, der Jugend und den Völkern nichts Gutes zu bieten hat. Es ist ein Regime der Ausbeutung der Arbeiter, und des Reichtums für die Bourgeoisie. Es ist ein System, das im Krieg gegen die Völker lebt, um das Paradies zu schützen, in dem sich das Großkapital reproduziert. Und deswegen war es richtig, dass in Deutschland Tausende und weltweit Millionen von Menschen am 1. Mai – unseren roten Kampf- und Feiertag auf die Straße gegangen sind, um den Herrschenden, den Bossen der Banken und Fabriken und ihren Marionetten in den Parlamenten eindeutig zu zeigen, was wir von ihnen halten und was wir wollen!
Die Prügelorgien in Berlin, Zürich, Istanbul u. a. Orten derer, die ihr wahres Gesicht nicht verbergen konnten, beweisen das in dem so hochgepriesenen kapitalistischen System immer noch der Wurm steckt und das nur wir, die ausgebeutete Klasse der Ausbeutung ein Ende machen können.
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Dazu schieb uns der Genosse Heinz Ahlreip:
„In den Naturwissenschaften ist es relativ einfach. Der menschliche Organismus zum Beispiel gibt mit seinen Organen, Zähnen, Knochen die Disziplinen der Humanmedizin vor. Die Politik hingegen ist uns so eingefleischt, dass nicht mehr nach ihrem Gegenstand gefragt wird. Der universitäre bürgerliche Brotgelehrte ernährt sich von dem ökonomischen Ausbeutungsverhältnis von Lohnarbeit und Kapital und von der militant-politischen Unterdrückung der arbeitenden Gesellschaft. Beider Aufhebung würde das Ende seiner beruflichen Karriere bedeuten. Bürgerliche Gelehrte als unproduktive Kopfarbeiter kommen nicht umhin, mit der Armee und Polizei in einer Front zu stehen gegen die produktiven Klassen. Lenin hat völlig Recht, wenn er schreibt, dass diese das Wesen der Sache trüben müssen, um “den Wald durch Bäume zu vertuschen“ (Lenin, Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus, Werke, Band 22, Dietz Verlag Berlin, 1960,219) Lenin geht also von Manipulation aus. Besonders ekelhaft war das bei der 68er Generation zu beobachten, man biederte sich bei den kritischen Studenten links an, um als kritischer Theorie-Gelehrter auf einen Lehrstuhl zur Vertuschung der Dialektik von Lohnarbeit und Kapital zu gelangen. Der bolschewistische Berufsrevolutionär hingegen hungert, weil für ihn alle Menschen gleich sind.“
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Das TV-Programm zum 1. Mai
Es war mal wieder so weit. Der höchste Feiertag des Jahres stand an: Der Kampftag der internationalen Arbeiterklasse. Die Thematisierung der Welt der kapitalistischen Arbeitswelt in dem Medium, das den größten Einfluss auf die Denke der Kollegen und Kollginnen hat, ist in den letzten Jahren systematisch und schleichend zurückgegangen. Den bisher traurigsten Rekord stellte das Jahr 2022 auf: Eine fünfminütige Ansprache des DGB-Vorsitzenden vor der Tagesschau um 19 Uhr 55. Das wars. Und 2023? Das Gleiche: Fünf Minuten für die Diplom-Chemikerin Yasmin Fahimi als DGB-Vorsitzende, in deren Ansprache von Klassenkampf nichts zu spüren war. Was will man von einer Diplom-Chemikerin politisch auch erwarten, die sich 24 (!!) Semester in der Leibniz Universität Hannover herumgetrieben hat. Also fünf Minuten von 24 Stunden zum Tag der Arbeit, das ist ein Verhältnis von 1 : 28 800, auf eine Einheit zur Arbeit, die nach Engels den Menschen erst zum Menschen gemacht hat, die die Substanz des menschlichen Lebens ist, siehe seine Schrift: ‘Der Anteil an der Menschwerdung des Affen‘, kommen 28 800 Einheiten Firlefanz, Abgeschmacktheiten und kulturelle Albernheiten. An christlichen Feiertagen sehen die Verhältnisse anders aus. Was hat eine derart perverse Gesellschaft an die Weltgeschichte noch für Existenzforderungen zu stellen?
Der Mensch ist erst durch die Arbeit zivilisierter, gebildeter Mensch geworden. Die Arbeit, so hatte Hegel geschrieben, ist gehemmte Begierde, aufgehaltenes Verschwinden – oder sie bildet. Sie bildet eben durch relativ stabil bleibende Formierung der Natur nach den Bedürfnissen der Menschen. Durch die Produktion des Knechtes für den Herrn wird das Produkt ein bleibendes, er entwickelt sich, der Herr konsumiert, er stagniert, weil in der Konsumtion der Gegenstand verschwindet. Deshalb beim Knecht die Formulierung: Aufgehaltenes Verschwinden. Das ist auch die Basis für große kulturelle Leistungen. Der Fortschritt, den Hegel hier bringt, besteht darin, dass das Hauptmotiv des Klassenkampfes nicht mehr wie im Feudalismus in der Kategorie des Krieges liegt, sondern in dem der Arbeit. Aber das ist für Barbaren nicht von Interesse.
Wenn man nach dem TV-Programm des 1. Mai 2023 gehen würde, so ist wie für die Stufe der Barbarei üblich, Mord und Totschlag angesagt, enthemmte Begierde, soweit man die Programmregister verfolgt. Es kann kein Zweifel geben, ein Mord- und Totschlagfernsehen der Dekadenz ist es, was sich da vor unseren Augen auftut. Es ist die Unterwelt, die das Programm gestaltet, und dass die für Händearbeit nichts übrig hat, versteht sich von selbst. Es ist mehr als ein Unbehagen an der Kultur, kulturell ist der Kapitalismus bereits erledigt. Er ist hier so mausetot und ein Kadaver, vor dem man sich vor Ekel und Gestank sofort abwenden muss. Doch dieses Jahr traf es sich besonders gut. Statt an das fleißige deutsche Volk zu denken, denken die bürgerlichen Programmgestalter an Prinz Charles, dem das Erste eine Dokumentation von 75 Minuten zugesprochen hatten. Der wird am 6. Mai mit angeblich heiligem Öl zum König gesalbt und gekrönt. Unterwelt trifft hier auf Unterwelt, denn diese Type gehört einem der kriminellsten Familienclans der Welt an, der auf seinen kolonialen Raubzügen Millionen Eingeborene dahingeschlachtet, versklavt, misshandelt und Frauen vergewaltigt hat. In Frankreich vor dem Volk wegen, mitunter zu Recht militanter Protesten gegen die Rentenreform, Muffe gehabt, empfing ihn die imperialistische deutsche Bourgeoisie, die noch grausamer als die englische Bourgeoisie in Südafrika Hereros und Nanas in die Wüste Kalahari trieb und Zehntausende dort verhungern und verdursten ließ, mit `Großen Bundeswehr-Bahnhof‘ in Berlin. Soldaten standen Spalier, die nicht wussten, um wen es sich handelt, die vom Fernsehen verblödet worden waren. Die ganze arbeitende, ehrliche, aufgeklärte und fortschrittliche Menschheit hätte Verständnis dafür gehabt, wenn deutsche Bolschewiken mit Eisenstangen dazwischen gegangen wären.
Marx hatte anlässlich der Pariser Commune festgestellt, dass nach dem Maiblutbad, auch an dieses sollte man sich am 1. Mai erinnern, die französische Bourgeoisie nun die Rolle des Feudalherrn eingenommen habe. Und so auch die deutsche Bourgeoisie im April 2023, als sie den zukünftigen König von England umschmeichelte und hochleben ließ. Mit dem Geld, das für das Wohl Seiner zukünftigen Majestät und der zukünftigen Königin Camilla verprasst wurde, hätte man tausende und abertausende verarmter Schulkinder morgens gesunde Milch verabreichen können. Aber das ist im Kapitalismus nicht angesagt. Was denn dann? 1 % der Bevölkerung verfügen über 81 % aller Vermögenswerte, 99 % über 19 %. Die Staatsverschuldung beläuft sich auf über 2 Billionen Euro, so dass jedes Schulkind bereits 28 000 Euro Schulden auf dem Buckel hat, bevor es in die elende kapitalistische Ausbildungs- und Arbeitswelt eintritt. Es gibt eine Klasse in der bürgerlichen Gesellschaft, hatte der junge Marx 1844 festgestellt, die kein Bestandteil der bürgerlichen Gesellschaft ist, die kein besonderes Recht in Anspruch nimmt, weil kein besonderes Unrecht an ihr begangen wird, sondern das Unrecht schlecht hin. Das ist für proletarische Revolutionäre das Thema des 1. Mai schlechthin, mit Hilfe der dialektischen Methode die ökonomischen Bedingungen herauszufinden, unter denen allein sich die ökonomische Emanzipation der Arbeit vollziehen kann. Dagegen wollen die Revisionisten, die sich philosophisch auf Kant beziehen, der die Dialektik als bloße Logik des Scheins abtat, also für wissenschaftlich nicht verwertbar ausgab, dialektisches Denken abtöten. Was wollen die Revisionisten bezwecken? Dass die 99 % des Volkes, die über kein Eigentum an Produktionsmitteln verfügen vor den anderen 1 % wie das Kaninchen vor der Schlange erstarren. Wir dürfen nicht zulassen, dass die Revisionisten das stolze Schiff der Revolution auf die Sandbank ihrer Seichtigkeit zusteuern. Die Dialektik lehrt, dass die Gegensätze ineinander umschlagen. Es ist aufschlussreich, dass Engels den deutschen Bauernkrieg als Vorbild für eine effektive Revolution in Deutschland hinstellt, ihn höher einstuft als die bürgerliche 48er Revolution, an der er als aktiver Soldat teilgenommen hatte. Die Schlachten des Jahres 1525 waren für ihn die radikalste Tatsache der deutschen Geschichte. In diesem Bauernkrieg hatte sich Luther extrem gegen die Bauern gestellt: “Drum soll hier zuschmeißen, würgen und stechen, heimlich oder öffentlich, wer da kann, und gedenken, dass nichts Giftigeres, Schädlicheres, Teuflischeres sein kann, denn ein aufrührerischer Mensch. Gleich als wenn man einen tollen Hund totschlagen muss; schlägst du nicht, so schlägt er dich, und ein ganzes Land mit dir. […] Solch wunderliche Zeiten sind jetzt, dass ein Fürst den Himmel mit Blutvergießen verdienen kann, bass, denn andre mit Beten […] Drum, liebe Herren, loset hier, rettet hier, helft hier, erbarmet euch der armen Leute, steche, schlage, würge hier, wer da kann. Bleibst du drüber tot, wohl dir, seliglichern Tod kannst du nimmermehr überkommen. Denn du stirbst in Gehorsam göttlichen Wortes und Befehls, Röm. 13,4, und im Dienst der Liebe, deinen Nächsten zu erretten aus der Hölle und Teufelsbanden.« (Martin Luther, Wider die mörderischen und räuberischen Rotten der Bauern, Mai 1525 o.O., zitiert nach Hans Heinrich Borcherdt (Hrsg.), Martin Luther, Ausgewählte Werke, Bd.4, München 1923, S. 294ff; WA18,357-361). Was Luther vor 500 Jahren gegen die aufrührerischen Bauern schrieb, das müssen wir heute gegen die Kapitalisten anwenden, Dialektik recht verstanden: “Drum soll hier zuschmeißen, würgen und stechen, heimlich oder öffentlich, wer da kann, und gedenken, dass nichts Giftigeres, Schädlicheres, Teuflischeres sein kann, denn ein Kapitalist. Gleich als wenn man einen tollen Hund totschlagen muss; schlägst du nicht, so schlägt er dich, und ein ganzes Land mit dir“. Denn je ein Kapitalist schlägt ja sogar auch viele tot. Und Hitler wollte mit seinem Nerobefehl ein ganzes Land auslöschen.
Lenin verlangte von Berufsrevolutionären, den Klassenkampf schonungslos und kaltblütig zu führen (Vergleiche Lenin, Der ‘linke Radikalismus‘, die Kinderkrankheit m Kommunismus, in: Lenin, Ausgewählte Werke, Progress Verlag Moskau. 1975,612f.). Stalin sagte, nicht jedem sei es gegeben, Mitglied der bolschewistischen Partei zu sein, die Bolschewiki seien aus besonderem Material geformt. Wir bilden die Armee des Großen Strategen Lenin. Und, fügen wir hinzu, nicht jedem ist es gegeben, durch Ströme konterrevolutionären Blutes zu waten.
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Erste Mai: Arbeiter- und Frauenbewegung gemeinsam?
Die Ausführungen von Marx und Engels im 1847 verfassten Kommunistischen Manifests über das Verhältnis von Stadt und Land sind wohl eindeutig: Verwendung der Grundrente zu Staatsausgaben, Urbarmachung und Verbesserung der Ländereien nach einem gemeinschaftlichen Plan, Errichtung industrieller Armeen, besonders für den Ackerbau, Vereinigung des Betriebs von Ackerbau und Industrie, Hinwirken auf die allmähliche Beseitigung des Unterschieds von Stadt und Land. (Vergleiche Karl Marx, Friedrich Engels: Manifest der Kommunistischen Partei, Werke, Band 4, Dietz Verlag Berlin, 1960,481). Die Bündnisfrage liegt vor. Das städtische Industrieproletariat kann ohne das Bündnis mit dem Dorf, resp. den Bauernmassen (industrielle Armeen) nicht auskommen, und umgekehrt, ohne die revolutionärste Klasse in der bürgerlichen Gesellschaft verbleibt die Dorfarmut im “Idiotismus des Landlebens“, ebenfalls eine Formulierung aus dem ‘Manifest‘. Das sind doch alles Binsenweisheiten des Marxismus-Leninismus.
Mit etwas Originellem wartet zum 1. Mai 2023 die MLPD auf: 1. Mai – Arbeiter- und Frauenbewegung Hand in Hand (Rote Fahne, Nr. 9,28.4.23). In einem einseitigen (Seite 41) und auch inhaltlich einseitigen Artikel kommt das Wort Bauer gar nicht vor. Schon während der russischen Revolution von 1905 kritisierte Lenin Trotzki wegen seiner Parole: Weg mit dem Zaren, her mit der Arbeiterregierung – ein Torso. Aber nicht nur Trotzkisten sind nur nach den glitzernden, aber dekadenten, stinkenden Metropolen ausgerichtet, es ist ein ganzer Schwarm links ausgerichteter Kleinbürger, erpicht auf jede revolutionäre Mode, der sie bis zur Tollheit folgen, die Bourgeois in den Großstädten werden wollen, die regelrecht Abscheu haben, eine Mistgabel in die Hand zu nehmen, die nicht fragen, wo die Milch für die Kinder des Volkes herkommt, die sich obendrein dreist als Marxisten-Leninisten ausgeben, ja als Weiterentwickler des Marxismus-Leninismus durch eine irrationale Lehre von der Denkweise, die auf Kritik nicht reagieren, ein Kennzeichen von in sich abgeschotteten Sekten und aus der Denkweiselehre das Recht ableiten, ihre proletarische Mitmenschen in Stadt und Land wie Dreck behandeln zu dürfen. In dem mit (ar) unterzeichneten Artikel wird am Anfang auf das Buch von Stefan Engel und Monika Gärtner hingewiesen: ‘Neue Perspektiven für die Befreiung der Frau‘, na die Bäuerinnen werden sich bedanken, fallen doch die Autorin und der Autor hinter das Manifest von 1847 zurück. Auf Seite 13 des Buches heißt es: “Die soziale Befreiung der Arbeiterklasse und die Befreiung der Frau sind zwei Seiten des gemeinsamen Kampfs für eine befreite sozialistische Gesellschaft“ – also zwei Seiten einer Medaille. Was für ein Kauderwelsch! Die industrielle Arbeiterklasse und die Agrarlohnarbeiterklasse produzieren ein Mehrprodukt und finden nur solange Arbeit, als ihre Arbeit das Kapital vermehrt, das ist ihr gemeinsames Schicksal unter kapitalistischen Produktionsbedingungen, vermengt man das mit einer biologischen Kategorie, stehen auf einmal kapitalistische Unternehmerinnen, ohne Zweifel Frauen, hinter der roten Barrikade. Das Buch der MLPD würde jetzt, da am Vorabend des 8. März ins Persische übersetzt, eine Rolle im Iran spielen. Die Versuche zum Sturz der Mullahs “hat die Frage der Befreiung der Frau in die Mitte der Gesellschaft gerückt“ (RF, Nr.9,2023,41). So schnell schießen die Preußen nicht. Tatsache ist, dass die große graue schwarz eingehüllte, vom Islam benebelte Masse der Frauen, die im Idiotismus des iranischen Landlebens dahinvegetieren, zu den sozialen Stützen gehören, die die Mullahs oben halten. Man kann ein Volk nicht 40 Jahre lang manipulieren. Der derzeitige Kampf gegen das islamische Regime, das wohl derzeit mittelalterlich-finsterste auf der Welt wird scheitern durch trotzkistisch-engelsche Literatur, die kleinbürgerliche und bürgerliche Frauen noch mehr in die Irre führt. Das ist keine Aufklärungsliteratur, sondern eine zum Verbiestern. Das industrielle Proletariat muss den Weg zu den Dorfmännern und Dorffrauen finden, kleinbürgerliche und bürgerliche Frauen sind dazu unfähig, diese politisch im Sinne des Marxismus-Leninismus wachrütteln und ORGANISIEREN. Ar beendet seinen Artikel mit dem Gedanken: “ Es ist wichtig, dass eine Frauenbewegung quer durch alle Klassen und Schichten entsteht, mit den Arbeiterinnen als proletarisches Rückgrat“ (a.a.O.). Der Satz spricht für sich: Frauenbewegung pauschal? Für Marxisten-Leninisten stehen parteigebundene Industriearbeiterinnen und Industriearbeiter als einiger Kern nicht im Mittelpunkt der Gesellschaft, sondern links gegen die kapitalistische. Eine Frauenbewegung quer durch alle Schichten. Mit Verlaub, das ist nicht praktikabel, der Kapitalismus zeichnet sich gerade durch eine relativ starke Klassentrennung aus. Durchwachsen ist also der Artikel der RF, aber nicht durchdacht.
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Auch in diesem Jahr wurde die Demonstrationen und Kundgebungen von der sozialdemokratisch, reformistischen Tradition des DGB geprägt. Dennoch waren auch wieder tausende Kollegen und Kolleginnen um in klassenkämpferischen Blöcken und bei revolutionären Demonstrationen auf der Straße um die Ursache allen Übels, das kapitalistische System und ihrer Vertreter zu entlarven.
Bereits am Vortag ging es los:
In Berlin hatte zum Beispiel die linke Stadtteilorganisation “Hände weg vom Wedding” zur alljährlichen Kiez-Demonstration aufgerufen. Dieses Jahr stand sie unter dem Motto „Frieden statt Kapitalismus! Wettrüsten stoppen und Armut beenden!“. In zahlreichen Reden wurden Probleme im Viertel oder im Betrieb thematisiert, aber auch der Zusammenhang zum Krieg wurde hergestellt. Hierbei richtete sich die Demonstration überwiegend gegen Russlands Überfall auf die Ukraine wie auch gegen die NATO.
In Dessau hatte die “Offensive Jugend Dessau” erneut zu einer Vortagsdemo unter dem Motto „Die Zukunft liegt in unserer Hand! Für die neue Gesellschaft!“ aufgerufen. Die Demonstration wurde zu Beginn von der Polizei und etwa 30 Faschisten des “III. Wegs” aufgehalten, welche auch später weiter provozierten. Die Demonstration konnte dennoch durchgeführt werden.
In Duisburg fand in diesem Jahr erneut eine revolutionäre Vorabend-Demonstration statt, an der sich ungefähr 200 Menschen beteiligten. Aufgerufen hatte ein Bündnis aus verschiedenen revolutionären Organisationen. Die Demonstration vertrat einen klaren Klassenstandpunkt, bei dem der Sozialismus und die Revolution als Alternative betont wurden.
Beteiligung an DGB-Demonstrationen
In den aktuellen Tarifverhandlungen handeln die DGB-Gewerkschaften eine Reallohnsenkung nach der nächsten aus. Deshalb haben viele klassenkämpferische und revolutionäre Organisationen auch in diesem Jahr zwar an den DGB-Demonstrationen teilgenommen, aber einen unabhängigen Standpunkt vertreten.
In Berlin gab es auch in diesem Jahr den gut besuchten klassenkämpferischen Block. An diesem nahm unter anderem die “Föderation Klassenkämpferischer Organisationen” (FKO) teil und verteilte Flugblätter, in denen die Notwendigkeit, sich als Arbeiter:innenklasse selbst zu organisieren, hervorgehoben wurde.
Auch in Essen organisierte die FKO einen klassenkämpferischen Block, der gegen die Burgfriedenspolitik und die Militarisierung auftrat.
In Frankfurt wurde bei der Demonstration des DGB an der Bühne ein Transparent mit der Aufschrift “Reallohnverluste – nicht mit uns!” enthüllt, das die Unzufriedenheit mit der Politik der “gelben” Gewerkschaften ausdrückte. Außerdem nahme auch hier ein antikapitalistischer und revolutionärer Block teil.
In Freiburg beteiligten sich etwa 100 Menschen an der Demonstration des DGB. Verschiedene antikapitalistische Organisationen nahmen mit eigenen Abschnitten an der Demo teil. So zum Beispiel der “Kommunistische Aufbau” und die Föderation Klassenkämpferischer Organisationen, die einen internationalistischen Auftritt organisierten. Anders als in vorherigen Jahren ließen die Gewerkschaften in diesem Jahr keine Reden anderer Organisationen zu.
In Hamburg hatte ein Bündnis aus verschiedenen revolutionären Kräften zu einem internationalistischen Block auf der DGB-Demonstration aufgerufen.
Auch in Krefeld gab es wie immer eine DGB-Demo mit anschießender Kundgebung im Kundgebung im Stadtgarten zu der rund 2500 Kollegen kamen. Der Krefelder DGB-Vorsitzende Philipp Einfalt forderte in seinem Grußwort zum 1. Mai mehr Verständnis für die Situation der Arbeitgeber! Lest dazu >>> Rheinische Post, „DGB will diesmal auch für Arbeitgeber kämpfen„.
In Köln nahm ebenfalls ein revolutionärer Block an der DGB-Demonstration teil, der mit einem eigenen Lautsprecher seine klassenkämpferische Position vertrat und den Sozialismus als Ausweg aus Krieg und Krise in Parolen und Reden benannte. Außerdem wurde Solidarität mit den kürzlich verhafteten Revolutionär:innen der Sozialistischen Partei der Unterdrückten (ESP) aus der Türkei/Nordkurdistan bekundet.
Auch in München nahm ebenfalls ein klassenkämpferischer Block an der Demonstration teil. Dieser war zuvor im Zuge der Kampagne “Gegen Aufrüstung und Krieg” organisiert worden, an der sich revolutionäre Aktivist:innen, gewerkschaftlich Aktive und Andere beteiligten.
Auch in Wuppertal gab es eine klassenkämpferische Beteiligung an der DGB-Aktion.
In Stuttgart und Waiblingen wurden die antikapitalistischen Blöcke ebenfalls bei den traditionellen Demonstrationen des DGB zum 1. Mai organisiert. In Stuttgart war die Demo war mit 3500 Kollegen in diesem Jahr recht groß. Im Mittelpunkt standen die Inflation, die aktuellen Tarifrunden und der Krieg in der Ukraine. Die Polizei lief im Spalier neben diesem Block einher und hielt ihn wegen des auf Gewerkschaftsdemos üblichen Einsatz von Rauchtöpfen sowie einer Papierwand mit Symbolen des kapitalistischen Systems, die die Demonstrierenden einrennen wollten, eine Dreiviertelstunde fest.
„Ohne große Vorwarnung kam es zu einem massiven Polizeieinsatz im links-autonomen Block, wohl stark von der Polizei herbeigesehnt und provoziert. Mehrere schwarze Blöcke der Polizei marschierten auf. Die berüchtigte Reiterstaffel kam zum Einsatz – nervöse Pferde inmitten von tausenden Menschen. Kinder liefen ängstlich davon. Während daraufhin die gesamte Demo stoppte, zog die DGB-Führung als verantwortlicher Anmelder der Demo mit ca. 50 Teilnehmern einfach zur Kundgebung weiter und überließ die übrigen ihrem „Schicksal“. Auf dem Platz mit Büdchen waren dann auch nur wenige hundert. Wir finden es unverantwortlich, dass sich die Anmelder einfach davon stehlen und tausenden alleine bei einem völlig aus dem Ruder laufenden Polizeieinsatz lassen. Bei der Kundgebung verkündete ein Redner, man werde den „Vorfall“ morgen in aller Ruhe besprechen und aufarbeiten. Man werde daraus Konsequenzen ziehen. Es hörte sich eher als eine Drohung gegen die demonstrierenden Kolleg/innen an, als nach einem echten Interesse an einer Aufklärung des Polizeieinsatzes. Es wäre natürlich in der Verantwortung des Anmelders gewesen, unmittelbar zur Polizei zu gehen und eine ungestörte Durchführung der Mai-Demonstration zu fordern. Dementsprechend wurde auch der „Freiheitskampf der Ukraine“ unterstützt. Zurecht wurde der russische Überfall verurteilt, die NATO und ihre Interessen aber nicht mit einem Wort erwähnt. Dafür forderte man Frieden, ohne zu sagen, was dafür geschehen muss.“ Schrieb Diethard Möller von Arbeit Zukunft.
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Revolutionäre Demonstrationen:
In Berlin nahmen 20.000 Menschen an der traditionellen revolutionären Abenddemonstration in Kreuzberg und Neukölln teil. An der Demonstration beteiligte sich ein revolutionärer Frontblock, der von revolutionären, kommunistischen und sozialistischen Organisationen geprägt war. Außerdem nahmen auch in diesem Jahr anarchistische und autonome Kräfte an der Demonstration teil. In Redebeiträgen der “KGÖ” (türkisch: Komünist Gençlik Örgütü), des Kommunistischen Aufbaus und des “Bundes der Kommunist:innen” wurde die Notwendigkeit betont, sich für den revolutionären Kampf zu organisieren. Auch der “Rote Aufbau Hamburg” war mit einem Grußwort präsent.
Die Organisatoren lösten die Demonstration aus Sorge vor Eskalation vorzeitig auf. Während sich der Frontblock auflöste, blieben Demonstrierende des Kommunistischen Aufbaus, der Organisationen “Young Struggle” und “Zora” sowie der Kommunistischen Jugendorganisation KGÖ vor Journalist:innen und der Polizei stehen und rief Parolen.
Die Polizei riegelte das Gebiet später ab und es kam bis in die späten Abendstunden zu Scharmützeln.
Auch in Frankfurt am Main fand am Abend wieder eine revolutionäre Demonstration statt, an der sich ebenfalls sozialistische und kommunistische Kräfte sowie ein anarchistischer Block beteiligten. In beiden Blöcken wurde Pyrotechnik gezündet. Die Demonstration positionierte sich gegen die kriegführenden kapitalistischen Länder und für eine revolutionäre Alternative. Redebeiträge wurden unter anderem von “Aurora Räteaufbau” und dem Kommunistischen Aufbau gehalten.
In Leipzig beteiligten sich etwa 2.500 Menschen an einer revolutionären Demonstration am Nachmittag, die von einem breiten antikapitalistischen Bündnis organisiert wurde. Damit war es die größte Demonstration am 1. Mai seit Langem. Nach der Aktion fand noch ein Parkfest statt.
In Magdeburg nahmen 150 Menschen an einer revolutionären Demonstration unter dem Motto “Frieden, Freiheit, Sozialismus – Gegen die Diktatur der Banken und Konzerne” teil. Diese wurde gegen die Schikane der Polizei durchgesetzt.
In München nahmen 1.500 Menschen an der revolutionären Demonstration teil, die sich insbesondere gegen die imperialistischen Staaten, ihre Regierungschefs und den Krieg positionierte.
2.500 Menschen beteiligten sich in Nürnberg unter dem Motto “Das Neue erkämpfen! Schluss mit Krise, Krieg und Kapitalismus – Heraus zum 1. Mai!” an der revolutionären Demonstration. Insbesondere die Aufrüstung Deutschlands wurde in Redebeiträgen kritisiert. Im Anschluss an die Demonstration fand im Stadtteil Gostenhof ein internationalistisches Stadtteilfest statt.
In Stuttgart wurde eine eine eigenständige revolutionäre Demonstration mit 700 Teilnehmern mehrfach von der Polizei angehalten und schikaniert.
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(Quellen: Jens aus Mühlheim, DGB, Gruppe Roter Morgen, Prespektive, Yüksel A.)
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