Überlegungen zum 17. Juni 1953 – 2024

Redaktion – 17. Juni 2024

Immer wieder jährlich kommt in der linken Bewegung die Frage auf, ob es sich beim Aufstand von Werktätigen am 17. Juni 1953 um einen Volksaufstand, oder einen konterrevolutionären Putschversuch gehandelt hat. Es gibt vehemente Verteidiger beider Positionen, denen gemeinsam ist, dass sie gerne das verschweigen, was ihrer Theorie nicht zuträglich ist. Gemeinsam haben sie die Erkenntnis, dass die Reaktionen auf die Arbeiterproteste von Seiten der Roten Armee, der SED und der Justiz der DDR so waren, als ob es sich um einen konterrevolutionären Putschversuch gehandelt hätte.

Wenn wir als revolutionäre Marxisten-Leninisten gefragt werden, wie wir dazu stehen, empfehlen jedem zunächst, sich mit der Gesellschaftsentwicklung in den Aufbaujahren der DDR zu befassen. Gute Kenntnisse darüber sind ein Baustein für eine objektive Bewertung der Vorkommnisse.
Dazu möchten wir allen Interessierten einen Text empfehlen, dem wir einem Schulungsmaterial der KPD/ML entnommen haben, der als »Studienmaterial: Die Aufbaujahre der DDR Dokumentente und Materialien aus der Zeit 1945-1954« in Magdeburg erschienen ist.
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„DDR Gesellschaftsentwicklung

Die Zerschlagung des Hitlerfaschismus war hauptsächlich das Werk der Roten Armee. Weil die sozialistische Sowjetunion die Hauptkraft gewesen war, hatte sie unter den Siegermächten eine genügend starke Position, um das Potsdamer Abkommen durchzusetzen. Das Potsdamer Abkommen enthielt Bestimmungen, die für die Vorbereitung und Durchführung der proletarischen Revolution in Deutschland günstige Bedingungen schufen. Der Kampf um die Durchführung des Potsdamer Abkommens war ein scharfer Klassenkampf, zwischen dem Imperialismus und dem deutschen Proletariat, wobei die sozialistische Sowjetunion dem deutschen Proletariat besondere Hilfe leistete.

In der sowjetischen Besatzungszone gingen die Werktätigen im Schutz der Roten Armee daran, das Potsdamer
Abkommen zu erfüllen. Der imperialistische Staatsapparat war von der Roten Armee militärisch geschlagen worden; jetzt wurden demokratischen Selbstverwaltungsorgane aus Vertretern der antifaschistischen Werktätigen gebildet, alle Faschisten aus öffentlichen Ämtern entfernt. Das Eigentum der Kriegsverbrecher und aktiven Nazis wurde beschlagnahmt, die Konzerne aufgelöst, ihre Betriebe und Banken, die wichtigsten Verkehrsmittel, der größte Teil der Industrie und des Handels in Volkseigentum überführt. Auf dem Lande wurde die Bodenreform durchgeführt. Aufgrund der Durchführung all dieser Maßnahmen war die antifaschistisch demokratische Ordnung bereits eine niedrige Form der Diktatur des Proletariats. 1949 wurde als Antwort auf die Spaltung Deutschlands durch die westlichen Imperialisten die Deutsche Demokratische Republik gegründet.

Der wirtschaftliche Aufbau Ostdeutschlands erfolgte unter außerordentlich schwierigen Verhältnissen. Die reaktionären Kräfte sabotierten den Aufbau der Volksmacht mit allen Mitteln. Im Gegensatz zur Bundesrepublik, in die große Mengen Kapital zu ihrer Aufpäppelung als Speerspitze gegen das sozialistische Lager flossen, konnte die DDR von ihren sozialistischen Bruderländer nur wenig direkte materielle Hilfe bekommen, da diese Länder selbst vom Krieg stark zerstört waren, und unter imperialistischer Blockade standen. Zur Erfüllung gerechter Reparationsforderungen musste sogar eine Teildemontage von Industriebetrieben in Ostdeutschland erfolgen. 1950 hatte die Industrieproduktion aber bereits wieder den entsprechenden Stand von 1936 überschritten, vor allem die Schwerindustrie wurde in raschem Tempo aufgebaut; Eisenhütten- und Braunkohlenkombinate, Walzwerke und Werften entstanden. Der für die Jahre 1949/50 aufgestellte Zweijahrplan wurde vorfristig erfüllt. Im September 1950 wurde die DDR in den Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) aufgenommen. Gleichzeitig senkte die Sowjetunion die restliche Reparationssumme und übergab dem deutschen Volk eine Reihe von Industriebetrieben, die aufgrund der Potsdamer Beschlüsse an die Sowjetunion übergangen waren. Die KPD und dann die SED führten die Volksmassen nicht nur beim staatlichen und wirtschaftlichen Aufbau des Sozialismus, sondern auch bei der weiteren Umwälzung des gesellschaftlichen Überbaus, bei der Schaffung einer sozialistischen Kunst und Kultur, des neuen Bildungs- und Gesundheitswesens, bei der Führung des Klassenkampfes in allen Bereichen..

Die DDR war in diesen Jahren das starke Hinterland für den revolutionären Kampf der Arbeiterklasse und der Volksmassen in Westdeutschland Die Errichtung des ersten sozialistischen Staates auf deutschem Boden war der bis dahin größte Sieg der deutschen Arbeiterklasse. Die DDR verkörperte in jener Zeit die Hoffnung des deutschen Proletariats und des gesamten werktätigen deutschen Volkes.


Die Entwicklung des Klassenkampfes in der DDR

Obwohl die Arbeiterklasse sich nicht zum revolutionären Kampf erhoben hatte, obwohl es der KPD nicht gelungen war, sie im Geiste der proletarischen Revolution zusammenzuschweißen, ermöglichten es die Zerschlagung des Faschismus, und damit des imperialistischen STAATSAPPARATES in der SBZ durch die Rote Armee und ihre Anwesenheit, dass binnen kurzer Zeit in der SBZ die Macht vom Volk unter der Führung der Arbeiterklasse und ihrer Partei ausgeübt wurde.Das bedeutete aber, dass die Partei nicht so kampfgestählt und ihre Verbindung mit den Massen nicht so eng war, wie es nach einem langwierigen erfolgreichen Kampf um die Macht unter ihrer Führung der Fall gewesen wäre. Der faschistische Terror hatte größte Lücken in die Reihen der KPD gerissen. Gerade seine zielklarsten und erprobtesten Führer hatte das Proletariat verloren. Dazu kam die Resignation und abwartende Haltung großer Teile des Volkes nach der Zerschlagung des Hitlerfaschismus und der negative ideologische Einfluss von Millionen kleinbürgerlich-bäuerlicher Umsiedler, die durch ungenügende Aufklärungsarbeit und Fehler in der Siedlungspolitik gegen die Potsdamer Beschlüsse eingestellt und darüber hinaus antikommunistisch verhetzt waren!

Von Westdeutschland und Westberlin aus versuchten die Imperialisten pausenlos und mit allen Mitteln die Bevölkerung der DDR gegen die Kommunisten, die Diktatur des Proletariats und die Rote Armee aufzuhetzen. Ihre Agenten verübten Sabotage, ermordeten Kommunisten, warben bürgerliche Spezialisten und Funktionäre ab und betrieben eine hemmungslose demagogische Propaganda. Durch die Spaltung Deutschlands waren viele Lebensadern der ostdeutschen Wirtschaft zerschnitten, ihr fehlte das natürliche gewachsene Hinterland.

Aber all diese Schwierigkeiten konnten überwunden werden, der wütende Widerstand der Bourgeoise gebrochen, der Sozialismus siegreich aufgebaut werden, wenn es gelang die revolutionäre Einheit der
Arbeiterklasse, ihr festes Bündnis mit den anderen Teilen des werktätigen Volkes herzustellen, wenn es gelang die breiten werktätigen Massen für die Ziele der Arbeiterklasse zu gewinnen und zu mobilisieren.
Die ausschlaggebende Bedingung dafür aber ist in jedem Fall die stählerne Kampfeinheit zwischen dem Proletariat und seiner Partei. 

Die Vereinigung der KPD mit der SPD in Ostdeutschland zur SED führte zwar dazu, dass die durch den revisionistischen Verrat der SPD hervorgerufene Spaltung der deutschen Arbeiterklasse überwunden wurde, dass die SPD als Partei liquidiert wurde, aber sie hatte auch schwerwiegende negative Aspekte:
Durch den ungenügenden ideologischen Kampf vor dem Zusammenschluss, durch die nicht vollzogene Kennzeichnung und Verurteilung der Verratspolitik der SPD seit 1914 durch die teilweise Aufgabe marxistisch-leninistischer Prinzipien (Diktatur des Proletariats, bolschewistischer Parteiaufbau usw.) wurden unzulässige Kompromisse gegenüber der Sozialdemokratie gemacht.

So drang mit der Vereinigung auch der SOZIALDEMOKRATISMUS in die Partei ein. Die in die Partei geholten sozialdemokratischen Elemente verbanden sich mit den revisionistischen Kräften um Ulbricht und stärkten so insgesamt die gegen den Marxismus-Leninismus gerichtete Strömung in der Partei.

Um diese gefährlichen Erscheinungen zu Überwinden, drangen die Marxisten-Leninisten in der Partei darauf, die Partei vorrangig ideologisch aufzubauen. 1948/49 wurde eine Kampagne zur BOLSCHEWISIERUNG der SED durchgeführt, um sie zu einer wirklich leninistischen Partei neuen Typs zu machen. Es wurden Maßnahmen ergriffen zur Verbesserung der ideologischen Erziehung und Schulung gegen das Eindringen klassenfremder Elemente in die Partei, zur vorrangigen Ausrichtung auf die Betriebe, zur Entfaltung der Massenlinie.

Die Revisionisten taten auf der anderen Seite alles, um die Bolschewisierung der SED zu verhindern. Sie sabotierten die konsequente Durchführung der Maßnahmen. Durch eine unbolschewistische Aufnahmepolitik, begünstigten sie das Eindringen vieler karrieristischer und korrupter Elemente in die Partei, die die Partei nicht nur zersetzten, sondern auch dem Ansehen der Partei unter den Massen größten Schaden zufügten.

In der DDR fand nicht nur in der Partei, sondern in allen gesellschaftlichen Bereichen ein heftiger Klassenkampf zwischen dem Proletariat und der gestürzten, aber noch nicht endgültig besiegten, gesellschaftlich noch mächtigen Bourgeoisie statt. Wie in jedem sozialistischen Land existierten auch in der DDR noch die materiellen Bedingungen, die die Grundlagen für die Gefahr einer Restauration des Kapitalismus bilden. Am 17. Juni 1953 wurde sichtbar, dass sich die Kluft zwischen Partei und Regierung einerseits und den werktätigen Massen andererseits vergrößert hatte. Der 17.Juni war zwar, wie aus seiner Durchführung, seinen Zielen und seiner Planmäßigkeit hervorging, ein von den Imperialisten und ihren Agenten gelenkter konterrevolutionärer Putschversuch. Aber er hätte niemals seine Breite auch im Proletariat erreichen können, wenn er nicht auf die Unzufriedenheit großer Teile der Werktätigen gestoßen wäre, die sahen, dass, während sie aufopferungsvoll, unter Entbehrungen und voller Elan den Sozialismus aufgebaut hatten, sich eine neue bevorzugte Schicht herausgebildet hatte. Ein Teil der höheren Partei- und Staatsfunktionäre, bürgerliche Spezialisten und Intellektuelle genossen zunehmende Privilegien, während für das werktätige Volk die Normen erhöht wurden.

Gegen den Widerstand der Marxisten-Leninisten in der SED, die nach dem 17. Juni verstärkt forderten, Kritik und Selbstkritik zu entfalten, das Steuer herumzureiten und die Volksmassen gegen den Imperialismus und für die Verteidigung des Sozialismus zu mobilisieren, hielt die Ulbrichtgruppe am revisionistischen Kurs fest, administrierte und dekretierte weiter, blockte die berechtigte Kritik von unten ab. Die hohen Lohnunterschiede wurden verteidigt und vergrößert, die Politik des materiellen Anreizes verstärkt. Bürokratie und Korruption wurden nicht nur weiterhin geduldet, sondern ausgedehnt. Krasser Ausdruck dieser Politik war die Erklärung der Ulbricht-Administration nach dem 17.Juni „das Volk habe das Vertrauen der Regierung verloren.“ Die Machtübernahme der Chruschtschowianer in der Sowjetunion beschleunigte auch die Entartung in der DDR. Jetzt kamen die vorher noch versteckten revisionistischen Tendenzen an die Oberfläche. Die Ulbricht-Grothewohl-Gruppe übernahm die Thesen des „friedlichen Wettbewerbs“, das „wirtschaftliche Ein- und Überholen der Bundesrepublik in wenigen Jahren“, die Theorie „der Produktivkräfte“ nach der nicht der Klassenkampf, sondern nur die Steigerung der Produktion durch technischen Fortschritt das Hauptkettenglied beim Aufbau des Sozialismus sein. soll. Es wurde der Gulasch-Kommunismus propagiert, nach dem nicht die Frage, welche Klasse die Diktatur ausübt, sondern nur die Menge der zur individuellen Konsumtion zur Verfügung stehenden Waren das entscheidende Kriterium für die sozialistische Entwicklung sein soll usw.

Gestützt auf die sowjetischen Truppen in der DDR, unter AUSSCHALTUNG aller ehrlichen, revolutionären Kommunisten und ihre Ersetzung durch bürgerliche Technokraten, Spezialisten und Intellektuelle in Partei- und Staatsapparat, setzten die Revisionisten planmäßig die revisionistische Linie durch. Ende der fünfziger Jahre verschärften sich die Widersprüche in der DDR. Das Wachstum der Produktion von Industrie und Landwirtschaft ging drastisch zurück. Zigtausende verließen Ende der 50er, Anfang der 60er Jahre von diesem „Sozialismus“ enttäuschte, und von der Propaganda aus dem „goldenen Westen“ getäuschte Menschen, die DDR. Darunter viele, die sich in den Aufbaujahren begeistert für ihren neuen sozialistischen Staat eingesetzt hatten. 

Als die Massenfluchtbewegung, angeheizt durch die westdeutsche Bourgeoisie, monatlich die Hunderttausend erreichte, schloss die Ulbricht-Regierung die Grenze zu Westberlin und der Bundesrepublik hermetisch ab. Nicht, um das Eindringen von Agenten und Schiebern zu verhindern, sondern um den Staatsbankrott abzuwenden. Der Bau der Mauer im August 1961 war ein Ausdruck der Entartung und ein Beweis für die brutale Unterdrückung des werktätigen Volkes.
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Die Theorie der Übergangsgesellschaft zum Kommunismus

„Wenn Massen von Arbeitern, die Partei nicht verstehen, ist die Partei schuld, nicht die Arbeiter. | Karrikatur: Archiv RoterMorgen

Die revisionistische DDR-Gesellschaft besaß sehr wohl eine Basis auf die sie sich stützte. Diese bestand nicht nur aus dem Sicherheitsapparat. Da waren einmal die Bürokratie, die Apparatschiks. Weiterhin die „sozialistischen“ Direktoren (Manager), Technokraten, Wissenschaftler usw., dass diese „Masse“ keine feststehende und ewige Basis für die Gesellschaft war, zeigt sich sehr wohl in den 80er Jahren. Die Illusionen von der „freien Marktwirtschaft“ war weit verbreitet und bestimmte diese so genannte Wende entscheidend mit.

Die revisionistische Gesellschafts- ordnung war kein Kapitalismus, sondern eine Übergangsgesellschaft zum Kapitalismus. Sie war keine eigenständige sozialökonomische Formation. Übrigens ist ja auch der Sozialismus keine eigenständige sozialökonomische Formation. Er ist eine Gesellschaft zwischen Kapitalismus und Kommunismus, deren Produktionsverhältnisse sowohl Elemente der alten Gesellschaft als auch des Kommunismus beinhalten, und folglich kann er sich sowohl in Richtung Kommunismus voran – als auch in Richtung Kapitalismus zurückentwickeln. Die von den Revisionisten geführte Gesellschaft hat mit dem Sozialismus der Form nach einiges gemein, doch das dem Sozialismus eigene kommunistische Element innerhalb der Produktionsverhältnisse ist verloren gegangen, und folglich kann sich die Gesellschaft ohne erneuten, von der Arbeiterklasse geführten, revolutionären Umsturz, nicht mehr zum Kommunismus entwickeln.

(Es gibt freilich kein festes Datum wann die sozialistische Entwicklung in der DDR aufhörte. Genauso wenig gibt es
ein Datum (Jahr/Tag), wann die revolutionäre SPD in eine opportunistische/revisionistische Partei umgewandelt wurde. Die sozialistische Entwicklung endete, nachdem die weitere revolutionäre Umgestaltung beendet wurde. Für die Herrschenden in der DDR war es ausgeschlossen auf ihre leitenden Positionen zu verzichten. Sie wollten auf ewig an der Macht bleiben. Ihr Arbeiter arbeitet man gut und wir regieren gut – das war auch das Motto in der DDR).

Aber: Ohne einen solchen Umsturz kann sich diese Gesellschaft aufgrund ihrer inneren Logik nur zum Kapitalismus entwickeln. Die revisionistischen Regimes sind nicht kapitalistisch, doch sie sind gegenüber dem Kapitalismus auch nicht fortschrittlich. Pervertierte Formen der Demokratie, die in den revisionistischen Ländern herrschten, brachten die Menschen in eine Stellung gegen den Sozialismus. Die Staatsmacht der DDR erschien den Menschen als eine alles erfassende Hierarchie, in den Weisungen von ganz oben bis unten „durchgestellt“ wurden, wie es im Jargon hieß. Die Stasi versuchte alles und jeden mit geheimpolizeilichen Mitteln auszuspitzeln, und jeden Widerstand bereits im Keim zu ersticken.

Die Staatsmacht behandelte das Individuum als ihren Spielball ohne jegliches Recht. Und das Wirken dieser Allmacht beanspruchenden Staatsmaschine wurde durch eine quasi-religiöse, sich als marxistisch-leninistisch ausgebende Ideologie abgesegnet, die jedem einzelnen Akt der Staatsgewalt die Weihe höherer geschichtlicher Zwecke verlieh. Diese Form der Unterdrückung wurde von den Werktätigen und vom Volk als weit unangenehmer empfunden als die „normale“ Unterdrückung innerhalb der bürgerlichen Demokratie – ein Umstand, der den Sozialismus, als das dieses Regime sich ja ausgab, in den Augen vieler Menschen desavouierte. All dies trug wesentlich dazu bei, dass diese Ordnung untergehen musste. Die Arbeiterklasse hätte durch einen revolutionär geführten Kampf an eine erneute sozialistische Revolution herankommen können. Da dies nicht in ausreichendem Maße geschah, erschien die bürgerliche Demokratie zunächst als Befreiung und so konnte der Kapitalismus seinen Siegeszug antreten. Doch der Sieg des Kapitalismus führte keineswegs zu einer Befreiung der Produktivkräfte in den ehemals revisionistischen Ländern, sondern das Tempo der Fäulnis hat durch den vorübergehenden Sieg des Kapitalismus noch zugenommen. Will die Arbeiterklasse der verfaulenden kapitalistischen Ordnung den Todesstoß versetzen, so besteht eine, allerdings eine überaus bedeutende Voraussetzung dafür darin, dass die Theorie des Sozialismus, der Übergangsgesellschaft zum Kommunismus, auf die Höhe der Zeit gehoben wird, dass die geschichtlichen Erfahrungen ausgewertet und theoretisch verallgemeinert werden.

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Nachbetrachtung

Ein großer Nachteil der DDR bestand darin, dass sie, verkürzt formuliert, durch die damalige noch sozialistische Sowjetunion gegründet wurde; sie ergab sich nicht aus einer großen Volksrevolution, schon gar nicht aus einer unter Führung der Arbeiterklasse. Zunächst stand in der am 7. Oktober 1949 gegründeten DDR primär nicht der Aufbau des Sozialismus auf der Tagesordnung, sondern eine antifaschistische demokratische Politik. Von Adenauer stammen die Worte: Lieber das halbe Deutschland ganz, als das ganze Deutschland halb. „Es geht nicht nur um die Ostzone, es geht darum, ganz Europa östlich des eisernen Vorhangs neu zu ordnen“ (Adenauer, 1.3.1952). Unser Ziel ist die Befreiung unserer 18 Millionen Brüder und Schwestern in den Ostgebieten.“ Die Zwiespältigkeit des 17. Juni 1953 bestand darin die Lehren aus den Ereignissen zu ziehen: Nach vorn: Die Massen durch ihre eigenen Erfahrungen im Sinne des gesellschaftlichen Fortschritts zu erziehen. Oder rückwärts gewandt: ein funktionales Verhalten zu den werktätigen Massen einzunehmen, sie als Manövriermasse zu betrachten. Sie sollen nur die „richtigen Losungen“ der Partei aufgreifen. Dies wäre die revisionistische Linie: die Parteimitglieder, die Werktätigen, die Intellektuellen, die Bauern usw. werden nicht in die Lage zu versetzen, aktiv an der Erörterung und Entscheidung aller Fragen der Parteilinie und Parteientwicklung teilzunehmen, sondern sie werden zu Befehlsempfängern der Führung degradiert. Dazu bedarf es auch eines umfassenden Überwachungsapparates. Die richtigen Lehren aus den Ereignissen 1953 zu ziehen, bedeutet auch einen erneuten sozialistischen Anlauf in Deutschland zu starten … Im Zusammenhang mit den Ereignissen des 17. Juni 1953 war auffällig an der Berichterstattung: Westdeutschland, die NATO usw. kommen in diesem „Volksaufstand“ nicht vor! Tunlichst wurden Vergleiche gemieden. Gleiches gilt den Spitzelein im Internet. Die Überwachung des Netzes, die Missachtung des Datenschutzes hat Ausmaße angenommen von denen Mielke nicht einmal träumen konnte. SED, Polizei, Rote Armee, Panzer und Freiheitswillen – das war der Tenor der Berichte. Die tatsächlichen Hintergründe der Ereignisse um den 17. Juni wurden weitgehend ausgeblendet. Die von der SED-Spitze einseitig dekretierten Erhöhungen der Arbeitsnormen, die u.a. zur Krise im Juni 1953 führten, waren ein voluntaristischer Versuch, die Probleme zu lösen, die sich aus dem übereilten Beschluß der II. Parteikonferenz der SED ergeben hatten; (Aufbau des Sozialismus in der DDR) doch dieser Versuch sollte sich als Bumerang erweisen: Die Probleme wurden noch größer. Besonders verheerend und für den Aufbau des Sozialismus absolut tödlich war, daß dauerhaft ein scharfer Riß zwischen Partei und Klasse entstand. Das war nicht in erster Linie Folge der Normerhöhungen an sich – dieser Fehler war korrigierbar, und er wurde auch korrigiert. Es war Folge dessen, daß die Partei sich angemaßt hatte, diese Erhöhungen ohne jegliche Diskussion mit der Klasse zu beschließen und daß sie diesen Fehler nicht korrigierte. Im Gegenteil: Erste Versuche, diesen Fehler zu diskutieren, endeten mit der Erklärung, die Partei müsse „heraus aus der Büßermentalität“. Kurt Barthel, der Sekretär des DDR Schriftstellerverbandes, brachte dies sehr klar auf den Punkt: Er erklärte den Bauarbeitern der Stalinallee in einem Gedicht, sie hätten das Vertrauen der Regierung verscherzt und könnten es nur wiedergewinnen, indem sie künftig „sehr viel und sehr gut mauern“. Bert Brecht antwortete damals treffend, wenn das Volk das Vertrauen der Regierung verscherzt habe, ob es dann nicht besser wäre, die Regierung löste das Volk auf und wählte ein anderes. Es gab aber auch eine selbstkritische Analyse der Ereignisse, die den Werktätigen das Recht von Kritik und Möglichkeiten von Änderungen einräumte. In vielen Betrieben, in Wohngebieten und auf dem Land fanden offene Aussprachen und Diskussionen statt.

Kritik und Selbstkritik wurde geleistet. „Wenn Massen von Arbeitern die Partei nicht verstehen, ist die Partei schuld, nicht der Arbeiter.“ Diese Erkenntnis der SED wurde aber nicht von allen geteilt. Die einseitige Interpretation des 17. Juni als einen „faschistischen Putsch“ ließ eine selbstkritische Auseinandersetzung in den Hintergrund treten. Auf der anderen Seite stand die Existenz der DDR auf dem Spiel: Nichtanerkennung, Embargopolitik, Währungsmanipulation, Sabotage und Terror waren Instrumente um die DDR zu liquidieren. Die berüchtigte „Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit“ – KGU, Ostbüros von SPD, CDU, mehrere Spionageorganisationen usw. leisteten Wühlarbeit gegen die DDR und für die „Befreiung vom Kommunismus“. BRD-Kanzler Konrad Adenauer, im „Rheinischen Merkur“ vom 20. Juli 1952: „Was östlich von Werra und Elbe liegt sind Deutschlands unerlöste Provinzen. Daher heißt die Aufgabe nicht Wiedervereinigung sondern Befreiung. Das Wort Wiedervereinigung soll endlich verschwinden. Es hat schon zu viel Unheil gebracht. Befreiung sei die Parole.“ Kräfte innerhalb der SED nutzte diese real existierende Gefahr für ihre Politik des Administrierens und Bevormunden der Werktätigen aus. Die Führung der SED nahm diese westdeutschen „Befreiungsparolen“ zum Anlaß Kritik als staatsgefährdend anzusehen. Langfristig zeigten sich die verheerenden Auswirkungen dieser Politik. Es entstand ein Regime persönlicher Abhängigkeiten, in welchem von oben nach unten Befehle „durchgestellt“ wurden. Die Entscheidungsträger an der Spitze des Apparats taten alles, um zu gewährleisten, daß die Befehlsgewalt auf immer und ewig in ihren Händen bzw. den Händen ihrer Nachfolger bleiben sollte. Man sprach zwar von „führender Rolle der proletarischen Partei“, doch dies war ein Hohn auf die marxistisch-leninistische Konzeption einer Vorhutpartei, die daran arbeitet, die Klasse auf die Höhe ihrer geschichtlichen Aufgabe zu heben. Ein solches Regime mußte letztlich zusammenbrechen. Die sachlichen Abhängigkeitsverhältnisse der bürgerlichen Ordnung im Westen erschienen der Mehrheit der Bevölkerung annehmbarer als eine Gesellschaft, die vorwiegend und dauerhaft auf persönlichen Abhängigkeitsverhältnissen beruht.

Die Erfahrungen der Entartung von kommunistischen Parteien besagen:

Kommunist/innen sollten keinem Apparat und keiner Partei „bedingungslos treu sein“, denn jeder Apparat, jede Partei kann unter bestimmten Bedingungen seinen Klassencharakter wechseln bzw. bereits zuvor partiell von feindlichen oder auch schwankenden, opportunistischen bzw. bestimmte Eigeninteressen verfolgenden Kräften genutzt werden.

Der Konterrevolutionäre Kurs der Chruschtschowgruppe in der KPdSU (XX. Parteitag 1956) wurde auch in der DDR akzeptiert und führte letztendlich zur Liquidierung des Staates DDR. Die SED – anfänglich auf den Weg einer Partei neuen Typs – wurde zu einer opportunistischen und revisionistischen Partei. Dabei war es egal ob ihre Führer einmal einen West-Anschluss beabsichtigten oder nicht. Subjektiv eher nicht, aber in der Realität schon.

Ein Sprichwort lautet: Seid einig sonst holt euch der Teufel! Der Kapitalismus kann nur weiter existieren wenn er den Sozialimus/Kommunismus bekämpft und zerstört. Aus der DDR darf nichts werden, sonst steht die Existenz des Kapitalismus auf dem Spiel. Es gelang den Imperialisten vorerst die weltweite Zerschlagung der sozialistischen Staaten von außen und von innen heraus. Der Verlust des Ansehens des Sozialismus ist tragisch, er bleibt aber die einzige Alternative. Heute steht die Existenz der Menschheit durch einen erneutenWeltkrieg auf dem Spiel. Und die Losung lautet weiterhin: Sozialismus oder Barbarei.

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Literaturempfehlungen:

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Zum 17. Juni 1953

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