Legenden über die Selbstbefreiung der Insasssen des KZs Buchenwald

Das Tor zum ehemaligen KZ in Buchenwald bei Weimar. Fast 280.000 Menschen wurden hier interniert, mehr als 56.000 ermordet. | Bild: Bundesarchiv

Volkskorrespondent Heinrich Schreiber – 15. April 2022

Heinrich Schreiber
„Die Legende von der Selbstbefreiung sei ein von den Kommunisten inszenierter Schwindel“, wusste ein gewisser Tom Fugmann am 11. April im MDR zu berichten und haut damit ins gleiche Horn wie schon Hunderte Schreiberlinge zuvor.
 
Der Sieger schreibt bekanntlich die Gesichte und so faselt auch Fugmann im Dienste seines Herrn das Gleiche. Berufen kann man sich da immerleicht auch andere Schreiberlinge, die alles das Gleiche verfolgen: dem Volk immer und immer wieder einpeitschen das alles, was in irgendeiner Form mit Kommunismus zu tun hat, etwas ganz ganz Schlimmes ist!

Im Netz fand ich einen Text des sozialdemokratischen Genossen Ernst Thape, der sich mit den wahren Ereignissen beschäftigt.
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Häftlingsbaracke im KZ Buchenwald, aufgenommen am 16. April 1945, wenige Tage nach der Befreiung des KZs. | Quelle: Bundesarchiv

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ERNEUT Buchenwald-Selbstbefreiung
als Lüge bezeichnet

US-Armeebericht bezeugt: Selbstbefreiung des KZ Buchenwald, Dokument erstmals veröffentlicht.

Paris (ADN). Über die Selbstbefreiung der Häftlinge des KZ Buchenwald und die Existenz eines gutorganisierten Lagerkomitees berichtet ein bisher unveröffentlichtes Dokument der USA-Armee, das die französische Zeitschrift „Le Patriote Resistant“ in ihrer neuesten Ausgabe in Faksimile wiedergibt. Das Dokument wird im Nationalarchiv in Washington aufbewahrt und stammt aus dem Hauptquartier der 4. US-amerikanischen Panzerdivision. In dem vom 12. April 1945 datierten Bericht heißt es über das Lager: „Besondere Angriffsgruppen waren organisiert worden, um die Wachmannschaften zu überwältigen. Vor unserer Ankunft waren die Wachposten eingenommen und 125 SS-Leute gefangengesetzt worden. Sie werden im Lager noch festgehalten. Die Führung des Lagers ist in den Händen eines gut organisierten Komitees, das alle vertretenen Nationalitäten umfaßt.“ Die Zeitschrift der französischen Widerstandskämpfer und Deportierten schreibt dazu würdigend: „Das ist eine neue Ehrung für die Deportierten, die sich nicht besiegt gaben und ihren Einsatz als Widerstandskämpfer bis in die Lager fortgesetzt haben. (Neues Deutschland, 16/17.2. 1995)

Der Sozialdemokrat Ernst Thape schrieb schon 1947 zum „Robinson-Report“: Politische Verleumdung, die Goebbels übertrifft In Nürnberg wurde in monatelangen Gerichtsverhandlungen festgestellt, dass die Nationalsozialisten mit ihrer SS-Organisation die schlimmsten Verbrecher waren, die an Größe der Organisation und Grausamkeit ihrer Methode bisher die Geschichte kennt. Ihre ersten Opfer waren deutsche politische Gefangene der Linken, also Kommunisten, Sozialdemokraten und freie Gewerkschafter… Jetzt wird ein Zeitungsartikel bekannt, der sich auf einen angeblichen amerikanischen Historiker Donald B. Robinson beruft, in dem die Behauptung aufgestellt wird, „dass die politischen Gefangenen eines der größten Konzentrationslager Deutschlands, nämlich Buchenwald-Weimar, ein schlimmeres Terrorregiment im Konzentrationslager ausgeübt haben sollen als die SS“, unter deren Herrschaft der Buchenwald stand. 300 deutsche kommunistische Gefangene sollen sich als Untergrundorganisation der Herrschaft des Lagers bemächtigt haben, um die anderen Gefangenen grausam zu unterdrücken. Der Artikelschreiber beruft sich auf einen Sozialdemokraten namens Müller..

Ich war einer der Leiter der sozialdemokratischen Gefangenen des Buchenwaldes und stelle fest, dass es unter den Sozialdemokraten des Buchenwaldes keinen Häftling gegeben hat, der eine solche schmutzige Bemerkung über seine Kameraden, die mit ihm gemeinsam gegen die SS kämpften, gemacht haben kann. Vielleicht ist zu dem angeblichen Historiker Robinson, der mit kindlicher Naivität nach der Befreiung im Lager Buchenwald herumging, ein Brotdieb gekommen, der das Glück hatte, von einem kommunistischen oder sozialdemokratischen Häftling gerettet zu werden und nur eine Tracht Prügel bekam, statt, wie das häufig vorkam, erschlagen zu werden, weil Brotdiebstahl unter den Häftlingen das fluchwürdigste Verbrechen war… Jahrelang das Leben für andere eingesetzt. Wenn die Opfer dieser Propaganda meine kommunistischen Kameraden aus dem Konzentrationslager Buchenwald sein sollen, dann wäre ich ein erbärmlicher Wicht, wenn ich nicht öffentlich Zeugnis ablegte für diese tapferen Männer, die täglich, jahrelang, immer wieder ihr Leben einsetzten für andere, und von denen viele, deren Namen ich nennen könnte, unter den grausamsten Martern schweigend starben, nur um ihre Kameraden zu retten. Wie oft wurden Medikamente aus den SS-Lazaretten gestohlen, um Gefangenen zu helfen, wie oft wurden komplizierte Aktionen unternommen, um ausländischen Häftlingen, die unter grausamsten Witterungsverhältnissen in Zelten wochenlang leben mußten, Unterkünfte zu schaffen.

Wenn jetzt aus irgendwelchen Gründen der politischen Stimmungsmache dieses Heldentum in sein Gegenteil verkehrt wird und aus edelsten Menschen Verbrecher gemacht werden sollen, die noch schlimmer bewertet werden müßten als die bisher schlimmsten Verbrecher, die SS, dann ist das eine politische Verleumdung, die sogar die Goebbels-Propaganda übertrifft. Wenn ein honettes Bürgertum Urteile fällt. Denn was geschah? Ein Mensch, der gar nicht ahnen kann, unter welchen Bedingungen im Konzentrationslager hochwertige Menschen um die Erhaltung ihrer Menschenwürde jahrelang kämpften, maßt sich an, über die Methoden dieses Kampfes zu urteilen. Das ist so, als ob rings um ein riesiges Verließ, in dem unter den grausamsten Bedingungen Menschen jahrelang sich selbst überlassen im rechtlosen Raum leben, Leute an weißgedeckten Tischen als Zuschauer sitzen und sich darüber unterhalten, dass jene, die dort in dem Loch leben und denen man von oben her das Fressen zuwirft, sich nicht nach den Tischregeln des honetten Bürgertums benehmen. Wenn der erwähnte Artikelschreiber ein echter Historiker wäre, hätte er das Phänomen des illegalen politischen Kampfes in den Konzentrationslagern gewissenhaft studiert und dann der staunenden Mitwelt – vor allem der Jugend – Hunderte von Heldentaten berichtet, die erlebt wurden und davon, wie edelste Menschen still und selbstverständlich starben..

Ernst Thape, Halle

(Aus „Unser Appell“, Berlin, Nr. 1/1947)

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3 Kommentare

  1. Tatsache ist, dass organisierte Häftlinge das Lager in Schach gehalten haben, bis die russische Armee eintraf. Was müssen diese Tom Fugmanns der kommunistischen Idee für eine Kraft zutrauen, dass sie noch heute ihren alten Antikommunismus aufwärmen und pflegen. Komisch nur, weil es diese alten richtige Kommunisten gar nicht mehr gibt.

    • Sozialismus heißt, „Jeder bekommt was er erarbeitet, und Jeder hat das Recht auf Arbeit“. Im Kommunismus heißt es, „Jeder bekommt nach Bedarf“, was heißt, Jeder bekommt, was er bedarf und braucht. Wenn Jeder sowieso bekommt was er braucht, dann bräuchte man also gar kein Geld mehr, man könnte das Geld abschaffen. Theoretisch gab es noch nie einen Kommunismus, sondern nur die Vorstufe, den Sozialismus. Die Reichen wollen dies nicht, weil Sie dann kein Profit mehr machen, und deshalb wird gehetzt über angeblich kommunistische Staaten. Übrigens nur so zum nachdenken, wenn sowieso Jeder bekommt was er braucht, dann geht auch keiner mehr arbeiten, wovon sollen wir uns dann ernähren?

      • Es ist ein Irrtum, dass im Kommunismus nicht gearbeitet werden braucht. Die Slogans, die du als sozialistisch proklamierst, stehen für einen vollendeten Kommunismus. Und auch deine Reihenfolge stimmt nicht, erst kommt das Recht auf Arbeit, dann ein garantierter Bedarf. Und versprochen hat nie jemand jemanden was. Das muß alles erarbeitet werden. Die sozialistische Parole hieß: wir bauen den Sozialismus auf. Ja, in der DDR gab es ein gesetzlich verankertes Arbeitsrecht. Dass würde auch einer nichtsozialistischen Demokratie gut zu Gesichte stehen. In einer Demokratie müßte nicht den Erfolgsfirmen in den Arsch gekrochen werden, indem der Staat den Firmen ihre billigen Arbeitskräfte zugesteht. Im vorigen Herbst lag dem Parlament in Berlin die Abstimmung über einen gesetzlich abgesicherten Mindestlohn vor. Die Mehrheit der Abgeordneten stimmte nicht zu. Schaut euren Parteien und Abgeordneten auf die Finger.

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