PERSPEKTIVE»online – 5. März 2024
Das Hasso-Plattner-Institut soll eine ganze Menge Geld ausgegeben haben, um die Gründung eines Betriebsrats zu verhindern und mit dem „Institutsrat“ stattdessen ein „alternatives Vertretungsorgan“ einzurichten. Es wäre jedoch nicht das erste Mal, dass mit allen Kräften gegen eine Betriebsratsgründung vorgegangen wird.
Das „Hasso-Plattner-Institut” (HPI), eine private Potsdamer IT-Hochschule, soll laut Berichten des Recherchenetzwerks CORRECTIV die Gründung eines Betriebsrats verhindert und dafür sogar 200.000 Euro bezahlt haben. Der überwiegende Teil des Geldes soll dabei an die Anwaltskanzlei „Pusch Wahlig Workplace Law“ gegangen sein, die das Hasso-Plattner-Institut dahingehend beraten haben soll, einen Betriebsrat im Institut zu verhindern. Auch bei der Betriebsratsgründung bei dem Lieferservice „Flink” in Berlin 2023 soll die Kanzlei mitgemischt haben. Auf den zugehörigen Rechnungen der Kanzlei an das Hasso-Plattner-Institut, die nicht nur dem CORRECTIV vorlägen, sondern auch dem Tagesspiegel und den Potsdamer Neuesten Nachrichten, seien Leistungen wie z.B. Telefonate zum Thema „BR-Wahl/Wahlvorstand“ und für die „Begleitung des Wahltages“ aufgelistet.
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Verschwundene Plakate, kurzfristige Betriebsversammlung und 22.000 Euro für alternative „Narrative“: Geschäftsführung fährt alles auf
Im Hasso-Plattner-Institut, das ca. 1.000 Studierende ausbildet, bildete sich laut Berichten der rund 120 Beschäftigten im Frühjahr 2023 eine Initiative, die auf die Gründung eines Betriebsrates hinarbeitete. Die Initiative sei jedoch von Anfang an nicht auf Zuspruch von Seiten der Unternehmensführung gestoßen. Diese habe hingegen vorgeschlagen, eine „alternative Vertretung” einzuführen. Als die Initiative dann im September für eine Betriebsversammlung eingeladen hatte, verschwanden die zugehörigen Plakate noch am selben Tag wundersam von den Wänden.
Kurz darauf lud dann die Geschäftsführung ihrerseits zu einer Betriebsversammlung ein, auf der auch die Kanzlei Pusch Wahlig vertreten war. Dabei wurde auf anonymisierte Mitarbeiter:innenfragen geantwortet, die im Vorfeld gesammelt worden seien. Fragen seien etwa gewesen, was man auf dem Wahlzettel ankreuzen müsse, um einen Betriebsrat zu verhindern. Gleichzeitig ließen sich Anwaltskanzlei und Geschäftsführung wohl eine weitere Idee einfallen, wie man auch dauerhaft einen Betriebsrat verhindern könnte: einen „Institutsrat“. Dafür beauftragte das Hasso-Plattner-Institut sogar ein Unternehmen, das den Mitarbeitenden des Instituts einen solchen Institutsrat durch „Narrative und Botschaften“ schmackhaft machen sollte. Dafür sollen über 22.000 Euro ausgegeben worden sein. Die Taktik funktionierte und statt eines Betriebsrats wurde tatsächlich ein Institutsrat installiert.
Alternative Gremien wie „Institutsräte“ sind ohne Durchsetzungsfähigkeit
Die Geschäftsführung habe wohl mit sehr viel Aufwand für die Installierung des Institutsrates geworben und soll sogar verbreitet haben, dass ein Betriebsrat die „Entwicklung des Hasso-Plattner-Instituts“ hemmen würde. Laut der Geschäftsführung habe der Institutsrat weitergehende Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte als ein Betriebsrat. Welche, wurde nicht gesagt.
Arbeitsrechtsanwalt Stefan Chatziparaskewas, der sich schwerpunktmäßig mit dem Thema „Betriebsräte” beschäftigt, geht dem entgegen davon aus, dass alternativen Gremien wie „Institutsräten“ geradezu die gesetzlichen Rechte fehlten, die ein Betriebsrat hat. Ein Betriebsrat hat beispielsweise Zugriff auf Listen über die Bruttogehälter der Beschäftigten – ein Institutsrats hingegen nicht: „Man suggeriert damit seinen Mitarbeitenden: Wir tun etwas für euch. In Wahrheit haben diese Interessenvertretungen aber keine Durchsetzungsfähigkeit”, so Chatziparaskewas zu „alternativen“ Gremien anstelle eines Betriebsrats.
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Nicht das erste Mal für Plattner
Geldgeber des Hasso-Plattner-Instituts, der IT-Unternehmer und Namensgeber Hasso Plattner, habe wohl schon bei dem von ihm mitgegründeten Unternehmen „SAP” versucht, die Gründung eines Betriebsrats mit allen Mitteln zu verhindern. Das Betriebsverfassungssystem und SAP passten einfach nicht zusammen, so Plattner damals. Sogar mit einer Verlegung des Konzerns ins Ausland wurde gedroht.
Nachdem die Betriebsratsgründung 2006 trotz aller Hindernisse geglückt war, kam auf Druck der Betriebsratsmitglieder hin heraus, dass die Gehaltsstufen im Konzern ganz erheblich variierten: den Arbeiter:innen wurden zwischen 18.791 Euro bis 214.548 Euro Jahresgehalt gezahlt, was vom Unternehmen vorher nie transparent gemacht wurde. Die Unternehmensführung wollte die Offenlegung dieser Informationen sogar gerichtlich untersagen.
Aktion gegen Arbeitsunrecht: Installation des Institutsbetriebsrats sei Union-Busting
Der Verein „Aktion gegen Arbeitsunrecht e.V.”, der auf seiner Website regelmäßig über „Union Busting” (dt.: „Gewerkschaften/Arbeitnehmervertretungen sprengen”) berichtet, verurteilt die Institutsratsgründung im Hasso-Plattner-Institut als Betriebsratsbehinderung:
„Der Pseudo-Betriebsrat am HPI greift das Vertretungsmonopol des Betriebsrats für die Interessen der Lohnabhängigen in Deutschland an. Kanzlei Pusch Wahlig versucht hier offenbar, einen rechtsfreien Raum abseits des Betriebsverfassungsgesetzes zu schaffen.
Alternative Vertretungsorgane haben nämlich vor dem Arbeitsgericht keine rechtliche Durchsetzungskraft. Mit ihnen gibt es bei Massenentlassungen kein Recht auf einen Sozialplan, keinen Schutz vor Union Busting (§ 119 BetrVG), keine verpflichtenden Einigungsstellen, um zu Betriebsvereinbarungen zu kommen und vieles mehr“, so Elmar Wigand, Pressesprecher der Aktion Arbeitsunrecht.
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Erstveröffentlichung am 5. März 2024 auf »PERSPEKTIVE>>«. Wir danken den Genossinnen und Genossen von »Perspektive« für ihre gute Arbeit und der Genehmigung der Weiterveröffentlichung. Bilder und Bilduntertexte wurden ganz oder zum Teil von der Redaktion »RoterMorgen« hinzugefügt.
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