Ein Rückblick: Die Weltwirtschaftskrise (1929-1932)

Sascha – 13. Mai 2020

Es lohnt sich, mal einen Blick zurückzuwerfen zur letzten Weltwirtschaftskrise, um eine Ahnung davon zu bekommen, was uns in den kommenden Jahren erwartet. Offenbar steht heute das internationale Kapital an einer Schwelle, wo sich die inneren und äußeren Probleme und Konflikte der großen imperialistischen Länder derartig zugespitzt haben, daß nur „höhere Mächte“ dem noch Abhilfe schaffen können.

Und so wurde ein Virus in Umlauf gebracht, um die Weltwirtschaft für einige Wochen lahmzulegen. Eine „Normalität“ wird es danach nicht mehr geben (wenn man das kapitalistische Ausplünderungs- und Bereicherungssystem auf Kosten der werktätigen Bevölkerung überhaupt als „normal“ bezeichnen kann). Hier nun der Vergleich: 

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Dr. Karl-Heinz Schwank

Die staatsmonopolistischen Antikrisenmaßnahmen
(1929 bis 1932)

Suppenküche 1929. Bild YouTube

Die Weltwirtschaftskrise von 1929 bis 1932 war ein Höhepunkt staats­monopolistischer Aktivität. Die Entwicklung zwang die Monopolbour­geoisie, Zuflucht zu einem umfangreichen Antikrisenprogramm zu nehmen. Die herrschenden Kreise Deutschlands bemühten sich, durch den breiten Einsatz staatlicher Machtmittel der revolutionären Bewegung beträcht­licher Teile der Arbeiterklasse und anderer Werktätigen zu begegnen, die außerordentlichen Krisenlasten der Mehrheit des Volkes aufzubürden und die ökonomischen und politischen Positionen des Monopolkapitals zu er­halten.

Wie nicht anders zu erwarten war…

Die Krise selbst brach aus wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Zwar gab es in Deutschland bereits in den letzten beiden Jahren der relativen Stabi­lisierung Anzeichen für das Ende der Konjunktur. Die Investitionen hatten mit 7,3 Milliarden Reichsmark ihren Höhepunkt im Jahre 1928 erklommen (gegenüber 6,1 Milliarden im Jahre 1929), und was die Indexziffern der Aktienkurse betraf, so war hier der höchste Stand im Jahre 1927 erreicht worden. Sie betrugen im Jahresdurchschnitt

1924 – 100,
1926 – 109,
1927 – 158,
1928 – 148,4 und
1929 – 133,9.

Die Produktionsziffern wiesen je­doch im Jahre 1929 noch eine geringe Steigerung gegenüber dem Vorjahr auf (0,4 Prozent). Im deutschen Außenhandel schließlich erbrachte das Jahr 1929 erstmalig in der Nachkriegszeit einen geringen Überschuß von 36 Mil­lionen Reichsmark.

Eine rasch wachsende Arbeitslosigkeit

Die Weltwirtschaftskrise machte der erhofften weiteren konjunkturellen Entwicklung ein Ende. Den Anstoß dazu gab der große Börsenkrach von New York in den letzten Oktobertagen des Jahres 1929. Deutschland, das durch amerikanische Anleihen usw. besonders enge Bindungen zu den USA hatte, wurde rasch in den Strudel des wirtschaftlichen Verfalls hineinge­rissen. Die Prosperität des vorhergehenden Jahrfünfts erwies sich als Scheinblüte. Die Weltwirtschaftskrise von 1929 bis 1932 entwickelte sich auf der Grundlage der allgemeinen Krise zur schwersten Krise, die die kapitalistische Ordnung je erlebt hatte (vgl. Tabelle 4). Die Arbeitslosenziffer überschritt in Deutschland die Sechs-Millionen-Grenze (vgl. Tabelle 5).

Tabellen 4 und 5


 

Welche Maßnahmen ergriffen die Machthaber?

1. Drastischer Abbau der Rechte und Freiheiten

Die Weltwirtschaftskrise verschärfte alle Widersprüche der kapitalisti­schen Ordnung und offenbarte die Richtigkeit der marxistisch-leninistischen Einschätzung des Imperialismus als faulenden, sterbenden Kapitalismus. Die Monopolbourgeoisie war allerdings keineswegs bereit, ihre Machtpositionen preiszugeben. Sie unternahm vielseitige Anstrengungen, um den wachsenden Schwierigkeiten zu begegnen. Vor allem ging sie in breitem Umfang daran, die demokratischen Rechte und Freiheiten der Werktätigen einzuschränken und abzubauen.

2. Hartes Durchgreifen der Regierung

Den Auftakt gab zu Beginn der Krise der Reichsverband der Deutschen Industrie auf seiner außerordentlichen Mitgliederversammlung am 12. De­zember 1929. Carl Duisberg forderte in seiner Eröffnungsrede als Vorsit­zender des Präsidiums des Unternehmerverbandes: „Es darf nicht halbe, es muß ganze Arbeit sein, die gemacht wird. Kompromisse helfen nicht mehr. Es geht ums Prinzip, ums ganze System.“ [86] In der Diskussion for­derte dann unter anderen der Vorsitzende des Verbandes Sächsischer Indu­strieller, Wittke, die Schaffung

„einer festen und beständigen Regierung, die durchzugreifen ernsthaft gewillt ist … Ist das Parlament seiner Auf­gabe nicht gewachsen, kann es sie nicht meistern, dann wird gar nichts an­deres übrigbleiben, als wieder einmal, wie es ja bereits 1923/24 der Fall gewesen ist, sich auf das Gebiet der Verordnungen zu begeben … Man muß versuchen, durch Verordnungen den Zustand zu schaffen, den die feh­lende Gesetzgebung uns nicht schaffen kann. – Ich stehe durchaus nicht isoliert da, wenn ich sage: ein Ermächtigungsgesetz kann vielleicht noch die einzige Hilfe sein, die aus diesem Elend herausführt.“ [87]

3. Die Verfassung wird außer Kraft gesetzt

In den nächsten drei Jahren bereiteten diese Kräfte jene Ermächtigung vor, die Hitler schließlich von den deutschen Monopolisten erhielt, eine Blankovollmacht für den zweiten Weltkrieg. Vorerst aber wurde am 30. März 1930 die Koalitionsregierung unter Leitung des Sozialdemokraten Hermann Müller durch das Kabinett Brüning abgelöst. Der neue Kanzler, einer jener konterrevolutionären Offiziere, die noch im November 1918 die Monarchie retten wollten, betonte bereits in seiner Regierungserklärung, er werde autoritär regieren. Mit Hilfe des berüchtigten Artikels 48 der Weimarer Verfassung, der dem Reichspräsidenten „im Notfalle“ faktisch unum­schränkte Macht zubilligte, wurde unter Ausschaltung des Parlaments eine ganze Reihe von Notverordnungen in Kraft gesetzt. Als im Reichstag ein Antrag nach Aufhebung der Notverordnungen mit knapper Stimmenmehr­heit angenommen wurde, löste Hindenburg auf Ersuchen Brünings am 18. Juni 1930 den Reichstag auf.

4. Monopole und Großbanken greifen ein…

Unter den Bedingungen des Bankrotts der kapitalistischen Wirtschaft und der raschen ökonomischen Entwicklung in der Sowjetunion wurde die allgemeine Krise des kapitalistischen Systems immer offenkundiger. Um ihr und dem revolutionären Aufschwung der deutschen Arbeiterbewegung zu begegnen, griffen die Beherrscher der Monopole und der Großbanken immer unverblümter in die Politik, in die Tätigkeit des Staates ein. Auf der Tagung des Hauptausschusses des Reichsverbandes der Deutschen In­dustrie am 23. Mai 1930 hatte Duisberg bereits gefordert:

„Es gilt, in aktiver politischer Arbeit für die Durchsetzung und Berücksichtigung wirt­schaftlicher Notwendigkeiten bei politischen Entscheidungen zu kämp­fen … Wir müssen dahin kommen, daß auch in der Politik wirtschaftliche Angelegenheiten von wirtschaftlichen Sachverständigen maßgeblich heein­llußt werden.“ [88]

5. Zahlreiche Notverordnungen werden erlassen

Die Politik Brünings sei „als erster Anfang einer Umkehr“ zu begrüßen, wurde von seiten des Reichsverbandes der Deutschen Industrie auf einer Sitzung im November 1930 betont, doch das genüge nicht.  … wir denken gar nicht daran, das schon als Endprogramm der neuen Entwicklung anzu­sehen.“ [89] Brüning war selbst zu dieser Tagung gekommen und stimmte dem faktisch zu. Die weiteren Maßnahmen seiner Regierung zeigten, wie ernst er es damit meinte. Während der Reichstag im Jahre 1930 noch 98 Gesetze verabschiedete, waren es im Jahre 1931 34 und im Jahre 1932 nur noch 5. Dafür schwoll die Zahl der ohne Zustimmung des Reichstages erlassenen Notverordnungen einschließlich Ergänzungsverordnungen von 5 im Jahre 1930 auf 44 im Jahre 1931 und 66 im Jahre 1932 an. Die Kon­zerngewaltigen gingen daran, den bürgerlichen Parlamentarismus zu liqui­dieren und ihre offene, unverhohlene Diktatur zu errichten.

6. Bekämpfung der politischen Ausschreitungen

Demonstration 1930 in Berlin. Bild: YouTube

Mit mächtigen Streiks und Kampfaktionen wandten sich Hunderttau­sende klassenbewußter Arbeiter gegen diese Politik sowie gegen die Abwäl­zung der Krisenlasten auf das Volk. Der Einfluß der Kommunistischen Par­tei Deutschlands nahm bedeutend zu. Ihre Mitgliederzahl stieg von 130.000 im Jahre 1928 auf 330.000 im Jahre 1932. Ihre Wählerstimmen konnte sie fast verdoppeln (1928 3,2 Millionen, 1932 knapp 6 Millionen). Mit Terror­methoden versuchten die herrschenden Kreise, dieser Entwicklung zu be­gegnen. Im März 1931 setzte die Brüning-Regierung eine Notverordnung zur „Bekämpfung der politischen Ausschreitungen“ in Kraft. Damit wurde eine weitere Handhabe geschaffen zur noch stärkeren Unterdrückung der fortschrittlichen Kräfte.

7. Die Monopolkapitalisten finanzieren die Nazis

Die Vertreter des Monopolkapitals, Junker, Militaristen, Faschisten, die Kräfte von Hugenberg bis Hitler bildeten am 11. Oktober 1931 die soge­nannte Harzburger Front. Monopolvertreter hatten bereits in den Jahren zuvor die faschistische Partei unterstützt. [90] Nunmehr jedoch geschah dies in noch stärkerem Maße. Das Ruhrkohlensyndikat, dem Kirdorf vorstand, führte pro Tonne verkaufter Kohle 5 Pfennige an die Nazipartei ab. Allein das machte pro Jahr rund 6 Millionen Reichsmark aus. Am 27. Januar 1932 fand im Düsseldorfer Industrieklub ein Vortrag Hitlers vor den Spitzen der Monopolisten und des Finanzkapitals statt. Die Zusammenarbeit zwischen Monopolkapital und Nazis wurde perfekt. Die Monopolisten er­koren Hitler als ihren Mann, in der Erkenntnis, daß er ihre antinationalen, reaktionären Interessen vorbehaltlos verwirklichen würde.

8. Die Lügen der Nazis

Die Faschisten hüteten sich allerdings, offen als Interessenvertreter der mächtigsten Ausbeuter aufzutreten. Sie entwickelten vielmehr eine raffi­nierte soziale Demagogie, wellerten gegen das „raffende Kapital“, sprachen von „Brechung der Zinsknechtschaft“ usw. Sie waren dazu gezwungen, denn bei der wachsenden antikapitalistischen Stimmung der Volksmassen, die die Leiden der Krise mehr und mehr als Gebrechen des gesamten kapitalistchen Systems empfanden, hätten sie als offene Verteidiger der Mono­polisten keine Resonanz gefunden. So half ihnen jedoch gerade ihre soziale Demagogie, vor allem in kleinbürgerlichen Kreisen, aber auch unter Arbeitern und Angestellten, ihren Einfluß auszudehnen.

9. Auflösung des Reichtags und Machtübertragung an Hitler

Nach dem Sturz der Brüning-Regierung am 30. Mai 1932 erfolgte mit dem Kabinett von Papen ein weiterer Ruck nach rechts. Als am 12. September 1932 ein Antrag der Kommunistischen Partei Deutschlands im Reichstag mit Mehrheit angenommen wurde, der sich gegen eine Notver­ordnung der Regierung richtete, die den Lohnabbau der Unternehmer lega­lisierte, wurde der Reichstag erneut aufgelöst. Am 2. Dezember 1932 übernahm Reichswehrgeneral von Schleicher die Macht. Doch seine Regierung bereitete nur die faschistische Diktatur vor. Bereits am 6. November 1932 halte eine Gruppe deutscher Monopolisten, unter anderen Thyssen, Krupp, Haniel, Schacht, Schröder, Siemens, Vögler und Bosch, in einem Brief an Hindenburg eine entsprechende Forderung erhoben. Offen verlangte sie die „Übertragung der verantwortlichen Leitung eines … Präsidialkabinetts an den Führer der größten nationalen Gruppe“ [91], das heißt die Machtübertragung an Hitler.

10. Abwälzung der Krisenlasten auf die Werktätigen

Die staatsmonopolistischen Maßnahmen, mit denen die herrschende Klasse den Auswirkungen der Krise zu begegnen trachtete, zielten vor allem darauf ab, die Krisenlasten der werktätigen ßevölkerung aufzubürden, die Monopole aber vor ihnen zu bewahren. Es ist hier nicht möglich, ein voll­ständiges Bild all des Elends und der Not zu zeichnen, das die Krise und die Politik der herrschenden Klasse verursachten. Hier kann nur auf einige wenige Fakten verwiesen werden. Durch Notverordnungen wurden die Löhne und Gehälter der Arbeiter, Angestellten und Beamten Schritt um Schritt herabgedrückt. So sah zum Beispiel die „Vierte Verordnung des Heichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen und zum Schutze des inneren Friedens“ mit Wirkung vom 1. Januar 1932 unter an­derem vor, alle Löhne und Gehälter auf den Stand vom 10. Januar 1927 zu senken. Bürgerliche Berechnungen ergaben: „Rein zahlenmäßig ge­sehen, gingen in den Jahren 1929 bis 1932 die tariflichen Lohnsätze um 21 v. H., dagegen die tatsächlichen Stundenverdienste um 27 v. H. und die Wochenverdienste um 32 v. H. zurück.“ [92]

11. Weitere Lohnsenkungen…

Darüber hinaus wurden die Ausbeuter ermuntert, von sich aus weitere Lohnsenkungen vorzunehmen. So gab eine Verordnung der Papen-Ilegierung vom 5. September 1932 die Handhabe, unter bestimmten Bedingun­gen die Tariflöhne bis zu 50 Prozent zu unterschreiten. Im weiteren wurde unter dem Deckmantel des Kampfes gegen die Arbeitslosigkeit eine „Auflockerung der Tarife“, eine „Beseitigung der Starrheit der Tarifver­träge“, das heißt faktisch ihre Beseitigung angestrebt. Die Unternehmer­verbünde waren dabei die Initiatoren. In einer gemeinsamen Erklärung vom 29. September 1931 erhoben sie entsprechende Forderungen. Die Ge­werkschaften sprachen sich ohne Ausnahme dagegen aus. Sie konnten je­doch nicht verhindern, daß die Hcgierung den Wünschen der Unterneh­merverbände weitgehend nachkam.

12. Drastische Kürzungen der Sozialleistungen

Die Sozialausgaben wurden mehr und mehr verringert, Renten und Pensionen drastisch gekürzt. Doch auch die bescheidenen Unterstützungen der Arbeitslosen schrumpften zusammen. Die Ausgaben der Arbeitslosen­versicherung wurden so reduziert, daß im Jahre 1932 aus der Arbeitslosen­versicherung sogar ein Uberschuß von 199 Millionen Reichsmark ent­sprang. [93] Allerdings wurden die Arbeitslosen daneben zum Teil durch die Arbeitslosenfürsorge unterstützt. Doch auch deren Zahlungen wurden 1932 gegenüber dem Vorjahr um 119 Millionen Reichsmark eingeschränkt. [94] Dabei war das Jahr 1932, in dem 6,1 Millionen Arbeitslose gezählt wurden, der Höhepunkt der Krise (vgl. Tabelle 6).

Tabelle 6


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Wie kämpfte die KPD gegen den Sozialraub?

Die KPD warnte schon wie mit diesem Plakat von 1020 vor dem alten/neuen Militär. Das Plakat stellt bewaffnete Arbeiter und im Blut watende, vom Kapitalismus gelenkte Militärs (links Hans von Seeckt, rechts Wilhelm Groener, im Hintergrund der Großindustrielle Hugo Stinnes) gegenüber. An den Beinen der Generäle reckt Gustav von Kahr (BVP) freudig die Arme in die Höhe, Reichswehrminister Gustav Noske (SPD) leckt ihre Stiefel. Das Plakat wurde in München wegen des Aufrufs zum Klassenkampf verboten. (Bayerisches Hauptstaatsarchiv, Plakatsammlung)

Auf der Plenartagung des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Deutschlands am 19. Februar 1932 hob Ernst Thälmann hervor, daß allein bis zu diesem Zeitpunkt „der innere Markt durch die dauernde Senkung der Massenkaufkraft um etwa 30 Prozent unter den Stand von 1929 herab­gedrückt“ [96] worden war. Dabei wurden durch Zölle usw. eine ganze Reihe wichtiger Industrie- und Agrarpreise künstlich hochgehalten, so unter anderem im Interesse der Junker der Preis für Brotgetreide.

Die Kommunistische Partei Deutschlands führte einen entschiedenen Kampf gegen diese Politik. Im Programm zur nationalen und sozialen Be­freiung des deutschen Volkes vom August 1930 entlarvte sie die Schuldigen am Elend des Volkes und zeigte den Ausweg. Sie veröffentlichte ein Arbeitsbeschaffungsprogramm und machte sich mit ihrem Bauernhilfsprogramm zum Sprecher der Interessen der notleidenden Bauern. Sie verlangte unter anderem die Niederschlagung der Schulden der Klein- und Mittel­bauern und aller Zinszahlungen.

Das kapitalistische System in Frage gestellt

In den Jahren, da die Sowjetunion ihren ersten Fünfjahrplan verwirk­lichte und einen raschen ökonomischen Aufschwung erlebte, nahm der Verfall der kapitalistischen Welt rasch zu, wurde die Existenz dieses ge­samten Systems in Frage gestellt. Auch die mächtigsten deutschen Mono­pole wurden von der Krise hart betroffen. Doch mit Hilfe staatsmonopolistischer Maßnahmen gelang es den meisten von ihnen, ihre Positionen zu erhalten.

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Milliardensummen für Banken und Unternehmer

Auf den verschiedensten Wegen wurden den Monopolisten und Groß­unternehmern, den Bankherren und Junkern durch den Staat riesige Sum­men zugeschanzt. Bereits die erste Brüningsche Notverordnung im Juli 1930 brachte den Kapitalisten eine Steuersenkung von 1,4 Milliarden Reichsmark. Noch im gleichen Jahr gab die Regierung Kredite in Höhe von 2 Milliarden Reichsmark an Konzerne und Großbanken und über­nahm darüber hinaus finanzielle Garantien. Einige große Konzerne bra­chen in der Krise zusammen, andere waren nur mit Hilfe des Staates in der Lage, dem völligen Bankrott zu entgehen. Am 13. Juli 1931 war die Danatbank (Darmstädter und Nationalbank) gezwungen, ihre Zahlungen einzustellen. Den anderen Großbanken stand das gleiche Schicksal unmittelbar hovor.

„Die Banken wurden zahlungsunfähig, weil sie den zusammengehörenden Konzernen, wie Nordwolle, Schultheiß-Patzenhofer, Borsig usw. riesige Kredite eingeräumt hatten, weil diese Kredite entweder verloren waren oder aber eingefroren, wie z.B. beim Stahltrust, Ruhrbergbau und anderen Konzernen.“ [97]

Die Brüning-Regierung griff den bedrohten Bank­monopolen unter die Arme, verfügte eine vorübergehende Schließung der Banken, sanierte die bankrotten Banken aus den Steuergroschen des Vol­kes (etwa 1,2 Milliarden Reichsmark) und rettete damit die Finanzgewal­tigen vor dem Zusammenbruch ihrer Machtinstitutionen.

Die Kapitalisten und Junker sacken riesige Gewinne ein

Große Gewinne konnten Monopolisten und Junker durch die vom Staat zu ihren Gunsten betriebene Zollpolitik erzielen. Daneben gab die Regie­rung an Monopolunternehmen die verschiedensten offenen und versteckten Subventionen und hielt sie über Wasser. Ein eklatanter Fall dieser Art ereignete sich am Ende der Ära Brüning. Friedrich Flick beherrschte mit einem Paket Gelsenkirchner-Bergwerks-Aktien im Umfang von 110 Mil­lionen Reichsmark seit Anfang 1930 die Vereinigten Stahlwerke. Doch die Krise brachte auch ihn an den Rand des Ruins. Der Aktienkurs dieser Papiere war inzwischen auf weniger als ein Viertel des Nominalwertes ge­sunken. In dieser Situation übernahm der Staat diese Aktien etwa zum rund Vierfachen des Kurswertes, zahlte Flick hierfür rund 100 Millionen Reichsmark und verhalf so diesem Monopolisten zu einem glänzenden Geschäft. Es sei noch erwähnt, daß Flick dieses Aktienpaket in der Zeit des Faschismus, 1937, zu einem niedrigen Preis vom Staat zurückerhielt. [98]

Gewaltige Umverteilung von unten nach oben

In der Weltwirtschaftskrise betätigte sich der Staat offen und ohne Skru­pel als Sachwalter der Interessen der Monopolisten, führte ihnen Milliarden­beträge zu, die er den Werktätigen entzog, und bewahrte nicht wenige Mo­nopolisten vor dem Bankrott. Doch er entwickelte gleichzeitig ein umfang­reiches Programm zur Unterstützung der kapitalistischen Landwirtschaft. Das sogenannte Osthilfegesetz wurde erlassen. Angeblich sollte es den not­leidenden Bauern helfen. In Wirklichkeit aber erhielten etwa 13.000 Jun­ker und Großgrundbesitzer den überwiegenden Teil der direkten und in­direkten staatlichen Zuschüsse in Höhe von rund 4 Milliarden Reichsmark.

Wie konnten die Kapitalisten ihr Eigentum erhalten?

Als Resultat der Krise konnten die überwiegende Mehrheit der Monopo­listen und die meisten Junker mit Hilfe des Staates ihr Eigentum erhalten, während Millionen Arbeiter, werktätige Bauern, Angehörige der Intelligenz und des Mittelstandes verelendeten. Die Tatsache, daß die Ausbeuter von der Krise dank staatlicher Hilfe bedeutend weniger betroffen wurden als die Werktätigen, widerspiegelt sich sogar in der offiziellen bürgerlichen Statistik (vgl. Tabelle 7).

Tabelle 7

Wirtschaftliche Maßnahmen der Monopole

In ihrem Streben, den Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise zu be­gegnen, griffen die deutschen Monopolisten und ihre Interessenvertreter zu besonderen Mitteln. Um der ökonomischen Schwierigkeiten im Innern Herr zu werden, nahm der Staat eine Vielzahl unmittelbarer Eingriffe in das Wirtschaftsleben vor. Wenn man in den Jahren vorher noch von „freier Wirtschaft“ sprach, war es jetzt tatsächlich so, daß mit der Weltwirtschafts­krise „das Ende des liberalen Zeitalters besiegelt wurde“ [102]. Zu den bereits genannten staatlichen Eingriffen auf lohn- und steuerpolitischem Gebiet, zur Sanierung bankrotter Monopole, zu der Subventionierung in den ver­schiedensten Formen, der Übernahme von Garantien, der Vergabe von Krediten, der Erhöhung der Zölle usw. kamen solche Maßnahmen wie die Devisenbewirtschaftung, die Kontingentierung der Importe, die zwangs­weise Reduzierung des Tabak-, des Zuckerrübenanbaues und andere.

Staatsschulden, Defizifinanzierung und Arbeitsbeschaffung

Bei all diesen Bemühungen, die auch in vielfältigen Maßnahmen auf finanzpolitischem Gebiet ihren Ausdruck fanden, wurde jedoch bis etwa Mitte 1932 im offensichtlichen Bestreben, inflationistische Tendenzen zu vermeiden, die Währung im wesentlichen nicht angetastet. Die Staatsschuld erhöhte sich beispielsweise von 8,2 Milliarden Reichsmark im Jahre 1929 auf nur 11,4 Milliarden Reichsmark im Jahre 1932. Lange Zeit blieb das Prinzip des Haushaltsgleichgewichts ein Grundsatz der wirtschaftlichen Betätigung des Staates. Das änderte sich erst unter den Regierungen Papen und Schleicher. Sie unternahmen Versuche, vor allem durch Methoden der Defizitfinanzierung, die Verwertungsbedingungen des Kapitals günstig zu beeinflussen und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen einzuleiten.

Steuergeschenke an die Unternehmer

Hier ist vor allem der sogenannte Papen-Plan zu nennen. Er „entstand … in Ausspra­chen der Reichsbank sowie der Ministerien für Wirtschaft und Finanzen unter Mitwirkung von Vertretern der Bankwelt und der Industrie“ [103]. Er sah insbesondere vor, etwa 2 Milliarden Reichsmark Staatsmittel in kon­junkturbelebender Weise zu verwenden, und zwar durch Ausgabe soge­nannter Steuergutscheine. Diese staatlichen Papiere repräsentierten fak­tisch Steuergeschenke an die Unternehmer, sie konnten in den Jahren 1934 bis 1939 an Stelle von fälligen Steuern in Zahlung gegeben werden. In der Zwischenzeit aber fungierten sie als Kreditunterlagen. Die Unternehmer konnten darauf zur Finanzierung ihrer Produktion Kredite erhalten. Bis Dezember 1932 wurden Steuergutscheine in Höhe von 263 Millionen Reichsmark ausgegeben. Unter der faschistischen Regierung stieg diese Summe auf 644 Millionen Reichsmark im Mai und auf 1215 Millionen Reichsmark im Dezember 1933.

Regierung pumpt Geld in die Wirtschaft

Das von Papen in Angriff genommene Programm der Defizitfinanzie­rung wurde von der Regierung Schleicher durch ein Projekt ergänzt, das vorsah, den mit Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen beauftragten Firmen Kredite einzuräumen. In der Weltwirtschaftskrise wurde in Deutschland ein umfangreiches Programm staatsmonopolistischer Maßnahmen in die Tat umgesetzt. Unter anderem begann die Regierung schließlich, auch finanzielle Mittel in die Wirtschaft zu pumpen, die zu einem staatlichen Defizit führten. Es wurde also jenes Mittel angewandt, das sich insbesondere im Faschismus zu einer der Hauptmethoden auf finanzpolitischem Gebiet entwickelte.

Der berüchtigte Young-Plan der USA

Eine bedeutende Belastung waren für Deutschland die Reparationsver­pflichtungen. Bereits Anfang 1929 begannen internationale Beratungen, an denen von deutscher Seite unter anderen Schacht, der Bankier Melchior, Vögler als Generaldirektor der Vereinigten Stahlwerke und Ludwig Kastl, das geschäftsführende Präsidiumsmitglied des Reichsverbandes der Deut­schen Industrie, teilnahmen. Im Ergebnis dieser Verhandlungen wurde Anfang 1930 der Young-Plan angenommen. Er sah eine Verringerung der jährrlichen Reparationszahlungen Deutschlands auf 2 Milliarden Reichs­mark vor. Ferner wurden internationale Überwachungen, die bis dahin be­standen, abgeschafft. Damit fielen, bei Beibehaltung der Hauptlasten der Reparationszahlungen für das deutsche Volk, weitere Behinderungen für den deutschen Imperialismus.

Deutsche Goldreserven fließen in die USA

Als mit der Verschärfung der Krise neben den politischen vor allem die ökonomischen Schwierigkeiten des deutschen Monopolkapitals wuchsen – im Juni 1931 verlor die Reichsbank innerhalb einer Woche 1 Milliarde ihres Gold- und Devisenbestandes – und Deutschland die fälligen Reparationszahlungen nicht aufbrachte, schlug USA-Präsident Hoover ein Mora­torium vor. Dieses Projekt, die Reparationszahlungen vorerst für ein Jahr auszusetzen, wurde angenommen. Auf der Lausanner Konferenz beschlossen die Vertreter der imperialistischen Großmächte schließlich am 9. Juli 1032, mit einer im Laufe von 15 Jahren zu zahlenden Summe von 3 Milliarden Reichsmark die Reparationsverpflichtungen Deutschlands zu be­enden.

Weshalb unterstützten die USA u.a. die deutschen Monopolisten?

Die Ursachen für diese bedeutende Hilfe des ausländischen, beson­ders des amerikanischen, Monopolkapitals für den deutschen Konkurrenten lagen vor allem in dem Bestreben, angesichts der wachsenden Klassen­gegensätze in Deutschland den deutschen Imperialismus zu unterstützen, um ihn vor allem als Stoßkeil gegen die Sowjetunion zu erhalten. Auf diese Weise gelang es dem deutschen Imperialismus, den größten Teil der durch den Vertrag von Versailles auferlegten Behinderungen abzustoßen und so eine wichtige Voraussetzung für die weitere Vorbereitung seiner Revanche­pläne zu schaffen.

Wie rettete sich der deutsche Imperialismus vor dem Bankrott?

In der Weltwirtschaftskrise von 1929 bis 1932 entstand in dem Bestre­ben, die kapitalistische Ordnung vor dem Bankrott zu bewahren, eine ganze Palette von Antikrisenmaßnahmen. Der deutsche Imperialismus konnte sein System nur durch eine Vielfalt staatsmonopolistischer Eingriffe ret­ten, insbesondere

  1.  durch die Übernahme des Eigentums bankrotter Monopole in die Hand des Staates und die Verhinderung ihres Zusammenbruchs, die Ge­währung von Subventionen, Krediten und Garantien; durch lohn-, steuer- und zollpolitische Maßnahmen, Devisenbewirtschaftung und Importkontingentierungen, schließlich durch die Defizitfinanzierung einer Anzahl Pro­jekte, die auf eine Uberwindung von Krisenauswirkungen abzielten und anderes mehr – Maßnahmen, die die ökonomische Macht der Monopole erhielten, zum Teil allgemein die Kapitalverwertung auch in der Krise be­giinstigten und die ungeheuren Krisenlasten den Werktätigen aufbürdeten;
  2. durch die unter dem Deckmantel des Notstandes betriebene Liquidie­rung der bürgerlichen Demokratie und den schrittweisen Obergang zu autoritären Methoden bis zur Errichtung der offenen faschistischen Dikta­tur, durch die Regulierung der Klassenbeziehungen mit dem Ziel, die poli­tische Herrschaft der Imperialisten zu sichern;
  3. durch die Hilfe, die andere imperialistische Staaten dem deutschen Monopolkapital zukommen ließen.

Seit der Weltwirtschaftskrise von 1929 bis 1932 nehmen Antikrisenmaß­nahmen einen bedeutenden Platz im Repertoire der staatsmonopolistischen Regulierung ein.

 


 

Quelle:
Imperialismus heute. Der staatsmonopolistische Kapitalismus in Westdeutschland. Dietz Verlag Berlin, 1966, S.49-60.

[85] Statistisches Jahrbuch für das Deutsche Reich 1933, S.307.
[86] Wirtschafts· und Sozialpolitik, Steuer- und Finanzpolitik, Berlin 1930, S.6,
[87] Ebenda, S.38.
[88] Carl Duisberg: Abhandlungen, Vorträge nnd Reden aus den Jahren 1922-1933, Berlin 1933, S.105.
[89] Veröffentlichungen des Reichsverbandes der Deutschen Industrie, Heft 55, Berlin 1930, S.19.
[90] Vgl. Fritz Klein: Zur Vorbereitung der faschistischen Diktatur durch die deutsche Groß· bourgeoisie (1929-1932). In: Zeitschrift für Gescbichtswissenschaft, 1953, Heft 6, S.874ff.
[91] Zit. in: Dokumentation der Zeit, 1933, Heft 53, S.3015.
[92] Friedrich Syrup/Otto Neulob: Hundert Jahre Staatliche Sozialpolitik 1839-1939, S.273.
[93] Konjunkturstatistisches Handbuch 1933, Berlin 1933, S.162.
[94] Ebenda, S.112.
[95] Zwei Jahre Brüning-Diktatur. Handbuch der Kommunistischcn Reichstagsfraktion, Berlin 1932, S.31.
[96] Ernst Thälmann: Der revolutionäre Ausweg und die KPD, Berlin 1932, S.19.
[97] Ebenda, S.18.
[98] Vgl. Gerhard Volkland: Hintergründe und politische Auswirkungen der Gelsenkirchen-Affäre im Jahre 1932. In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, 1963, Heft 2, S.289 ff.
[99] Statistisches Jahrbuch für das Deutsche Reich 1934, S.500.
[100] Konjunkturstatistisches Handbuch 1933, S.80.
[101] Statistisches Jahrbuch für das Deutsche Reich 1934, S.502.
[102]Friedrich Lütge: Deutsche Sozial· und Wirtschaftsgeschichte, Berlin, Göttingen, Heidelberg 1952, S.404.
[103] Wilhelm Grotkopp: Die große Krise, Düsseldorf 1954, S.112.
[104] Vgl. Gerhard Kroll: Von der Weltwirtschaftskrise zur Staatskonjunktur, Berlin 1958, Kapitel 11.

Die Wiederveröffentlichung des Textes erfolgte erstmals am 9. Mai 2010 auf Sascha’s Welt..

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Dabei muss es sich nicht grundsätzlich um die Meinung der Redaktion handeln.

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