Das Manifest der Kommunistischen Partei zur Erforschung des deutschen Faschismus

Volkskorrespondenz zum Wochenede
Heinz Ahlreip – 7. Mai 2022

Heinz Ahlreip

Gemeinhin wird unter Marxisten-Leninisten zwecks Faschismusanalyse auf den im Mai 1852 erstmals veröffentlichten Text »18. Brumaire des Louis Bonaparte« als Primärtext zurückgegriffen. Im „18. Brumaire“ analysiert Karl Marx die bürgerliche Revolution von 1848 als eine Revolution in absteigender Linie. Zuerst tritt das Pariser Proletariat revolutionär auf, ergreift gegen die Trikolore die rote Fahne, wird grausam niedergeschlagen, und im Verlauf der Revolution schieben sich nacheinander politische Parteien mit sich überbietendem reaktionären politischen Grundgehalt in den Vordergrund, so dass es nicht verwunderlich sein konnte, dass der ganze Aufruhr in einer Militärdiktatur des Neffen Napoleons, Napoleons III., enden musste. Dieser Militärdiktator schien über den Klassen zu schweben.

Im Gegensatz dazu war die klassische bürgerliche Revolution von 1789 eine Revolution in aufsteigender Linie, mit den Gemäßigten beginnend, von den Girondisten zu den Jakobinern übergehend, und mit der Herrschaft des Plebs, der 1793 ihre politischen Errungenschaften gegen die Bourgeoisie absicherte, als Zenit.

Dass Marx 1852 eine richtige und sehr konkret detaillierte Klassenanalyse einer reaktionär-antidemokratischen Entwicklung innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft vorlegt, steht außer Frage, auch soll ihr der Rang eines primären Ausgangstextes zu einer Faschismusanalyse zu dienen, keineswegs abgesprochen werden. Mein Anliegen ist hier und heute eine historische Vertiefung, nämlich auf das im Februar 1848 erstveröffentlichte Kommunistische Manifest hinzuweisen, in dem es in seinem dritten Teil, im Komplex der sozialistischen und kommunistischen Literatur, nach dem feudalen und kleinbürgerlichen Sozialismus einen dritten und letzten Abschnitt mit der Überschrift ‘Der deutsche und der “wahre“ Sozialismus‘ gibt. Diese Abart des Sozialismus gilt Marx und Engels als reaktionärer Sozialismus. Wir finden in ihm die Physiognomie des deutschen Kleinbürgers und Biertischphilisters. Bei einer aufmerksamen Lektüre ergeben sich Vorkonturen einer faschistischen Ausrichtung bei ihnen bereits 1848. Der deutsche oder wahre Sozialismus vertrat schon damals das Interesse der deutschen Philister. Dieses in Deutschland in verschiedener Form immer wieder auftretende Kleinbürgertum bildet in Deutschland “die eigentliche gesellschaftliche Grundlage der bestehenden Zustände. Seine Erhaltung ist die Erhaltung der bestehenden deutschen Zustände“.1 An der politischen Aktualität dieser Sätze kann wohl kein Zweifel bestehen. Die herrschende Finanzbourgeoisie könnte sich ohne diese in Deutschland auf Grund reaktionärer historischer Traditionen stets nach rechts tendierenden widerlichen Klasse nicht an der Macht halten. Diese kleinbürgerlichen Typen sehen natürlich in der großen Bourgeoisie eine Bedrohung, noch mehr im aufstrebenden revolutionären Proletariat. Der Nationalsozialismus Hitlerscher Prägung schien dem deutschen Biertischfaschisten beide Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Schon 1848 hatten Marx und Engels geschrieben, dass dieser deutsche oder wahre Sozialismus die deutsche Nation als die normale Nation und den deutschen Spießbürger (1888 von Engels ergänzt: deutsche kleine Philister) als den normalen Menschen proklamiere. Ist hier nicht schon angelegt, dass am deutschen Wesen die Welt genesen solle?

Ich will keinesfalls das soeben Niedergelegte großspurig als eine Entdeckung von mir ausposaunen, mir ist diese Relation zwischen Ansätzen im Manifest und dem deutschen Faschismus, der sich ja als den wahren begriff, in der Sekundärliteratur bisher noch nicht untergekommen. Gern bitte ich hier um Überprüfung und gegebenenfalls um Belehrung. Unser aller Wissen ist begrenzt, in Deutschland verstieg sich nur der Idealist Hegel zum Allwissenden, eine Anmaßung, die Marx und Engels das eine oder andere Mal zu Genüge bloßstellten.
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1 Karl Marx, Friedrich Engels: Manifest der Kommunistischen Partei, Werke, Band 4, Dietz Verlag Berlin, 1960,487).

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