Bürgergeld: Schönfärberei & Etikettenschwindel

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Redaktion RoterMorgen – 17. Oktober 2022

Die „Ampelfritzen“ versprachen, Hartz IV abzuschaffen und durch ein Bürgergeld zu ersetzen.  Nun haben sie sich geeinigt, das bisherige Arbeitslosengeld II (Hartz 4) um 53 Euro auf 502 Euro zu erhöhen und diese Almosen in Bürgergeld umzubenennen.

Aber das ist nur Schönfärberei und nichts anderes war zu erwarten, denn die Aufgabe jeder Regierung in einem kapitalistischen Gesellschaftssystem ist es, dieses mit allen Mitteln zu erhalten. Dazu sind zwei Dinge erforderlich:
1. Der Reserve von Lohnsklaven (genannt Arbeitslose) muss so viel Barmittel in die Hand gegeben werden, das sie sich am Leben halten können.
2. Eine ausgeklügelter Etikettenschwindel muss den potenziellen Lohnsklaven vorgaukeln, das es ihnen gut geht.

Die Erhöhung von Hartz 4 um etwas mehr als 10% ist angesichts der Lebensmittelpreise um fast 15% und einer noch höheren Inflation bei Gas und Strom gleicht also nicht einmal die Inflation im Bereich des Grundbedarfs aus.

SPD, Grüne und FDP vermitteln den Eindruck, dass mit der von ihnen geplanten Einführung des Bürgergeldes die Abschaffung von Hartz IV verbunden sei. So ist es nicht, denn die Erhöhung ist zu niedrig und an der sozialen Härte von Hartz IV ändert die geplante Reform nichts!

Laut Sozialverbänden ist der neue Satz von 502 auch weiterhin deutlich unter dem, was es zum Leben bräuchte. Die SoVD-Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier erklärt: „Hier bleiben wir bei unserer Forderung: 650 Euro ab dem 1. Januar und 100 Euro sofort für den Übergang.“ Der Paritätische Wohlfahrtsverband wie auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) haben sogar eine Höhe von 678 Euro berechnet, bei der Hartz 4 liegen müsste. Die Erhöhung von Hartz 4 um etwas mehr als 10%, ist angesichts der gestiegenen Lebensmittelpreise um fast 15%, und einer noch höheren Inflation bei Gas und Strom, noch nicht einmal ein Inflationsausgleich im Bereich des Grundbedarfs.
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Harald Thomé von Tacheles erklärt
und bewertet die Änderungen wie folgt:

Harald Thomé

„Die Bundesregierung hat nun ihren Gesetzesentwurf zum Bürgergeldgesetz verabschiedet. Da dies aber weiterhin Armut per Gesetz bedeutet, ist es nur richtig und konsequent das sog. Bürgergeld treffend Bürgerhartz zu nennen.
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Den Regierungsentwurf gibt es hier: https://t1p.de/4grm6

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.Die wesentlichen Änderungen gegenüber dem Referentenentwurf hier zusammengefasst:

  • Änderung SGB II: Art 1 Nr. 11 c) (Seite 14): Einführung einer weiteren Stufe bei den Erwerbstätigenfreibeträgen, für den Bereich von 520 EUR auf 1000 EUR nunmehr 30 % Erwerbstätigenfreibetrag, vorher 20 % (Praxis: max. 48 € anrechenbares Einkommen mehr als vorher)    
  • Änderung SGB II: Art 1 Nr. 12 (Seite 14): nur noch ein „angemessenes“ Kfz geschont, vorher jedes Kfz.
    (Praxis: bedeutet weiterhin Kfz im Wert von 7.500 €, so wie im alten Recht)
  • Änderung SGB II: Art 1 Nr. 13 (Seite 16): Aufgabe der Zwangsverrentung nur bis zum 31.Dez. 2026, danach wieder wie jetzt. Im Referentenentwurf stand die Aufgabe jeder Zwangsverrentung ohne Laufzeit
  • Änderung SGB II: Art. 1 Nr. 23 (Seite 21): Minderung bei erster Pflichtverletzung um 20 %, bei weiterer Pflichtverletzung um 30 %, insgesamt aber nicht höher als 30%.
  • Änderung SGB II: Art 1 Nr. 36 (Seite 23): Streichung der ursprünglich geplanten Sippenhaftgemeinschaft bei fehlender Mitwirkung anderer BG-Mitglieder (im Referentenentwurf unter Art. 1 Nr. 37 b), wegen offensichtlicher Verfassungswidrigkeit.
  • Änderung SGB II: Art 1 Nr. 38 (Seite 23): Begrenzung der Aufrechnung von 30 % auf 20 %, wenn eine Aufrechnung aus § 42a und 43 SGB II kombiniert wird. Vorher waren hier 30 % möglich
  • Änderung SGB II/SG B XII: Art 5 Nr. 5 + 15 (Seite 33/38 ff): Regelungen zur Fortschreibung der Regelbedarfe und Höhe der Regelleistungen und Festsetzung des persönlichen Schulbedarfes im Rahmen von BuT auf 116 € und 58 € = 174 € gesamt für das Jahr.
  • Änderung SGB XII: Art 5 Nr. 6, Änderung im SGB XII in § 35 Abs. 5 SGB XII (Seite 35): Berücksichtigung von „Alter und Gesundheitszustand“ bei den KdU.
  • Änderung SGB XII: Art 5 Nr. 13 a. (Seite 38): Ehrenamt und Übungsleitereinkünften als Jahrespauschalen, vorher Monatsbeträge

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Bewertung:

Insgesamt sind das lediglich kleine Änderungen, hier wäre nach der Kritik der Wohlfahrtsverbände von der Regierung mehr zu erwarten gewesen! Bei der Anpassung der Regelleistungen wurde lediglich der Inflationsausgleich berücksichtigt und das erst ab Januar 2023. Die Kosten sind aber schon seit Längerem immens gestiegen. Qualitativ bewegen sich die Änderungen nur auf dem Niveau, die Regelleistungen nicht offen verfassungswidrig werden zu lassen. Mit „mehr Respekt“ oder  „mehr Zusammenhalt“, wie Herr Heil das versucht in der Öffentlichkeit zu verkaufen, haben diese Änderungen nichts zu tun.

Was notwendig ist, dazu liegen Vorschläge zuhauf auf dem Tisch: Regelleistungen auf 678 € anheben, Herausnahme der Haushaltsenergie aus den Regelleistungen, Aufrechungs- und Kürzungsmoratorien in der Zeit der Krise.
Die Ungleichbehandlung der Menschen in Bezug von SGB XII Leistungen gegenüber den im SGB II hat mitnichten etwas mit „mehr Respekt“ zu tun, es handelt sich hier vielmehr um massivste Alten-, Kranken- und Behindertendiskriminierung.“

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Hinweis der Gruppe RoterMorgen

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