Sami Grigo Baydar – 20. Januar 2021
Mehr als 1,5 Jahre suchte der „Volksrat der Aramäer“ nach der Studentin Dallala Nitro aus Hamburg. Sie war bei der Einreise in die Türkei vom türkischen Geheimdienst entführt, gefangen gehalten und gefoltert worden. Nun ist sie wieder in Deutschland.
Die damals 22-jährige Dallala studierte in Hamburg Jura. Sie ist ein aktives Mitglied in der »Volksbewegung Revolutionäre Suryoye« und war als Journalistin in ihr tätig. Seit dem 22. Juli 2019 fehlte jedes Lebenszeichen von ihr. An diesem Tag wollte sie ihre Heimat in Mardin/Türkei besuchen; doch dort ist sie nie angekommen. Am Flughafen von Istanbul verlor sich ihre Spur. Seit diesem Tag waren ihre Accounts in den sozialen Medien gelöscht, ihre Kommunikationsgeräte abgeschaltet.
Nachdem der „Volksrat der Aramäer“ (Süryani Halk Meclisleri) einen mehrsprachigen Aufruf veröffentlichte, meldete sich Zeuge. Der Mann erklärte, er habe Dallala am 29. Juni 2019 am Flughafen von Istanbul in der Begleitung eines türkischen Polizisten und einer unbekannten Person gesehen. Danach gab es fast eineinhalb Jahre kein weiteres Lebenszeichen von Dallala.
Im Sommer 2020 haben revolutionäre Cyber-AktivistInnen aus der Türkei herausgefunden, dass Dallala aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur aramäischen „Volksbewegung Revolutionäre Suryoye“ und ihrer journalistischen Tätigkeiten für den „Volksrat der Aramäer“ am Flughafen von Istanbul vom türkischen Geheimdienst (MIT) festgenommen und an einen geheimen Ort gebracht wurde.
Am 13. Januar 2021 gab der „Volksrat der Suryoye“ nun bekannt: „Wir haben unsere Genossin Dallala befreit!“. Der Volksrat veröffentlichte nach Rücksprache mit Dallalas Familie die Information, dass sie sich wieder in Deutschland befinde und hier in einem Krankenhaus medizinisch behandelt werde.
Ihre Familie bestätigte weiter, dass Dallala von der türkischen Polizei sowohl psychisch als auch physisch gefoltert wurde und deswegen stark angeschlagen sei und wenig sprechen könne. Aufgrund ihres Gesundheitszustands und um ihre Sicherheit nicht zu gefährden, wurden bisher keine weiteren Details um ihre Entführung und Rückkehr nach Deutschland veröffentlicht.
Ein ähnliches Schicksal wie Dallala musste auch die linke türkische Journalistin Ayten Öztürk erleiden. Sie war am 9. März 2018 am Flughafen von Beirut im Libanon festgenommen und an die Türkei ausgeliefert worden. Fast sechs Monate war sie verschwunden. In dieser Zeit wurde sie in einem Spezialgefängnis schwer gefoltert, unter anderem mit Elektroschocks und Schein-Hinrichtungen. Zu der körperlichen Tortur kam so die psychische Folter.
Bei den Vernehmungen wurde ihr immer wieder erklärt, dass sich in der Öffentlichkeit niemand um sie kümmere, weil sie für tot gehalten werde. Erst nachdem Öztürks Verschwinden durch die „Volksfront“ (Halk Cephesi) bekannt gemacht wurde, erfolgte eine Überstellung in ein Gefängnis.
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Anmerkungen der Redaktion:
RoterMorgen solidarisiert sich mit dem Kampf der »Volksbewegung Revolutionäre Suryoye« und fordert die sofortige Freilassung aller politisch Gefangenen in der Türkei, den türkisch besetzten Gebieten und der ganzen Welt. Wir fordern die weltweite Ächtung aller Foltermethoden auch, die in der BRD angewendet werden, auch wenn sie vordergründig als zu oft als harmlos angesehen werde, wenn man dieses liest:
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Ayten Öztürk berichtete:
„Hier ist es wie in der Hölle“
Nach dem ich in die Türkei gebracht wurde, bekam ich Schläge, Eletroschocks, und wurde sexueller und psychischer Gewalt ausgesetzt. Wegen der Folter gab es an meinem Körper Hunderte Wunden und ich wog am Ende nur noch 40 kg. Ich wurde von Männer gefoltert, die betont hatten, sie hätten Wissen über die menschliche Anatomie. Mein Körper ist bei der Folter mehrfach kollabiert. In solchen Fällen ist ein spezielles Team gekommen und hat mich medizinisch behandelt. Danach hat man mich weiter gefoltert. Das geheime Foltergefängnis ist eine „Hölle.“ Über dem Foltertrakt habe ich Schritte gehört, die mich an Frauenschuhe erinnert habe. Deswegen vermute ich im Kellertrakt eines offiziellen Gebäudes festgehalten worden zu sein.
..Ich wurde zur Folter nackt ausgezogen. Man hat mich mit Schlagstöcken vergewaltigt. Dutzende Foltermethoden wie das Waterboarding, Zwangsernährung, Verbrennen der Finger, und das sog. Pfalhängen hat man an mir angewendet. Zudem in ich auch in eine Kiste eingesperrt worden, die meine Peiniger „Sarg“ nannten.
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Lest dazu auch:
„Die Verfahren gegen uns linke Aramäer sind ein weiterer Dienst Deutschlands für die Türkei“
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