Die Revolutionäre Gewerkschafts-Opposition (RGO) hatte ihre Blütezeiten von 1928 bis 1933 und von 1978 bis 1987.
Hier eine verkürzte Selbstdarstellung aus dem Jahre 1978:
(…) „Innerhalb der DGB-Gewerkschaften unterstützt die RGO alle Initiativen und Forderungen der Gewerkschaftsmitglieder, die bessere Bedingungen für den Kampf der Arbeiterklasse und die Verstärkung und konsequente Führung dieses Kampfes zum Ziel haben. Sie unterstützt solche Forderungen, die sich gegen die Ideologie der Klassenversöhnung und gegen die Politik der Klassenzusammenarbeit wenden. Sie unterstützt alle Forderungen, die es dem DGB-Apparat erschweren, sich über den Willen der Gewerkschaftsmitglieder hinwegzusetzen. Sie unterstützt solche Forderungen, die es dem DGB-Apparat erschweren, den kämpfenden Arbeitern in den Rücken zu fallen. Insbesondere tritt die RGO innerhalb der DGB-Gewerkschaften für folgende Forderungen ein:
- Gegen die Diktatur des Apparats über die Mitglieder, gegen den weiteren Abbau der innergewerkschaftlichen Demokratie! Für mehr Mitgliederrechte!
- Weg mit den Unvereinbarkeitsbeschlüssen! Für die freie politische Betätigung in den DGB-Gewerkschaften!
- Weg mit dem Recht der Ortsvorstände, von den Mitgliedern gewählte Vertrauensleute abzulehnen!
- Absolute Verbindlichkeit der Urabstimmungsergebnisse für die Gewerkschaftsführung!
- Annahme von Tarifverträgen nur durch Urabstimmungen!
- Weg mit der undemokratischen 75%-Klausel! Die einfache Mehrheit muß bei Urabstimmungen entscheiden!
- Forderungen in Mark und Pfennig statt Prozentforderungen!
- Keine Beteiligung am Schlichtungsverfahren! Keine Anerkennung der Schlichtungsergebnisse!
- Keine Anerkennung der Tariffriedenspflicht! Für die Unterstützung von Streiks, die den Tariffrieden brechen!
- Heraus aus der Konzertierten Aktion!
- Weg mit dem Mitbestimmungsbetrug!
Dabei kann und will die RGO sich nicht auf die Oppositionsarbeit innerhalb der DGB-Gewerkschaften beschränken. Es ist absolut notwendig, den Kampf in den Betrieben breiter zu entfalten und energisch zu verstärken. Die Kollegen drängen auf Kampfmaßnahmen, während der DGB-Apparat tausendfach bewiesen hat und tagtäglich aufs neue beweist, daß er diese Kämpfe nicht nur nicht führen will, sondern sogar verhindert, unterdrückt und sabotiert. Deshalb tritt die RGO dem arbeiterfeindlichen DGB-Apparat auch in den Betrieben entgegen. Sie mobilisiert ohne und gegen den verräterischen DGB-Apparat die Kollegen gegen die Kapitalisten zum Kampf für ihre Forderungen.
Die RGO unterstützt und organisiert den Kampf für alle Forderungen, die die Kampfbedingungen der Arbeiterklasse und ihre Lebenslage verbessern. Sie kämpft gegen jede Unterdrückung und Behinderung der Kämpfe der Arbeiterklasse durch Gesetze, durch staatlichen Terror sowie durch den Terror der Unternehmer. Dabei kämpft die RGO vor allem für folgende Forderungen:
- Freie politische und gewerkschaftliche Betätigung im Betrieb!
- Weg mit dem reaktionären Betriebsverfassungsgesetz und dem Personalvertretungsgesetz! Weg mit der Friedens- und Schweigepflicht! Weg mit der Verpflichtung der Betriebsräte zur vertrauensvollen Zusammenarbeit mit den Kapitalisten!
- Schluß mit den politischen Entlassungen!
- Gegen die illegalisierung spontaner Streikkämpfe! Für die volle Durchsetzung des Streikrechts!
- Verbot der Aussperrung in allen Formen!
Die RGO organisiert und führt den Kampf um die wirtschaftlichen Forderungen. Im Kampf gegen die ständige Verschärfung der Ausbeutung tritt sie vor allem für folgende Forderungen ein:
- Kampf dem Abbau der Reallöhne! Konsequenter Kampf für Lohnerhöhungen!
- Für die 35-Stundenwoche bei vollem Lohnausgleich!
- Für die Verlängerung der Urlaubszeit!
- Gegen die ständige Verschärfung der Arbeitshetze! Für mehr Erholungspausen!
- Für die Herabsetzung des Rentenalters auf 60 Jahre für Männer (bei Schwerarbeitern auf 55 Jahre) und auf 55 Jahre für Frauen (bei Schwerarbeiterinnen auf 50 Jahre) bei sofortiger Zahlung der vollen Rente!
Im Kampf gegen Kurzarbeit, Massenentlassungen und Arbeitslosigkeit stellt die RGO folgende Forderungen auf:
- Für die kompromißlose Verteidigung unserer Arbeitsplätze! Keiner einzigen Entlassung darf zugestimmt werden!
- Voller Lohnausgleich bei Kurzarbeit!
- Arbeitslosengeld für die gesamte Dauer der Arbeitslosigkeit!
- Weg mit der Sperrfrist!
- Weg mit den Zumutbarkeits- und Verfügbarkeitsbestimmungen!
- Anerkennung aller arbeitssuchenden Erwerbslosen als zum Bezug von Arbeitslosengeld berechtigte Arbeitslose!
Die RGO erklärt den Kampf gegen die besondere Ausbeutung und Unterdrückung von bestimmten Arbeitergruppen wie der Frauen, der Jungarbeiter und Lehrlinge und der ausländischen Kollegen zur Sache der gesamten Arbeiterklasse. Dabei kämpft die RGO vor allem für folgende Forderungen:
- Gleicher Lohn für gleiche Arbeit!
- Weg mit den Leichtlohngruppen!
- Verbesserung des Mutterschaftsschutzes!
- Einrichtung von Kinderkrippen und Kindergärten in den Betrieben!
- Freistellung eines Elternteils von der Arbeit bei voller Bezahlung für die Dauer der Erkrankung eines Kindes!
- Weg mit den Altersabschlägen!
- Streikrecht für Lehrlinge!
- Übernahme aller Lehrlinge nach Abschluß der Lehre!
- Weg mit der Stufenausbildung!
- Existenzlohn für Lehrlinge!
- Weg mit dem reaktionären Ausländergesetz!
- Für das Recht der ausländischen Kollegen auf die sofortige Einbürgerung mit allen politischen Rechten, ohne Verpflichtung, die bisherige Staatsangehörigkeit aufgeben zu müssen!
- Für das uneingeschränkte Recht der ausländischen Kollegen auf Wahrung und Pflege ihrer Nationalkultur!
Um die Kampfbedingungen des Proletariats zu verbessern, hält die RGO es für notwendig, für revolutionäre Betriebsräte, Vertrauensleute und Jugendvertreter zu kämpfen. Diese Funktionen sind zwar durch reaktionäre Gesetze wie das Betriebsverfassungsgesetz oder durch Satzungen und Richtlinien des DGB-Apparats an die Interessen der Bourgeoisie und des DGB-Apparats gebunden. Andererseits aber sind es wichtige Positionen im Betrieb, die im Interesse des Kampfes der Belegschaft ausgenützt werden können und müssen. Die Erfahrung hat gezeigt, wie wichtig es ist, diese Gremien nicht einfach den Handlangern des DGB-Apparats oder anderen den Unternehmern völlig hörigen Elementen zu überlassen.
Revolutionäre Betriebsräte, Vertrauensleute und Jugendvertreter nutzen diese Funktionen, in die sie durch den Kampf der Kollegen gelangt sind, aus, um die revolutionäre Einheit der Belegschaft auf der Grundlage des Aktionsprogramms der RGO und betrieblicher Kampfprogramme zu fördern und zu festigen. Sie weisen alle Bestechungsversuche seitens der Kapitalisten und des DGB-Apparates zurück und vertreten unnachgiebig die Interessen ihrer Klasse. Revolutionäre Betriebsräte, Vertrauensleute lehnen jegliche Geheimdiplomatie in den Chefetagen ab. Sie geben sich nicht zur vertrauensvollen Zusammenarbeit mit den Unternehmern her, wie es das reaktionäre Betriebsverfassungsgesetz befiehlt, sondern stützen sich in ihrer gesamten Arbeit auf die Kollegen und beraten alle Schritte des Kampfes mit ihnen.
Im Kampf für dieses Aktionsprogramm und auf der Grundlage betrieblicher Kampfprogramme ruft die RGO alle Arbeiter und Angestellten in ihre Reihen, die den unversöhnlichen Kampf gegen die Kapitalisten, gegen den reaktionären DGB-Apparat und gegen alle Handlanger der Bourgeoisie in der Arbeiterbewegung für die Durchsetzung dieses Programms führen wollen.“
Quelle: Was will die Revolutionäre Gewerkschaftsopposition?, hrsg. von der Zentralen Betriebs- und Gewerkschaftsabteilung der KPD/ML, 1. Aufl., Dortmund, September 1977
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Zur Geschichte der RGO
Die wiedergegründete RGO berief sich auf die Gewerkschaftsopposition der KPD in der Weimarer Republik zurück. Die offiziellen Gewerkschaften, wie etwa der Allgemeine Deutsche Gewerkschaftsbund (ADGB) waren keine „Klassengewerkschaften“ mehr, sondern „sozialdemokratische und reformistische“ Efüllungsgehilfen des Kapitals.
Mit dem IV. Weltkongress der Roten Gewerkschaftsinternationale (RGI) und dem VI. Weltkongress der Komintern (17. Juli bis 1. September 1928 in Moskau) wurde der Kampf gegen die „Sozialfaschisten“ (gemeint war die SPD und vor allem ihre Führung) für die KPD das zentrale Kettenglied für der Gewinnung der „Millionenmassen“. Daher war es notwendig, „unabhängige Klassengewerkschaften“ aufzubauen. Ab etwa 1928 wurde von der KPD systematisch Fraktionsarbeit in den bestehenden gewerkschaftlichen Organisationen betrieben. Die ab etwa März 1929 ausgeschlossenen Parteimitglieder wurden registriert, um sie dann der neu gegründeten „Hilfsorganisation für Ausgeschlossene“ zuzuführen, die das KPD-ZK-Mitglied (ab 1927) Michael Niederkirchner (von 1929-1932 Mitglied der Reichsleitung der RGO) gegründet hatte, die Keimzelle der späteren RGO.
Seit 1930 propagierte die KPD unter Ernst Thälmann sowohl die RGO als auch sog. „rote Klassengewerkschaften“, wobei die Unterschiede zwischen ihnen nicht eindeutig waren. Bis 1932 hatte die RGO ca. 330.000 Mitglieder, die sich zu einem erheblichen Teil aus Arbeitslosen oder Ausgeschlossenen bestanden. Nach einem Beschluss der KPD sollte ab 1931 jeder Kommunist Oppositionsarbeit in den gewerkschaftlichen Verbänden leisten, um deren Mitglieder für die RGO oder „Rote Gewerkschaftsverbände“ zu gewinnen.
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde auch die RGO zunächst zerschlagen aber sie arbeitete illegal weiter und wurde wohl zum aktivsten Teil der KPD.
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1978 Wiedergründung der RGO
„Man muss sich im Kampf gegen den DGB-Apparat zusammenschließen. Schrieb schon der „ROTE MORGEN“ 1974: „Unser Kampfziel in den DGB-Gewerkschaften ist „ein revolutionärer Zusammenschluss der Mitglieder gegen den Apparat.“ (ROTER MORGEN 4/1974).
1977 legte die Zentrale Betriebs- und Gewerkschaftsabteilung der KPD/ML eine Broschüre mit dem Titel: „Was will die Revolutionäre Gewerkschaftsopposition?“ n deutscher und türkischer Sprache vor (Auszüge siehe ganz oben). Ein Jahr später, am 25 und 26. November 1978 wurde die RGO in Paderborn wiedergegründet.
Sie verstand sich als „eine überparteiliche Vereinigung innerhalb der DGB-Gewerkschaften. Überparteilich bedeutet aber nicht, dass sie klassenmäßig neutral ist. Im Gegenteil: Die RGO vertrat kompromisslos die Klasseninteressen der Arbeiterschaft. Auf dieser Grundlage führten wir den Kampf um die Einheit in den DGB-Gewerkschaften …”
Die erste Ausgabe der „RGO-Nachrichten“ erscheint im April 1978. U. a. enthält sie den Aufruf der KPD/ML, an „den Demonstrationen der RGO“ zum 1. Mai teilzunehmen. Daneben den „Aufruf der RGO zum 1. Mai“ 1978, u. a. mit den Forderungen: „Voller Lohnausgleich bei Kurzarbeit“, „35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich“, „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“, „Verbot der Aussperrung“, „Weg mit dem reaktionären Betriebsverfassungsgesetz“, „Weg mit den reaktionären Ausländergesetzen“.
Genannt wurden folgenden Betriebe:
- AEG/Kanis Essen
- Siemens/Witten
- VW/Wolfsburg
- SEL/Stuttgart
- HDW/Kiel
- HDW/Hamburg
- Hoesch/Dortmund
- Opel/Rüsselsheim
- Kabelwerke Rheinshagen/Westberlin
- AEG-Telefunken/Westberlin
- Schmalbach-Lubeca/Heilbronn
- Mannesmann-Kammerich-Werke/Brackwede
- KWU/Westberlin
- Kemptener Maschinenfabrik (KMF)
- Bosch-Siemens-Hausrätewerk/Westberlin
- Daimler/Benz/Westberlin
- BASF/Ludwigshafen
- Thyssen/Duisburg
- AG/Wirges (Westerwald).
Von Streikaktionen im Rahmen der Metalltarifrunde wurde berichtet aus:
- Köln
- Stuttgart
- Essen
- Dortmund
- Hamburg.
Außerdem wird allgemein vom „Streik der Druckarbeiter“ berichtet.
Die Zeitung trug zum weiteren Aufbau der RGO bei, indem sie Ziele und Programme der RGO breiter in der Arbeiterklasse bekannt machte. Außerdem berichtete sie über die Arbeit der schon bestehenden RGO-Gruppen und förderte so den den Erfahrungsaustausch zwischen den RGO-Gruppen. Zudem wurden die Ziele und Programmatik bekanntgemacht. Zu den Betriebsrätewahlen wurde dazu aufgerufen, klassenkämpferische Betriebsräte zu wählen. Dazu gaben die RGO-Nachrichten die bundesweiten „Listen der Opposition“ in den Betrieben bekannt (vgl. April 1978).