Elon Musk: Auf dem Weg zur globalen Tech-Diktatur?

Bild: JD Lasica from Pleasanton, CA, US, Elon Musk (3018710552), CC BY 2.0

Thomas Stark – PERSPEKTIVE»online – 24. Dezember 2024

Der Tesla-Gründer und reichste Mensch der Welt hat Donald Trump ins Weiße Haus geholfen. Jetzt will er seinen Einfluss auch in anderen westlichen Staaten ausbauen. Vor der Bundestagswahl sprach er sich öffentlich für die AfD aus. Das Vorgehen ist nicht die Schrulle eines Einzelnen, sondern Teil einer politischen Bewegung für eine „illiberale“ Neuordnung der bürgerlichen Staaten. Auch andere Finanzoligarchen sind daran beteiligt.

So breit hatte selbst er noch nie gegrinst. Auf dem gemeinsamen Foto mit Elon Musk war Nigel Farage die Genugtuung anzusehen. Der Rechtsaußenpolitiker der britischen Reform-Partei hat sich vorgenommen, in vier Jahren die Macht im Vereinigten Königreich zu übernehmen. Der Tesla-, X- und SpaceX-Unternehmer Musk, mit einem geschätzten Vermögen von 430 Milliarden US-Dollar der reichste Mensch der Welt, will Farage dabei helfen. 100 Millionen Dollar für den nächsten Wahlkampf hat Musk ihm offenbar zugesagt.

Größter politischer Spender der US-Geschichte

Seit dem Wahlsieg Donald Trumps in den USA scheint Elon Musk politisch nicht mehr zu bremsen zu sein. Mit Spenden in Höhe von 270 Millionen Dollar war er nicht nur mit Abstand der größte Unterstützer Trumps, sondern auch der größte Geldgeber in der Geschichte der US-Politik.

In die Summe dürfte die publikumswirksamste Wahlkampfaktion von Musk noch gar nicht eingerechnet sein: Ab Mitte Oktober verloste er nämlich täglich eine Million US-Dollar unter allen Bürger:innen, die eine von ihm initiierte Online-Petition für „freie Meinungsäußerung“ und das Recht, Waffen zu tragen, unterschrieben hatten: Eine kaum verhohlene weitere Unterstützungsmaßnahme für Trump und ein gezielter politischer Tabubruch, der dem Tech-Milliardär zudem den Zugriff auf die Daten etlicher potentieller Wähler:innen verschafft haben dürfte.

In der Folge von Trumps fulminantem Wahlsieg weicht Musk dem früheren und künftigen US-Präsidenten kaum noch von der Seite. Offiziell wird er zusammen mit dem Unternehmer Vivek Ramaswamy eine neue Behörde für „Regierungseffizienz“ leiten, die den amerikanischen Staatsapparat personell radikal verkleinern und umbauen soll. Daneben nahm er aber auch an wichtigen Gesprächen Trumps, etwa mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj, teil, und mischte sich in der vergangenen Woche öffentlich in die US-Haushaltsdebatte ein: Auch das gezielte Grenzüberschreitungen, die zeigen sollen, dass Trump und Musk auf die üblichen Gepflogenheiten der bürgerlichen Demokratie pfeifen und diese abräumen wollen.

Der Einfluss Musks auf Trump erscheint inzwischen so groß, dass ihn Vertreter:innen der künftigen demokratischen Opposition bereits als Schattenpräsidenten bezeichneten. Dies scheint Donald Trump an einer empfindlichen Stelle getroffen zu haben. Immerhin sah er sich genötigt, einen übermäßigen Einfluss von Musk zu dementieren und darauf hinzuweisen, dass nur er der Präsident sein werde.

Ausweitung der Kampagnen auf Europa

Die USA scheinen für den reichsten Menschen der Welt aber ohnehin zu klein zu sein, denn inzwischen mischt sich Elon Musk auch direkt in die Politik anderer Staaten ein und unterstützt dort systematisch rechte Kräfte. Dies begann nicht erst mit der Spendenankündigung an Farage. Als italienische Richter:innen im Herbst die Pläne der ultrarechten Regierung von Giorgia Meloni kippten, Asylverfahren künftig in Albanien durchzuführen, erklärte Musk auf X, „diese Richter müssen weg“. Das Verhältnis Musks zu Meloni gilt als so gut, dass er sich bereits genötigt sah, eine Liebesbeziehung mit der Ministerpräsidentin zu dementieren.

Als nach einem Mordanschlag auf drei Schülerinnen in Großbritannien im August rassistische Pogrome in dem Land ausbrachen, ließ Musk nicht nur die Verbreitung von Fake News über einen angeblich muslimischen Hintergrund des Täters bei X zu. Er griff darüber hinaus auch den britischen Premierminister Keir Starmer von der Labour Party als unfähig an und beleidigte ihn.

Dasselbe Muster wiederholt sich jetzt in Deutschland. Am Samstag verbreitete Musk den Tweet einer AfD-nahen Influencerin auf X und erklärte, „nur die AfD“ könne Deutschland retten. Der Tweet wurde von Alice Weidel freudig aufgenommen, während Ex-Finanzminister Christian Lindner (FDP) versuchte, sich in etwas peinlicher Weise ebenfalls an den Tech-Milliardär heranzuschmeißen. Nach dem Terroranschlag in Magdeburg legte Musk dann nach, nannte Bundeskanzler Scholz einen „inkompetenten Idioten“ und forderte ihn auf, sofort zurückzutreten.

Die politischen Visionen dystopischer Finanzoligarchen

Die direkte Einmischung des reichsten Menschen der Welt in die Politik der westlichen Staaten einschließlich seiner Strategie der konstanten Grenzüberschreitungen wird in den bürgerlichen Medien aktuell rauf und runter diskutiert. Dies ist insofern heuchlerisch, als die bürgerlich-demokratischen Staaten nicht erst seit kurzem mit den führenden monopolistischen Unternehmen ihrer Länder und denen der Welt verwachsen sind. Finanzoligarch:innen von Bill Gates bis zum Blackrock-Chef Larry Fink haben auch schon immer Geld für politische Organisationen und Zwecke gespendet oder sich direkt in gesellschaftliche Debatten eingemischt — und das nicht zuletzt für Anliegen, die dazu geeignet waren, ihren eigenen Einfluss auszubauen und ihre Geschäfte zu befördern.

Das politische Auftreten von Elon Musk enthält aber in der Tat etwas Neues. Dabei geht es nicht nur darum, dass sich die Größen der Finanzelite bisher eher vornehm zurückhaltend präsentiert haben, während Musk den Bulldozer bei X gibt. Es geht auch nicht nur darum, dass Gates und Co. sich eher für gut klingende Zwecke wie saubere Energie oder die Gesundheitsversorgung engagieren (auch wenn der gute Zweck keiner kritischen Prüfung standhält) — während Musk explizit für reaktionäre Positionen eintritt, auf X gegen illegale Einwander:innen schießt und Inhalte weiterverbreitet wie die These, dass „Frauen und low-T Männer (Männer mit geringem Testosteronspiegel) nicht in der Lage seien, frei zu denken, weil sie sich nicht physisch verteidigen können“.

Diese reaktionären Positionen sind nämlich nur ein Teil eines politischen Gesamtkonzeptes, dem Musk zusammen mit anderen Unternehmer:innen, Politiker:innen und Aktivist:innen folgt. Dieses lässt sich konkret zusammenfassen als Plan eines Teils der Finanzoligarchie, eine politische Neuordnung der westlichen Staaten im eigenen Interesse herbeizuführen. Die Zielsetzung dieser Neuordnung reicht dabei von „illiberalen Demokratien“, wie sie z.B. der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban proklamiert, bis zu radikal-libertären Visionen, in denen der Staat wie ein Unternehmen geführt wird und nur dafür zu sorgen hat, dass die Starken — nämlich die Monopolunternehmer:innen — noch stärker werden.

Eine derartige Vision verfolgen z.B. der Softwareentwickler und Start-up-Gründer Curtis Yarvin und der Finanzinvestor Peter Thiel, der den künftigen amerikanischen Vizepräsidenten J.D. Vance politisch aufgebaut hat. Thiel hat einmal erklärt, dass Freiheit und Demokratie unvereinbar seien, und dass Firmen über Staaten stünden. Yarvis wünscht sich einen monarchistischen Führer als „nationaler CEO“, der das politische System der USA „debuggen“ soll wie einen schlechten Programmiercode. Während es Elon Musks großes Lebensziel ist, den Mars zu kolonisieren, hat Thiel ein Projekt organisiert, das im Südpazifik eine schwimmende Stadt für Superreiche errichten will.

Neuauflage des Faschismus?

Diese Charaktere, die klingen, als seien sie einem 70er-Jahre-James-Bond-Film als Bösewichte entnommen, sind Teil einer heterogenen globalen Bewegung, die radikal-kapitalistische und reaktionäre Antworten auf die Krisen des imperialistischen Systems vorschlägt und vorantreibt. Das Duo Trump-Musk, das in Bulldozer-Manier außerdem offensiv die bisherige politische Kultur zermalmt, ist nur die Spitze des Eisbergs. Die Bewegung umfasst so unterschiedliche politische Führer:innen wie den „Kettensägenmann“ und selbserklärten Anarchokapitalisten Javier Milei aus Argentinien, Giorgia Meloni aus Italien, Nigel Farage aus dem Vereinigten Königreich und Alice Weidel aus Deutschland. Auch den erzreaktionären russischen Philosophen Alexander Dugin kann man hinzuzählen. Dieser feierte den Wahlsieg Donald Trumps als finale Niederlage der „Globalisten“ und erklärte, die Welt werde „nie wieder sein wie zuvor“.

Die ideologischen Strömungen dieser Bewegung reichen von der Weltanschauung der Neuen Rechten über den christlichen Fundamentalismus bis hin zum radikalen Libertarismus. Philosophisch untermauert sind ihre politischen Ideen von Vordenker:innen der „Anti-Moderne“ wie Friedrich Nietzsche, welche die Unerkennbarkeit der Welt, die Unfreiheit des Menschen, die Unmöglichkeit gesellschaftlichen Fortschritts und das Recht des Starken gepredigt haben, sich die Welt frei von jeglichen moralischen Zwängen zu unterwerfen. Was Nietzsche philosophisch formuliert hat, versuchen Leute wie Musk, Thiel und Yarvis nun zusammen mit Trump, Vance, Milei und anderen in die Tat umzusetzen.

Diese Bewegung lässt sich als ein modernisierter Ausdruck des historischen Faschismus unter den Bedingungen des 21. Jahrhunderts begreifen. Man würde jedoch zu kurz greifen, wenn man sich ihr politisches Ziel einfach als eine Neuauflage der Staaten von Hitler oder Mussolini vorstellt. Kaum ein Teil der Neuen Rechten schreibt sich dies heute tatsächlich auf die Fahnen. Nicht ganz unzutreffend hat es vielleicht der chinesische Blogger Ren Yi formuliert, der das Bündnis zwischen Donald Trump und Elon Musk als eine Art von „techno-autoritär-konservativer“ Allianz bezeichnet hat — und darin Züge der autoritären Kulturen Ostasiens wiedererkennen will. Man könnte hinzufügen, dass Finanzoligarchen wie Musk, Thiel und andere in dieser Allianz die kapitalistischen Nationalstaaten illiberal umformen, soziale und demokratische Rechte massiv abbauen und sich die umgeformten Staaten noch offener und direkter unterordnen wollen, als dies in der Geschichte des Kapitalismus bislang der Fall gewesen ist.

Die Krise des imperialistischen Systems hat die Frage einer politischen Neuordnung der Welt aufgeworfen, und Figuren wie Elon Musk versuchen diese Frage gerade in ihrem radikalen, fortschrittsfeindlichen Sinn zu beantworten.

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Erstveröffentlichung am 24. Dezember 2024 auf »PERSPEKTIVE>>«. Wir danken den Genossinnen und Genossen von »Perspektive« für ihre gute Arbeit und der Genehmigung der Weiterveröffentlichung. Bilder und Bilduntertexte wurden ganz oder zum Teil von der Redaktion »RoterMorgen« hinzugefügt.

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1 Kommentar

  1. Er ist ein Beispiel für den Größenwahn des Menschen.
    Immer wieder soll an bestimmten (eigenen) Vorstellungen „die Welt genesen“, von den Kreuzzügen der Christen (Christianisierung),…, über die Weltrevolution der Kommunisten …., bis hin zu eben …

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