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Redaktion – 27. November 2020
In der Nacht von Samstag auf Sonntag hat sich die Gewerkschaft ver.di mit Bund und Kommunen, auf einen Tarifabschluss für die 2,5 Millionen Beschäftigten des öffentlichen Diensts geeinigt, der kaum höher liegt, als das provokative erste Angebot der Arbeitgeber.
Die kleinen Warnstreiks und Aktionen der vergangenen Wochen, in denen Zehntausende ihre Kampfbereitschaft unter Beweis stellten (wir berichteten darüber), dienten der Gewerkschaft lediglich als Begleitmusik für ein abgekartetes Spiel, dessen Ergebnis von vornherein fest stand. Der Vorsitzende der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) Frank Werneke, hatte bereits kurz vor der dritten Verhandlungsrunde angedeutet, dass ver.di ihre offizielle Forderung längst aufgegeben hat und einen sofortigen Abschluss, zu den Bedingungen der Arbeitgeber, anstrebt.
Diese hatten angeboten, die Löhne und Gehälter in den kommenden 36 Monaten (3 Jahre!), in drei Stufen – beginnend ab März 2021 – um insgesamt 3,5 Prozent zu erhöhen. Nun sollen die Entgelte in den kommenden 28 Monaten bis Ende 2022 in zwei Stufen um 3,2 Prozent steigen.
Ebenso forderten die öffentlichen Arbeitgeber, dass in den ersten sechs Monaten keine Erhöhung erfolgt. ver.di hat jetzt vereinbart, dass diese Zeit um einen weiteren Monat verlängert wird. Der alte Tarifvertrag war Ende August 2020 ausgelaufen. Die erste Erhöhung von 1,4 Prozent kommt zum April nächsten Jahres. Die zweite Erhöhung erfolgt zum 1. April 2022 und beträgt 1,8 Prozent.
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Alles pillepalle,
denn die von ver.di öffentlich genannte Zahl, eine Erhöhung von 4,5 Prozent über 28 Monate, gilt nur für die unterste Entgeltgruppe und -stufe. Weil die erste Erhöhung mindestens 50 Euro beträgt und das niedrigste monatliche Bruttogehalt bei mageren 1929,88 Euro liegt, kommen diese Beschäftigten am Ende der Laufzeit auf eine Steigerung von insgesamt 4,5 Prozent. Von der 4,8-Prozent-Forderung bei einer Laufzeit von 12 Monaten, mit der ver.di in die Tarifverhandlung eingetreten war, ist das selbst für die Geringverdiener im öffentlichen Dienst meilenweit entfernt.
Zusätzlich sollen die Kolleginnen noch in diesem Jahr eine sog. „Corona-Prämie“ erhalten, die 300 Euro für die oberen Lohngruppen (Entgeltgruppen 13-15), 400 Euro für die mittleren (9-12) und 600 Euro für die unteren Entgeltgruppen (1-8) beträgt.
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Geplante Spaltung
Ver.di hatte die Spaltung der Beschäftigten vorangetrieben, indem sie für die Beschäftigten in der Pflege, an einem eigens eingerichteten „Sondertisch Pflege“ mehr verlangte als für andere Beschäftigtengruppen. Auch hier liegt das Verhandlungsergebnis nur unwesentlich höher als das erste Arbeitgeber-Angebot. Die Gesamtsteigerung beträgt hier laut Verdi 8,7 Prozent und in der Spitze für Intensivkräfte rund zehn Prozent, statt der von den Arbeitgebern bereits angebotenen 8,5 Prozent.
Auch diese prozentualen Erhöhungen errechnen sich wieder ausschließlich aus den Steigerungen bei den jeweils untersten Entgeltgruppen, da ver.di für die Beschäftigten in der Pflege Zulagen von 70 bzw. 120 Euro zusätzlich zu den beiden prozentualen Steigerungen vereinbart hat. Die monatliche Zulage in der Intensivmedizin steigt um gut 50 auf 100 Euro, die Wechselschichtzulage um 50 auf 155 Euro.
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Eigenlob stinkt
ver.di preist als Durchbruch an, dass die Angleichung der Arbeitszeit im Osten an die im Westen auf 39-Wochenstunden zum 1. Januar 2023, d.h. in mehr als zwei Jahren, statt wie von den Arbeitgebern gefordert zum 1. Januar 2024 erfolgt. Dann werden im Osten „nur“ 33 statt 34 Jahre lang andere Arbeitszeiten gegolten haben. Was für ein jämmerliches Verhandkungsergebnis.
Die Sonderzulagen in der Pflege werden teilweise auf Kosten anderer Beschäftigtengruppen finanziert. Die rund 175.000 Sparkassenangestellten starten nicht mit acht, sondern mit zehn Monaten ohne Lohnerhöhung. Am 1. Juli 2021 erhalten sie 1,4 Prozent mehr, ein Jahr später sind es nur 1,0 Prozent. „Eine Angleichung auf das Niveau des allgemein vereinbarten Abschlusses findet erst zum Ende der Laufzeit ab 1. Dezember 2022 statt“, berichtet die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA). Zudem wird ihnen zukünftig auch ein Teil ihrer Jahressonderzahlung (Weihnachtsgeld) in freie Tage umgewandelt.
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Vollkommen „angeschissen“
sind die öffentlich Beschäftigten an Flughäfen, Sie erhalten gar keine Lohn- oder Gehaltserhöhung. Im Gegenteil: ihre Gehälter werden noch gekürzt. „Angesichts eingebrochener Fluggastzahlen“ wollen ver.di und die Arbeitgeber zeitnah „einen Notlagentarifvertrag für die Flughäfen abschließen, der Personalkosten senkt“, berichtet der VKA und das richt danach als sollen die Kollegen nochmals über den Tisch gezogen werden.
Wie bereits der letzte Tarifvertrag sichert auch dieser den öffentlichen Verwaltungen eine außergewöhnlich lange Tariflaufzeit. Die Belegschaften sind in Zeiten, in denen als Folge der Corona-Pandemie heftige Auseinandersetzungen zu erwarten sind, zur Friedenspflicht verdonnert. Die Tarifvereinbarung läuft bis zum 31. Dezember 2022.
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CDU und SPD schwatzen um die Wette
Alles für die Unternehmen und Banken – Almosen für das arbeitende Volk
4,9 Milliarden Euro verteilt auf zweieinhalb Jahre für die Beschäftigten in Altenheimen, Krankenhäusern, Kitas, Müllabfuhr, Straßendienst, Gesundheitsämtern, usw.! Das entspricht einem Bruchteil von 0,36 Prozent der 1,33 Billionen Euro, die in Form von Konjunktur- und Corona-Hilfspaketen auf die Konten von Banken und Unternehmen fließen. Die Anleihenkäufe der Europäischen Zentralbank in Höhe von 1 Billion Euro und die 750 Milliarden Euro des EU-Hilfspakets sind dabei noch gar nicht berücksichtigt.
Diese Summen werden aus den Beschäftigten des öffentlichen Diensts und der Privatwirtschaft wieder herausgepresst. Das ist der Grund für den miserablen Abschluss für die Beschäftigten der Kommunen und des Bundes. Die Vertreter der etablierten Parteien, die die öffentlichen Arbeitgeber stellen, haben eine regelrechte Hetzkampagne gegen sie losgetreten.
Verhandlungsführer Mädge (siehe oben), ein Sozialdemokrat, der selbst ver.di-Mitglied ist, mahnte, man könne nicht verteilen, was nicht vorhanden sei. Kurz vor der dritten und letzten Verhandlungsrunde, die am Donnerstag begann, stimmten die bürgerlichen Medien mit vereinter Kraft in diesen Chor ein. In den Tagesthemen beschimpfte Kirsten Girschick vom Bayerischen Rundfunk die Forderungen der Beschäftigten im öffentlichen Dienst als „unsolidarisch“, Streiks der Kita-Erzieherinnen und der Bus- und Bahnfahrer sogar als „unverantwortlich“. Die Wirtschaft schrumpfe und die Steuereinnahmen würden wegbrechen.
Einmal mehr hat sich gezeigt, dass die Arbeiterklasse mit einer breiten Front aus Berliner Parteien, Leitmedien, Unternehmen und Gewerkschaften konfrontiert ist.
Auch ver.di hat den Ausverkauf mit der schlechten wirtschaftlichen Lage begründet. „Das ist unter den derzeitigen Bedingungen ein respektabler Abschluss, der für unterschiedliche Berufsgruppen, die im Fokus der Tarifrunde standen, maßgeschneidert ist“, sagte Verdi-Chef Frank Werneke gestern.
Mit der Öffnung der Schulen und dem Wiederhochfahren der Produktion setzen Regierungen und Unternehmen unzählige Menschenleben aufs Spiel, damit die Profite der Konzerne und Banken wieder sprudeln und die Milliarden-Gelder wieder hereinkommen, die an die Unternehmen verteilt werden. Gerade die Beschäftigten in Gesundheit, Pflege, Lebensmittelversorgung, Logistik, Transport und anderen lebensnotwendigen Bereichen sind wegen fehlenden oder nicht umsetzbaren Schutzmaßnahmen tagtäglich hohen Gefahren ausgesetzt.
Doch ver.di hat in diesen Tarifverhandlungen nicht eine einzige Forderung aufgestellt, um Gesundheit und Leben der Beschäftigten im öffentlichen Dienst vor den Folgen der Pandemie zu schützen. Stattdessen arbeitet sie eng mit Staat und Konzernen zusammen, um die Milliardengeschenke an die Konzerne aus der Arbeiterklasse herauszupressen und die Beschäftigten zurück an die Arbeit zu zwingen…
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Sag mir wo Du steht!
Es hat sich wieder einmal gezeigt das wir, das Proletariat keine Klassengewerkschaft haben. Die Kollegen/innen waren kampfbereit und hätten ihre berechtigten Forderungen auch mit einheitlichen und, wenn es sein muss, langen Steks Nachdruck verholfen. Doch ver.di, sowie die anderen DGB-Gewerkschaften gehören seit ihrer Gründung zu den wichtigsten Stützen der Bourgeoisie und und den einrichtung des bürgerlichen Staates.
Der DGB-Apparat versucht immer wieder mit seiner Ideologie der Klassenversöhnung und Klassenzusammenarbeit die Arbeiter vom Kampf gegen den Kapitalismus und ihren Auswirkungen abzuhalten. Die Kapitalisten, die Regierung und die Spitzen des Gewerkschaftsapparates stimmen ihr Handeln in verschiedenen Gremien weitgehend aufeinander ab. Die Spitzen des DGB-Apparates sind mit dem imperialistischen Staatsapparat und direkt mit dem Finanzkapital verwachsen.
Der DGB-Apparat ist eng mit der Sozialdemokratie und dem modernen Revisionismus verbunden. Der geführte und kontrollierte Gewerkschaftsapparat ist ein Bestandteil der kapitalistischen Ordnung in der BRD. Er ist keine Kampforganisation der Arbeiterklasse, sondern steht, wie es sich wieder einmal gezeigt hat, für die Unterdrückung der Arbeiterklasse durch die herrschende Bourgeoisie.
Kleine Warnstreks, Trillerpfeife, Lichterketten und digital gedruckte Transparente, Fahnen, Jutetaschen und Plakate kranzen weder dem Industrieboss noch dem sog. öffentlichen Arbeitgeber. Im Gegenteil alles das hilft ihnen! Die Kollegen/-innen können Luft, Frust und Wut ablassen und stören die Gewerkschaftführung nicht bei ihren schmutzigen und verräterrischen Geschäften.
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Wir brauchen Klassengewerkschaften,
kampfbereit und alleinig den demokratischen Weisungen ihrer Mitglieder verpflichtet!
Wer sich auf ver.di, IGM & Co verläßt, ist verlassen!
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Die bürgerliche Presse verteidigte die Hetze der Arbeitgeber. Nikolaus Piper schrieb in der Süddeutschen Zeitung. Der Arbeitskampf sei „einer der unnötigsten und unsolidarischsten“ in der „bundesdeutschen Geschichte“. Weil für die Kommunen die Steuereinnahmen wegbrächen, seien die Forderungen von Busfahrern, Müllwerkern und Sparkassenangestellten „maßlos“. „Insgesamt 4,8 Prozent mehr Lohn für ein Jahr zu fordern, während die deutsche Wirtschaft um 5,4 Prozent schrumpft, darauf muss man erst einmal kommen“, ereifert sich der Zeitungsredakteur.
Die gutverdienenden Redakteure in führenden Tageszeitungen und TV-Sendern, auch den öffentlich-rechtlichen, hatten sich nicht beschwert, als die Bundesregierung in den Worten von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) die „Bazooka“ herausholte und Billionen an die Unternehmen verteilte.