Eine Krankenschwester:
Jetzt mal ganz im Ernst, Ihr Lieben da Oben, Jens Spahn, Armin Laschet, land.nrw. Bundesministerium für Gesundheit
Habt ihr eigentlich noch alle Latten am Zaun?
Fassen wir doch mal all die großartigen Ideen zusammen, die Ihr euch in Zeiten des Coronavirus so für die Beschäftigten und die Patienten im Gesundheitswesen ausgedacht habt.
Ihr hebt mal eben die Personaluntergrenzen auf. Ist ja auch nicht so, als ob da durch die Pflegekräfte lang, wirklich lange für gekämpft werden musste. Aber ist ja auch egal. Es kräht ja kein Hahn danach, ob ich als Pflegekraft nun alleine 40 oder 50 Patienten versorgen soll. Aber bitte schön adäquat, fachlich kompetent, sorgfältig, die Privat- und Intimsphäre der Patienten berücksichtigend … Ihr merkt schon selber, daß ich zynisch werde, oder?
Soso, wir sollen bitte arbeiten, auch wenn wir ungeschützten Kontakt zu Covid 19 Patienten hatten. Ohne Quarantäne halt. Zumindest so lange wir keine Symptome haben.Oder so lange der Test auf Corona nicht positiv ausfällt. Und by the way … Test? Welcher Test überhaupt?
Man kann ja schon von Glück sagen, wenn man im Gesundheitswesen einen Arbeitgeber hat, der einen in einer solchen Situation auf eigene Kappe testet. Alle anderen – zum Beispiel viele der örtlichen Gesundheitsämter – interessiert das nämlich offenbar herzlich wenig. Wenn es keinen Test gibt, kann der natürlich auch nicht positiv sein. Aber wen interessiert es schon, wenn unerkannt Corona positive Pflegekräfte ihre Patienten, Kollegen oder gar ihreFamilien infizieren? So was, die sind ja wohl ohnehin nur Ausschußware.
Oha, 50. 000 Euro gibt es pro zusätzlich geschaffenen Intensivbett? Sehr schön. Nur ein Intensivbett dürfte um die 85 000 Euro kosten. Seid ihr wirklich sicher, daß Herr Spahn Bankkaufmann gelernt hat? Man sollte meinen, er hätte Ahnung von Mathematik … sollte man wohl meinen…
Ja, wir wissen natürlich, daß Schutzausrüstung überall fehlt, aber was momentan läuft, ist nicht nur fahrlässig, sondern im Grunde genommen kriminell. Da werden FFP2 Masken nicht mehr, wie eigentlich vorgesehen, einmal pro Patientenzimmer pro Betreten desselben benutzt, nein, sondern gleich mal für 72 Stunden und zwar für alle Patienten – one for all – also. Man solle doch bitte froh sein, überhaupt eine zu bekommen. Andere Kollegen dürfen ihren Baumwollmundschutz nach dem Dienst und nach Kontakt mit Patienten mit nach Hause nehmen um ihn dort in einem Kochtopf (!) selbst aus zu kochen, damit sie den im nächsten Dienst benutzen können. Oder sich von lieben Freunden einen aus Stoffresten zusammen basteln lassen. Die Anleitung kriegt man ja schließlich überall hinterher geworfen.
Ihr wollt berentete Pflegekräfte und Ärzte zurück in die Krankenhäuserbringen? Na das wird sicher lustig, die ganzen Leute aus der Hochrisikogruppe zu den Covidpatienten schicken, um diese zu pflegen, Beatmungen zu fahren etc. … Mal ganz davon abgesehen, daß die Rentner dieser Berufsgruppen in den allermeisten Fällen schon Jahre vor ihrem Rentenantritt körperlich völlig fertig sind.
Aber das Beste, DAS ALLERBESTE KOMMT ZUM SCHLUSS.
Ihr wollt Menschen aus dem Gesundheitswesen zum Dienst ZWANGSVERPFLICHTEN …. Brennt Euch eigentlich der HUT, verdammte Axt nochmal??? Ist euch eigentlich klar was passieren kann, wenn ihr die Leute, die aus dem Job ausgestiegen sind – aus welchen Gründen auch immer – zurück zu den Patienten beordert? Leute, die dem Druck nicht stand gehalten haben? Die der Job krank gemacht hat? Die körperlich und/oder psychisch am Ende sind, weil sie alles und vielleicht noch mehr als sie hatten, in dieses krank gesparte System gesteckt haben? Leute, die ausgestiegen sind, um sich um ihre Kinder kümmern zu können, um ihre kranken oder pflegebedürftigen Angehörigen pflegen zu können? Die es einfach nicht mehr ertragen konnten, sich nicht adäquat um ihre Patienten kümmern zu können? Oder ganz einfach Leute, die keinen Bock, null Motivation haben und/oder absolut keinen Arbeitswillen zeigen werden?
Hut ab, wirklich, So sieht also die wirkliche Wertschätzung derer „daoben“ für den ach so wichtigen, systemrelevanten Beruf im Gesundheitswesen aus! Wenn das nicht per se die Definition von Heuchelei ist, dann weiß ich auch nicht … Da fallen mir soooo viele passende Worte für uns ein – außer systemrelevant natürlich. Worte wie: Bauernopfer, Kollateralschaden, Kanonenfutter …
Da helfen dann auch alles Klatschen dieser Welt, Tonnen von Merci-Schokolade und kiloweise geschenkter Filterkaffee nicht weiter.
Vielen Dank, wir wissen und sind uns sehr im Klaren darüber, daß das eine wirklich nette Geste der Menschen in diesem Land ist, aber daran haben wir nach solchen grandiosen Ideen der Regierung unseren Job betreffend, leider keinen Bedarf mehr. Und ich fürchte, das Ende der Fahnenstange ist wohl längst noch nicht erreicht.
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Ein Arzt:
Mir platzt echt der Kragen!
Ich bin seit ca. 20 Jahren als Arzt tätig. In diesen zwei Jahrzehnten habe ich mit erleben dürfen, wie das gesamte Gesundheitssystem nach und nach ausgehöhlt wurde. Vollkommen egal, ob man als Arzt,Krankenpfleger, MFA, MTA, MRTA, OTA etc. tätig war, man durfte stets mehr geben als man erhalten hat. Unser jahrelanges „Gejammer“ hat eigentlich niemanden interessiert.
Jetzt im Rahmen der Covid-Pandemie wachen Teile der Gesellschaft, eventuell auch die der politischen Entscheider langsam auf. Hier und da dämmert es manchen, wie fundamental wichtig ein funktionierendes Gesundheitssystem ist.
Hinzu kommt die Verwunderung, daß trotz der jahrelang schlechten Bezahlung und den schlechten Arbeitsbedingungen unser Land weiterhin ein Gesundheitswesen vorweisen kann, auf das die meisten Länder dieser Erde neidisch blicken. Warum wohl? Weil jeder in diesem System seinen Beitrag dazu geleistet hat.
So weit, so gut.
Der gesunde Menschenverstand würde jetzt auf die Idee kommen, daß die politischen Rahmenbedingungen des Gesundheitswesen langfristig angepaßt – gar korrigiert werden müssten. Daß der Job attraktiver gemacht wird, die Bedingungen erträglicher, die Bezahlung besser, die Bürokratie weniger.
Nicht aber in Düsseldorf, genauer gesagt in der Landesregierung NRW.
Hier hat man andere Pläne. Anstatt diese hochmotivierten Menschen mit allen politischen Kräften zu unterstützen, die angesichts der nahenden Krise sich ihrer Verantwortung bewußt sind; Menschen, die trotz der eklatanten Mängel an Schutzmaterialien sich einer Ansteckungsgefahr aussetzen, Menschen, die wissen, daß in den Nachbarländern dutzende Kolleginnen und Kollegen verstorben sind, wird hier in NRW über ein Notstandsgesetz konfabuliert. Es wird diskutiert, ob man uns verpflichten kann, seinen Dienst zu tun. Gegeben falls unter Zwang. Es wird diskutiert, hart erarbeitete Strukturen wie Labore, Praxen, private Kliniken und deren Materialien zu enteignen.
Sagt mal, hackt es noch? Wir Menschen im Gesundheitswesen haben schon immer unseren Job getan. Egal, wie die Rahmenbedingungen waren. Bereits vor Euren kruden Ideen, die aus einem nordkoreanischen Parteibuch stammen könnten, haben sich unzählige Kolleginnen und Kollegen freiwillig gemeldet, um z.B. in Covid-Kriseneinrichtungen ihren Dienst zu verrichten. Wir stehen Schulter an Schulter, um für unsere Mitmenschen da zu sein. Wir stehen seit Wochen Gewehr bei Fußin Alarmstellung. Jeder, der in der Gesundheitsversorgung tätig ist, hat sich für seinen Beruf entschieden, weil er ein schützender und heilender Teil unserer Gesellschaft sein möchte. Altruismus nennt man das! Jahrelang haben wir Überstunden, Personalmangel, einen läppischen Lohn und eine wahnwitzige, ja absurde Bürokratie ertragen. Und ihr kommt mitten in dieser Krise mit solch einem Vorschlag? Zwangsverpflichtung? Enteignung? Wahnsinn!
Lieber Herr Laschet, überlegen Sie und ihre Koalition es sich gut, ob dieser Schritt der richtige ist. Wenn dieses Notstandsgesetz so in Kraft treten sollte, beweisen Sie, daß es für menschliche und politische Abgründe keine Grenzen gibt.
Mehr als wütend, Ö.S.
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