Ist der deutsche Bauernkrieg von 1525 heute noch aktuell?

Thomas Müntzer spricht zu aufständischen Bauern | Digitalkomposition Redaktion RoterMorgen 2025
Heinz Ahlreip – 18. Mai 2025


  Serie 500 Jahre deutscher Bauenkrieg 

Heinz Ahlreip

Der deutsche Bauernkrieg fand vor 500 Jahren statt, und zwar in Oberschwaben, im Hegau, am Bodensee, am Neckar, in Franken, im Odenwald, im Elsass, in der Pfalz, in Baden, Thüringen, Tirol, Kärnten und Österreich. Er scheint auf den ersten Blick Schnee von gestern zu sein. Wenn man jedoch bedenkt, dass der Anführer der revolutionären Bauern, Thomas Müntzer, den Krieg mit der Intention führte, die Armut zu beseitigen, in Deutschland zum Beispiel ein sogenanntes ‚Hohes Haus‘ als Parlament fungiert, während die Mieten für die große Masse des Volkes zu hoch sind, um eine passende Wohnung zu finden, das Lohngeld nur für eine ungesunde reicht, so ist der Bauernkrieg aktuell.

Auch vom theologischen Gegenspieler Müntzers, vom Doktor Martin Luther aus, ist der Bauernkrieg aktuell, denn dieser hochgelehrte Doktor vertrat die Auffassung, der Pöbel müsse mit Gewalt regiert werden, was heute primär das Finanzkapital und sein spießbürgerliches Gefolge verlangt, so ist durch den immer größer werdenden Gegensatz zwischen einer kleinen verschwindenden Minderheit von Schmarotzertieren, ein Ausdruck von Friedrich Engels, und sozialem Elend der Volksmassen die Aktualität gegeben. Wir wissen, dass Luther niemals zum Widerstand gegen die Obrigkeit in weltlichen Dingen, also auch nicht zur Verweigerung von Zehnten, Zinsen und so weiter aufgerufen hat.

Durch den Kampf der Volksmassen wollte Müntzer das Reich Gottes auf Erden verwirklichen, eine Gesellschaft ohne soziale Rangunterschiede, also ohne Ausbeutung. Vor allem aber bekommt der deutsche Bauernkrieg Gewicht durch eine Bemerkung von Marx in einem Brief an Friedrich Engels in Manchester vom 16. April 1856: “The whole thing in Germany wird abhängen von der Möglichkeit, to back the Proletarian revolution by some second edition of the Peasants‘ war. Dann wird die Sache vorzüglich“. (die proletarische Revolution durch eine Art zweiter Auflage des Bauernkrieges zu unterstützen).

Zwar hat ein Kommandowechsel stattgefunden, die führende Kraft im Klassenkampf gegen die Obrigkeit des Kapitals stellt heute die Lohnarbeiterklasse dar, die es 1525 nur in ganz schwachen, ganz peripheren Keimen gab, deren Sache, die Befreiung der Menschheit von Klassenkämpfen, vom Kapitalismus und von der Ausbeutung, ohne den Pakt mit den revolutionären Kleinbauern und ländlichen Lohnarbeitern keine Erfolgsaussicht beizumessen ist. Die Pariser Kommune scheiterte 1871 bekanntlich auch deshalb, weil die Metropole nicht die Verbindung mit den Provinzen herstellen konnte. Die Aufgabe dieses Bündnisses zwischen Stadt und Land besteht unter anderem auch darin, Geschichte in Weltgeschichte zu verwandeln.

Plünderung im Kreuzgang: Im April 1525 verwüsteten und plünderten die aufständischen Bauern das Kloster in Kempten. Roger Mayrock hat die Szene rekonstruiert. Welche Gefühle entdeckt man in den Gesichtern der beteiligten Frauen und Männer? © Grafik und Konstruktion Roger Mayrock Kempten 2025

Der Bauernkrieg mahnt uns, ideologiekritisch zu sein. Schon vor 500 Jahren erfassten die Bauern, dass die Bibel falsch gepredigt wurde und dass die Pfaffen lügen. Die Bauern strebten nach einer Gütergemeinschaft, war das auch noch in einem religiösen Gewand gekleidet. Auf der Folter gab Müntzer an, dass einem jeden nach seiner Notdurft gegeben werden sollte. Die Bauern vertraten in ihrer Emanzipation eine Linie der Gleichheit, die Empörung habe Müntzer angeregt, damit die Christenheit ganz gleich werde1. Man ging 1525 vom Naturrecht aus, nach dem alle Dinge allen gemeinsam gehören, da Gott alle Dinge für alle gemeinsam geschaffen habe. Die Bauern bezogen sich auf die Bibelstelle, an der Jesus zu einem reichen Jüngling sagt: ‚Gehe hin, verkaufe alles, was du hast und gib es den Armen‘.

  1. Vergleiche: Adolf Waas: Der Bauernkrieg, Die Bauern im Kampf um Gerechtigkeit 1300 bis 1525, Callwey Verlag, München, o. J., Seite 69.

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