
Redaktion – 16. Mai 2025
Weltweit zeigen sich Marxisten-Leninisten empört, besorgt und teils auch überrascht über den Beschluss des 12. Kongresses der PKK, sich aufzulösen und ihre Waffen dem faschistischen türkischen Militär zu übergeben.
Die Reaktionen reichen von Entsetzen bis hin zu Verwunderung – Letztere wohl vor allem bedingt durch eine Fehleinschätzung der politischen Linie der Öcalan-PKK.
Aus der Geschichte der internationalen Arbeiterbewegung wissen wir: Die Niederlegung der Waffen in einer revolutionären Situation kommt einem Selbstmord der kämpfenden Kräfte und letztlich auch einer Kapitulation vor dem unterdrückenden System gleich.
Wladimir I. Lenin schrieb in „Staat und Revolution“, Kapitel V:
„Die Ausbeuter sind natürlich nicht imstande, das Volk niederzuhalten ohne eine sehr komplizierte Maschine zur Erfüllung dieser Aufgabe; das Volk aber vermag die Ausbeuter mit einer sehr einfachen ‚Maschine‘, ja nahezu ohne ‚Maschine‘, ohne einen besonderen Apparat niederzuhalten, durch die einfache Organisation der bewaffneten Massen.“
Zur beschlossenen Selbstauflösung bleiben viele Fragen offen. Dennoch lässt sich dieser Schritt bereits jetzt als ein Rückschritt und eine gefährliche Illusion bewerten.
Der Genosse Paul Gerber hat die ihm bislang vorliegenden Dokumente und Fakten analysiert und in einem Artikel veröffentlicht, der gestern auf perspektive-online erschienen ist. Wir haben seine Analyse zusammengefasst und stellen sie hier in leicht gekürzter Form als erste Diskussionsgrundlage zur Verfügung:
Die PKK beschließt auf ihrem 12. Kongress ihre Selbstauflösung als bewaffnete politische Organisation und läutet damit nach eigenen Angaben eine neue Phase in ihrem Kampf um eine Demokratisierung der Türkei und die Rechte des kurdischen Volkes ein.

>>> Ein Schritt mit weitreichenden Folgen: Die Selbstauflösung der PKK und ihre Konsequenzen
Auf den ersten Blick erinnern die Beschlüsse des jüngsten Kongresses der PKK in vielerlei Hinsicht an ähnliche Prozesse bei der kolumbianischen FARC oder der baskischen ETA – beides ebenfalls linke Guerilla-Bewegungen, die über Jahrzehnte hinweg einen bewaffneten Kampf in ihren jeweiligen Ländern geführt haben.
In beiden Fällen waren die Friedensprozesse Ausdruck einer Situation, in der der Staat die Guerilla zwar nicht vollständig zerschlagen konnte, diese aber auch keine entscheidenden Erfolge mehr erzielen konnte. Ab einem bestimmten Punkt wurde daher der Weg der Verständigung und des Kompromisses mit dem Staat gesucht, da der bewaffnete Kampf mit den bisherigen Mitteln nicht mehr erfolgversprechend schien. Häufig spielten dabei auch Amnestie-Vereinbarungen eine Rolle – in Kolumbien waren sogar Parlamentssitze für Vertreter der FARC fest eingeplant.
Ob sich im Hintergrund bereits ähnliche Verhandlungen zwischen der PKK und dem türkischen Staat anbahnen, ist derzeit reine Spekulation. Türkische regierungsnahe Medien berichteten am Montag zum Teil, bis zu 300 führende PKK-Kader sollten in Drittstaaten wie Norwegen oder Südafrika gebracht werden. Es ist allerdings gut möglich, dass es sich dabei um gezielt gestreute Gerüchte handelt, um die Kongressbeschlüsse als Triumph des türkischen Staates zu inszenieren.
.
Was steckt hinter der Selbstauflösung der PKK?
Auch über die Motive der PKK für diesen Schritt herrscht derzeit große Unklarheit. Ähnliche Ankündigungen hatte es im Lauf der Geschichte der Organisation immer wieder gegeben, doch oft blieben sie folgenlos oder führten lediglich zu taktischen Neuausrichtungen.
Eine aktuell häufig diskutierte Interpretation versteht die Entscheidung als taktischen Rückzug, mit dem Ziel, die Kräfte auf den Erhalt und die Verteidigung der Rojava-Revolution in Syrien zu konzentrieren. Und es wäre anmaßend, von außen – etwa aus den Reihen einer kleinen sozialistischen Zeitung in Deutschland – zu kritisieren, dass die kurdische Bewegung nicht in der Lage ist, einen Mehrfrontenkrieg auf Dauer durchzuhalten.
Trotzdem muss aus sozialistischer Sicht klar benannt werden, dass es sich hier nicht nur um einen bloßen Waffenstillstand oder einen Rückzug von einer einzelnen Front handelt.
.
Gefährliche Illusionen über einen friedlichen Weg gegen den Faschismus
Die PKK selbst spricht nicht von einem erzwungenen Kompromiss mit dem türkischen Staat, sondern von einem bewussten Schritt, um den Kampf für die Gleichberechtigung der Völker Westasiens weiterzuführen.
Zweifellos hat die kurdische Guerilla im Laufe der Jahrzehnte wertvolle Erfahrungen gesammelt, von denen viele revolutionäre Bewegungen in der Region und darüber hinaus profitieren. Doch wenn gerade sie nun aktiv den bewaffneten Kampf aufgibt und sich einem angeblich „demokratischen“ Weg zum Sozialismus zuwendet, stellt das eine strategische Zäsur dar – mit Auswirkungen auf alle Kräfte, die weiterhin militant gegen den türkischen Faschismus kämpfen.
Selbst in Teilen der türkischen und kurdischen Linken, in denen Abdullah Öcalan keine absolute Autorität besitzt, kann ein solcher Schritt zu Orientierungslosigkeit führen und Zweifel an der Legitimität und Perspektive des bewaffneten Widerstands säen.
Darüber hinaus birgt der eingeschlagene Weg die Gefahr eines tiefen Widerspruchs zu anderen revolutionären Organisationen, die sich etwa im Rahmen des Bündnisses HBDH oder in den Reihen der YPG in Rojava seit Jahren gemeinsam mit der kurdischen Bewegung dem Kampf verschrieben haben. Wenn die PKK eine Legalisierung ihrer Strukturen in der Türkei anstrebt, während andere illegalisierte kommunistische Organisationen weiterhin auf revolutionäre Mittel setzen, entsteht unweigerlich ein Interessenskonflikt. Der türkische Staat dürfte eine solche Spaltung der linken Kräfte mit Wohlwollen zur Kenntnis nehmen.
.
Alle Waffen niederlegen – oder nur die der Solidarität?
Innerhalb der kurdischen Bewegung kursiert zum Teil die Hoffnung, dass die einseitige Abrüstung der PKK den türkischen Staat unter Druck setzen könnte, seine aggressive Politik gegen kurdische Strukturen aufzugeben.
In einem am 12. Mai erschienenen Artikel heißt es etwa:
„Es ist zu erwarten, dass der türkische Staat mit noch härteren Mitteln gegen die Zivilgesellschaft vorgeht. Doch dieses Vorgehen wird immer mehr unter dem Licht einer internationalen Öffentlichkeit stehen, die die Unterdrückung von zivilen Bewegungen zunehmend kritisch hinterfragt.“
Angesichts der weltweiten Reaktionen – oder besser: ausbleibenden Reaktionen – auf die ständigen Massaker Israels an Palästinensern oder das brutale Vorgehen gegen Protestbewegungen in Dutzenden Ländern erscheint diese Hoffnung jedoch mehr als naiv.
Der Anspruch ist berechtigt – und selbstverständlich bleibt die kurdische Freiheitsbewegung trotz veränderter Mittel ein demokratisches und unterstützenswertes Projekt. Doch die Vorstellung, die internationale Arbeiterbewegung sei in der Lage, den türkischen Faschismus zu einem maßvolleren Umgang mit Oppositionellen zu zwingen, wirkt angesichts des derzeitigen Kräfteverhältnisses eher illusionär.
.
Ein Fragezeichen hinter den nächsten Schritten des türkischen Staates
Richtig ist hingegen die Einschätzung, dass der türkische Staat seine Repression noch verschärfen wird. Tatsächlich beobachten wir diesen Prozess seit Jahren – zuletzt wurde mit wachsendem Nachdruck auch die größte Oppositionspartei CHP ins Visier genommen.
All dies zeigt deutlich: Der türkische Staat bleibt, trotz aller Rhetorik, seinem faschistischen und chauvinistischen Charakter treu. Selbst wenn man Öcalans reformistische Illusionen einmal außer Acht lässt, ist es kaum vorstellbar, dass sich Faschismus und kurdische Freiheitsbewegung auf eine gemeinsame politische Zukunft verständigen könnten. Bislang jedenfalls gibt es keinerlei Anzeichen für substanzielle Zugeständnisse der türkischen Regierung.
Allein die Idee einer tatsächlichen Gleichstellung von türkischer und kurdischer Sprache oder von vollen politischen Rechten für die kurdische Bevölkerung würde das Fundament des Nationalstaats in Frage stellen – ein Staat, dessen Regime sich auf eine zutiefst nationalistische Massenbasis stützt. Vor diesem Hintergrund erscheint es wenig wahrscheinlich, dass aus dem einseitigen Rückzug der PKK ein dauerhafter Kompromiss hervorgehen könnte.
Selbst wenn es im Moment ein taktisches Interesse beider Seiten gibt, die Kämpfe innerhalb der Türkei zu beenden, um sich anderen Regionen – etwa Syrien – zuzuwenden: Die Ursachen für den kurdischen Widerstand sind damit nicht beseitigt.
Nordkurdistan bleibt ein verarmter und vernachlässigter Teil der Türkei. Die kurdische Sprache ist nach wie vor nicht anerkannt. Das gesamte Gebiet ist mit Militärposten durchzogen, die das Ziel haben, die Bevölkerung zu kontrollieren und einzuschüchtern.
.
Ein Rückschlag – und eine neue Herausforderung
Sollte sich die kurdische Freiheitsbewegung tatsächlich langfristig aus dem revolutionären Kampf in der Türkei zurückziehen, wird kurzfristig wohl keine andere Kraft ihre Rolle ersetzen können. Es wäre ein spürbarer Rückschlag – für die revolutionäre Bewegung in der Türkei und darüber hinaus.
Doch gleichzeitig entsteht dadurch auch ein politischer Raum. Ein Raum, in dem neue revolutionäre Ansätze entstehen können, um die ungelöste nationale Frage der Kurden auf der Grundlage des Sozialismus zu beantworten. Denn wie überall auf der Welt rufen auch die Verhältnisse in der Türkei nach einer sozialistischen Perspektive. <<<
.
Lest die Klassiker und studiert den Marxismus-Leninismus!
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
|
bestellen | LESEPROBE | …. | bestellen | LESEPROBE |
.
Kontakt: Info@RoterMorgen.eu
.
Sind auf beiden Seiten nicht genug gestorben ?
Ich hoffe es gibt Frieden und das gegenseitige morden hört endlich auf !