725 Euro Bürgergeld Regelsatz und Übernahme der Stromkosten

Gastbeitrag von André Maßmann – 19. Dezember 2022

Zu niedrig und „trickreich kleingerechnet“. 725 Euro für einen Single plus die Übernahme der Stromkosten seien nötig, um ein Leben in Würde führen zu können – lautet die Forderung des Paritätischen Wohlfahrtverbandes, der seit Jahren darauf aufmerksam macht, dass die Grundsicherung deutlich höher sein müsste als von der Bundesregierung ermittelt. 725 Euro sind über 44 Prozent mehr als die Ampelkoalition in ihrem Bürgergeld-Gesetz mit 502 Euro festgelegt hat.
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Die Berechnungsmethode ist ungeeignet

Eines der Probleme, das der Paritätische Wohlfahrtsverband bei der Fortschreibung der Hartz IV Regelsätze sieht – und das zum wiederholten Male: Die regierungsamtliche Berechnungsmethode für Hartz IV und Hartz V ist nicht geeignet, „das verfassungsrechtlich gebotene soziokulturelle Existenzminimum abzusichern“.
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Hartz IV wird trickreich kleingerechnet

Oder, noch etwas deutlicher und weniger formell: „Die Leistungen bleiben trickreich kleingerechnet, reichen vorne und hinten nicht und gehen an der Lebensrealität der Menschen vorbei“, fasst der Hauptgeschäftsführer des Verbandes, Dr. Ulrich Schneider, die Ergebnisse der Paritätischen Forschungsstelle zusammen. In einer achtseitigen Kurzexpertise wird die Forderung nach höheren Regelsätzen wissenschaftlich untermauert.

Erst kürzlich hatte Ulrich Schneider seine Forderung nach einem Regelsatz von 725 Euro sowie einer Anhebung des Mindestlohns nahe 14 Euro je Stunde via Twitter wiederholt.

Es sind deutlich höhere Regelsätze nötig

Das Ergebnis der „Fortschreibung der Paritätischen Regelbedarfsforderung“ kommt einem Schlag ins Gesicht der Regierung gleich: Der Hartz V oder Bürgergeld Regelsatz müsste 725 Euro für einen Alleinstehenden Hartz IV Bedürftigen betragen (653 Euro [451 Euro laut Regierung] für die Partnerin/den Partner), 580 Euro [402] für andere erwachsene Personen in der Bedarfsgemeinschaft, 511 Euro [420] für Jugendliche im Alter von 14 bis 17 Jahren, 427 Euro [348] für Kinder im Alter von 6 bis 13 Jahren und 358 Euro [318] für Kinder bis fünf Jahren).
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Alternative Berechnung

Grundlage ist eine alternative Berechnung der Regelbedarfe, die sich strikt an das Statistikmodell hält. Dabei wurde auch die neue Berechnung für das Bürgergeld in zwei Schritten berücksichtigt: Zunächst werden als Basisfortschreibung wie gehabt die Lohnentwicklung (zu 30 Prozent) und die Preisentwicklung (70 Prozent) kalkuliert. Danach wird der regelbedarfsrelevante Preisindex im zweiten Quartal des aktuellen Jahres dem des Vorjahres gegenübergestellt.
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Gravierende Differenzen

Bezogen auf die einzelnen Regelbedarfe ergeben sich dabei deutliche Unterschiede zwischen den Berechnungen der Regierung und denen der Paritätischen Forschungsstelle. Bei Lebensmitteln und alkoholfreien Getränken kommt der Verband auf einen Wert von 181,60 Euro, wohingegen die Ampel 174,25 Euro veranschlagt. Beim Punkt Verkehr steht es 102,66 Euro zu 45,04 Euro. Auch bei der Freizeit zeigt sich eine klare Differenz: 100,09 Euro zu 49,00 Euro. Unter dem Strich steht dann ein Wert von 725 Euro für den Hartz IV bedürftigen Single.
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Bürgergeld-Umfrage

Der Wohlfahrtsverband nennt jedoch nicht nur nackte Zahlen. Er belegt außerdem, dass es in der Bevölkerung einen breiten Rückhalt für eine höhere Grundsicherung gibt. Das beweist eine Umfrage, die in der Zeit von Ende Oktober bis Anfang November 2022 durchgeführt wurde. Thema:  Welcher Betrag ist nötig, um den Lebensunterhalt zu bestreiten, und wie steht diese Einschätzung zu den 502 Euro Bürgergeld.
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Mehrheit hält Grundsicherung für zu niedrig

46 Prozent sagten, dass eine alleinstehende erwachsene Person mehr als 502 Euro im Monat benötige. 41 Prozent gehen davon aus, dass bis zu 502 Euro ausreichen. „Im Durchschnitt geben die Befragten einen Wert von 668 Euro an, der mindestens benötigt würde“, heißt es in der Zusammenfassung der Umfrage.

Bürgergeld abgelehnt –
Bundesrat stoppt die Hartz IV Reform

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Mehr Geld für Lebensmittel!

Deutlich wird das Problem, dass die Sätze bei Hartz IV und Hartz V nicht ausreichen, insbesondere mit Blick auf die Kosten für eine gesunde und ausgewogene Ernährung. Dazu bedürfe es mehr als die 174 Euro, die von der Ampel berechnet wurden, betonten 84 Prozent. Lediglich sechs Prozent halten den Regelbedarf für Lebensmittel beim Bürgergeld für ausreichend. Die Umfragedaten unterstreichen: Anders als viele Parteien uns glauben machen wollen, hält die Mehrheit der Verbraucher die Hartz V Sätze für zu gering.

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Erstveröffentlichung am 17. Dezember 2022 auf »hartzIV.org«. Unser Dank gilt André Maßmann für die gute Recherche und Einschätzung. Bilder und Bilduntertexte wurden ganz oder zum Teil von der Redaktion »RoterMorgen« hinzugefügt.

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2 Kommentare

  1. Bereits am 17.12.2014:

    Ein auskömmlicher Arbeitslohn und Mindestlohn
    von 16,76-Euro-Std. – wäre bereits überfällig!

    DGB betreibt Weihnachts-Verarsche:
    “Mindestlohn von 8,50 Euro kommt“

    „Deutschland bekommt endlich den gesetzlichen Mindestlohn, für den die Gewerkschaften
    ein Jahrzehnt gekämpft [?] haben. Der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro [brutto]
    schützt Beschäftigte vor Hungerlöhnen …“ [1]

    Mini-Mindestlohn befördert soziale Armut und Altersarmut

    Wer in seinem Arbeitsleben nur Geringverdiener war und 1500 Euro monatlich verdient hat,
    muss bereits heute 43 Jahre in Vollzeit arbeiten, um die gesetzliche Grundsicherung, analog
    Hartz IV bzw. Sozialhilfe, zu erhalten. Im Hinblick auf die Altersversorgung haben sich damit
    mehr als vier Jahrzehnte physische und psychische Arbeit nicht gelohnt, denn den offenen
    Hartz-IV-Vollzug gibt es ohnehin. [2]

    Der Arbeitslosenverband Deutschland (ALV) forderte bereits im März 2005 einen
    «Mindestlohn in Höhe von ca. 1.700 Euro pro Monat (Brutto: Vollzeit) bzw. 10 Euro pro
    Stunde (Brutto). Der Mindestlohn soll einer anwachsenden, unabgesicherten Tagelöhnerei,
    Gelegenheitsarbeit und Minijobs unter dem existenzsichernden Minimum entgegen wirken.
    Den Lohndumping und der zerstörerischen Konkurrenz um niedrige Löhne soll ein Riegel
    vorgeschoben werden.“ (Mindestlohn-Forderung März 2005) [3] Vgl. ALV-Diskussionspapier.

    Durchschnittsverdienst und Mindestlohn für Durchschnittsrente

    Zur «Höhe der Rente» heißt es bei der gesetzlichen Deutschen Rentenversicherung:
    «Für ein Jahr Beitragszahlung nach dem Durchschnittsverdienst (vorläufiger Wert für
    2014: 34.857 Euro) erhalten Sie einen Entgeltpunkt. Ein Entgeltpunkt bringt zurzeit eine
    Monatsrente von 28,61 Euro in den alten und 26,39 Euro in den neuen Bundesländern
    (Werte ab 1. Juli 2014).» [4] *

    * Anmerkung: Auch hier müssen wir noch die möglichen Abzüge von der Brutto-Rente
    berücksichtigen: Steuern ans Finanzamt, Kranken- und Pflegeversicherung, Abschläge bei
    vorzeitigen Rentenantritt.

    Der “Durchschnittsverdienst“ für die Berechnung der gesetzlichen Deutschen
    Rentenversicherung im Jahr 2014 liegt bei 34.857 Euro. Demnach müsste der aktuelle
    durchschnittliche Bruttoarbeitslohn bei monatlich 2.905 Euro liegen.
    Bei einem „durchschnittlichen“ Brutto-Monatslohn von 2905 Euro und einer 40-Stunden-
    Woche, liegt der Stundenlohn bei 16,76 Euro. Demnach bedarf es bereits schon heute, im
    Jahr 2014, für eine „durchschnittliche“ Altersrente, aus der gesetzlichen Rentenversicherung
    (GRV), einen Bruttomonatslohn von 2905 Euro, – auf der Basis eines Mindestlohns von 16,76
    Euro. — Anmerkung: Dabei müssen wir zugleich die laufenden „durchschnittlichen“
    Berechnungsgrundlagen für die gesetzliche Rentenversicherung berücksichtigen. Nur hieraus
    ergibt sich der Anspruch auf eine Durchschnittsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung.
    Merke: Bereits heute – 2014 — ein Mindestlohn von 16,76 Euro-Std. brutto –
    auch für eine zukünftige „durchschnittliche“ Altersrente.

    Quelle: [1] DGB-Adventskalender: 24 Fakten-Checks zum Start des gesetzlichen Mindestlohns.
    http://www.dgb.de/extra/mindestlohn-dran-bleiben

    [2] 06/2011: DGB-Mini-Mindestlohn von 8,50 befördert Altersarmut, Hartz-IV und Sozialhilfe!
    http://www.trend.infopartisan.net/trd0611/t340611.html

    [3] 05/2013: Die Mindestlohn-Forderung von 10 Euro-Std. – bereits im Jahr 2005. Im Jahr 2013
    fordern SPD, Grüne und DGB nur 8,50 Euro-Std. Mindestlohn von der BDA-Wirtschafts- und
    Gesellschaftsführung.
    http://www.trend.infopartisan.net/trd0513/t330513.html

    [4] 2014: Deutsche Rentenversicherung: Die richtige Altersrente für Sie.
    http://www.deutsche-rentenversicherung.de

    * Siehe unter: Berechnen Stundenlohn, Berechnung Rechner
    – – – – –
    17.12.2014, Reinhold Schramm
    (Seit 46 Jahren Gewerkschafter)

    Siehe auch auf Labournet: extension://elhekieabhbkpmcefcoobjddigjcaadp/https://www.labournet.de/wp-content/uploads/2014/12/mldgb_schramm.pdf

    [RS: Bereitstellung am 21.12.2022]

  2. Die Rentner-Initiative Berlin fordert schon seit Jahren eine Mindestsicherung von 1400 € pro Mensch und Monat, einen Mindestlohn von 14 €/h, unkündbare Wohnungen oder Besitz der selbstgenutzten Wohnung sowie freie Heilfür- und vorsorge für jeden.

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